In einem 4seitigen A4-Flyer unter falscher Flagge (ja darf man denn das?), die wir noch etwas verändert haben, wirbt ein Wirtschaftskomitee für das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung.
Das perfide an diesem Flyer ist die Umbenennung der Abstimmung in AHV-Steuervorlage.
Der korrekte Titel ist halt für die steuerprofitierenden Wirtschaftsleute nicht so attraktiv, weil die Steuerreform (USR III) schon einmal abgelehnt wurde. Und dass sich diese Kreise nur eine Chance ausrechnen, wenn die AHV profitieren kann (was dann wieder eine dringende Reform der AHV weiter auf den St. Nimmerleinstag verschiebt).
Die Umbenennung der Vorlage in AHV-Steuervorlage soll davon ablenken, dass die Steuern für ausländische Steuerprofiteure nur ein bisschen angehoben werden, dafür die inländischen Firmen auch zu Steuerprofiteuren werden. Das wäre also der kluge schweizerische Kompromiss, der in diesem Flyer gelobt wird.
Davon, dass z.B. auch die Arbeitnehmer mehr AHV bezahlen müssen, davon spricht natürlich niemand.
Bei Verfassungsnovellen gilt:
»Der Grundsatz der Einheit der Materie verlangt, dass zwei oder mehrere Sachfragen und Materien nicht miteinander zu einer einzigen Abstimmungsvorlage verbunden werden, die die Stimmberechtigten in eine Zwangslage versetzen und ihnen keine freie Wahl zwischen den einzelnen Teilen belassen. Wird der Grundsatz missachtet, können die Stimmbürger ihre Auffassung nicht ihrem Willen gemäss zum Ausdruck bringen: Entweder müssen sie der Gesamtvorlage zustimmen, obschon sie einen oder gewisse Teile missbilligen, oder sie müssen die Vorlage ablehnen, obwohl sie den andern oder andere Teile befürworten. Schutzobjekt des Grundsatzes sind also die Stimmberechtigten, die ihren Willen frei bilden und ihre Stimmabgabe unverfälscht zum Ausdruck bringen können sollen.«
Da wir aber leider nur über ein Bundesgesetz abstimmen, gilt dieser Schutz der Stimmbürger und Stimmbürgerinnen leider nicht. Das heisst: Bei Gesetzen darf man Stimmbürger und Stimmbürgerinnen übers Ohr hauen, über den Tisch ziehen. In die Zwangslage versetzen, entweder zu beidem JA oder zu beidem NEIN zu sagen.
Warum dies das »Baselbiet nach vorne bringen« soll, ist mir ein Rätsel. Wenn Gemeinden und Kanton Steuersubstrat verlieren, heisst das ja nur, dass die Streichkonzerte weitergehen. Ob SVP, FDP, BDP, CVP, etc. dann weiterhin die bürgerliche Mehrheit in den Himmel loben? Oder ist dies dann der Anfang eines libertären »Staates« respektive »Nichmehrstaates«?
Weil ich Bschiss nicht mag und Zwangslagen sowieso nicht, muss ich zu diesem Paket halt NEIN sagen.
Max Feurer
Apr. 29, 2019
Lieber Franz
Danke für deinen pointierten Standpunkt. Bringt micht tatsächlich wieder zum Grübeln, wie ich am 19. Mai abstimmen soll 🙂
Und wenn ich schon am Schreiben bin: Herzlichen Dank für deine/euren immer wieder lesenswerten Beiträge und euer stetiges Engagement für eine lebendige politische Auseinandersetzung in Birsfelden.
rugeli
Apr. 29, 2019
Toll, das Titelbild zur Einheit der Materie! Danke!