Am 29. November wird im Kanton Basel-Stadt über das Hafenbecken 3 abgestimmt. Damit dieses Becken und die dazugehörigen Lade- und Entladeflächen gebaut werden können (Gateway Basel Nord), braucht es aus Naturschutzgründen sogenannte Ersatzflächen. Hier können Sie sich über das Hafenbecken 3 etc. orientieren. Achtung, das ist ein Werbefilm der Befürworter.
Die Suche nach Ersatzflächen war nicht einfach, gibt es dazu doch einige Regeln, die im »Leitfaden Umwelt« des Bundesamts für Umwelt, Wald und Landschaft mit dem Titel »Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz« (125 Seiten) beschrieben sind. Daraus hier ein kurzer Abschnitt:
»Der zu untersuchende und zu beurteilende Perimeter eines Vorhabens, der Untersuchungsraum, muss einerseits alle Flächen umfassen, welche durch das Vorhaben und seinen Betrieb direkt betroffen sind. Dies sind der Projektstandort selbst sowie der Eingriffsraum und allfällige Ersatzflächen. Zum Untersuchungsraum gehören andererseits auch alle Flächen, die vom Vorhaben, seinem Bau oder insbesondere durch seinen Betrieb indirekt beeinflusst werden könnten.
Um ökologisch sinnvolle Ersatzmassnahmen zu ermöglichen, kann es nötig sein, diese ausserhalb des vom Vorhaben direkt oder indirekt beeinflussten Perimeters anzulegen. Dieser Kompensationsraum muss aber in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Einwirkungsraum stehen, auf jeden Fall aber innerhalb des betroffenen Naturraumes liegen; z.B. innerhalb der Reussebene, im Tafeljura, auf dem Lindenberg. Die Ersatzmassnahmen bilden einen integralen Bestandteil des Projekts. Deshalb müssen die von diesen Massnahmen in Anspruch genommenen Flächen auch dann in den Untersuchungsperimeter einbezogen werden, wenn sie sich ausserhalb des eigentlichen Einwirkungsraumes befinden. Auch die Ersatzmassnahmen können ihrerseits Auswirkungen auf den Naturhaushalt oder auf einen anderen Umweltbereich haben. Aus diesem Grund soll der Untersuchungsperimeter von Beginn an genügend gross gewählt werden. Dies erlaubt, den Blick für mögliche, ökologisch möglichst wirksame und sinnvolle Ersatzmassnahmen über den eigentlichen Projektperimeter hinaus offen zu halten:
Bei Eingriffen, die keine Beurteilung des Ausgangszustandes zulassen, muss auf einen Referenzraum zurückgegriffen werden. In naturräumlicher Hinsicht muss der Referenzraum mit dem Untersuchungsraum vergleichbar sein und über eine möglichst gleichartige Ausstattung verfügen. Der Referenzraum welcher vom konkreten Vorhaben unbeeinflusst ist, erlaubt es, die Wirksamkeit und die quantitative Bemessung der Ersatzleistung anhand vergleichbarer Situationen und Lebensräume an Ort zu bemessen und zu beurteilen. Beispielsweise ist bei der Konzessionserneuerung von Laufkraftwerken eine frei fliessende Gewässerstrecke in die Beurteilung der Projektauswirkungen einzubeziehen.«
In einer Medienmitteilung von »Gateway Basel Nord« wurde nun am 9. Oktober 2020 die Lösung für das Ersatzflächenproblem verkündet. Den Text gibt es hier.
Auf dem Bild sind gelb die »gefundenen Ersatzflächen« markiert und grün die Wanderkorridore.
Die zu ersetzende Fläche wäre eigentlich die Schotterfläche des Badischen Bahnhofs. Da scheint mir die grosse Wiese bei den Langen Erlen kaum dem Originalstandort zu entsprechen. Also wohl bald Einspruch der Naturschützer. Der Rest sind im Süden der Karte Geleise.
Da war am Originalstandort Gateway Basel Nord (blau) Schotter, Ruderalfläche, Trockenwiese. Und nun verfolgen wir (grün) die Wanderkorridore: Vor allem der Rhein, die Wiese und die Birs (Wanderkorridore für die Fische aus dem Hafenbecken 3?). Und die Eidechsen wandern dann aus nach Birsfelden über die Eisenbahnbrücke?
Dank neuem »Leitbild Natur« der Gemeinde Birsfelden sind wir ja bestens vorbereitet:
»Ziel 2
Die mageren, trockenen Böschungen im Gebiet der Schleuse werden als Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen wiederhergerichtet und fachgerecht unterhalten.
Ziel 3
Die wertvollen Restflächen mit Ruderal- bzw. Trockenvegetation und seltenen Tier- und Pflanzenarten im Hafengebiet der SRH (Schweizerische Rheinhäfen) und in der Industrie (Hafenzone) bleiben analog der Aussagen des kantonalen Nutzungsplanes (Mutation 2019) in ihrer Summe erhalten, werden optimal unterhalten und miteinander vernetzt. Wo möglich, werden diese Flächen auf ca. 10% der Gesamtfläche vergrössert.
Ziel 4
Die Birs mit ihrem Ufer und der Böschung bleibt als hochwertiger Natur- und Grünraum samt ihrer Lebensraumvielfalt für Tiere und Pflanzen erhalten bzw. wird aufgewertet.
Ziel 5
Das Gebiet Birschöpfli bis Schleusenweg/Grenze Hafenzone und die Rheininsel bleiben grundsätzlich als hochwertige Natur- und Grünräume samt ihrer Lebensraumvielfalt für Tiere und Pflanzen erhalten bzw. werden aufgewertet.
Ziel 7
Die Lebensräume der Basler Varietät der Bienen-Ragwurz im Hafen sind gesichert und werden optimal unterhalten.«
Und so ist Birsfelden bestens für Gateway Basel Nord vorbereitet. Wieder einmal. Der Rheinhafen Basel wird von Problemgütern entrümpelt und bekommt eine neues Hafenbecken, Birsfelden und Muttenz liefern dazu die Natur (Ersatzflächen und Wanderkorridore).
Gibt es tatsächlich auch einen Gewinn für Birsfelden?
Zitat kursiv: Kägi, B.; Stalder, A.; Thommen, M. (2002): Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz. Hrsg. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Leitfaden Umwelt Nr. 11, Bern
Bild Ersatzflächen: Gateway Basel Nord
Christoph Meury
Okt 13, 2020
Kürzlich hat Christian Mensch unter dem Titel «Wenn die Hafenpromotoren zu Naturschützern mutieren« die Ersatzgebiete präsentiert, welche die Gateway-Initianten aus dem Hut gezaubert haben.
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Man könnte bei der Präsentation der flugs hervorgezauberten Biotop-Ersatzflächen schon zur Ansicht gelangen, dass dies alles, wie von unsichtbarer Hand gesteuert, passend gemacht wurde: Die Wanderkorridore der schützenswerten Fauna & Flora tangieren zufälligerweise Birsfelden, entweder im Hafen oder im Hardwald und sind praktisch deckungsgleich mit den bereits vom Birsfelder Gemeinderat festgelegten Schutzgebieten. Zudem kommt es den Initianten des Hafenbeckens 3 schwer entgegen, dass die Biotop-Ersatzareale bereits im Birsfelder «Leitbild Natur« (Mai 2020) als schützenswerte Gebiete deklariert wurden. Ein Schuft wer dabei Böses denkt.
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Sei’s rum: Damit ist der getürkte Nachweis für die Aufhebung des Naturschutzgebietes rund um’s Hafenbecken 3 so gut wie gesichert. Rückblickend könnte man vielleicht sagen, dass die BirsfelderInnen mit ihrer vorauseilenden Naturschutzinitiative die Steigbügelhalter der Hafenbeckeninitianten sind. Diese guten Dienste werden wiederholt mit einem stillen “Vergelt’s Gott“ abgegolten.
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“10,7 Hektar Land entlang der Hafenbahn zwischen dem Birsfelder Hafen und dem Auhafen sollen als Wanderkorridor attraktiv gemacht werden”. Damit wird das Areal zweimal als Naturschutzgebiet ausgewiesen: Einmal im «Leitbild Natur«, der Gemeinde Birsfelden und einmal als Ersatzfläche der Betreiber des Gateways. Also quasi: Doppelt genäht hält besser… Es fragt sich allerdings, ob ein und dieselbe Fläche als Ersatzfläche für zwei Projekte gelten kann. Ich denke nicht, dass dies im Sinne des Erfinders und der Forderung nach Ersatzflächen war. Als Ersatzfläche kann nur eine Fläche gelten, welche neu als Naturschutzgebiet ausgeschieden wird. Ein bestehendes Naturschutzgebiet kann damit nicht gemeint sein. Das stinkt schwer nach einem Buebetrickli und einer Übertölpelung des Basler Stimmvolkes.
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Dumm an der Geschichte ist die Pointe, zumindest für die BirsfelderInnen, aber das kann uns für einmal recht sein: Mit dem Bau des Hafenbecken 3 in Basel kannibalisieren sich die Hafenareale gegenseitig. Die Hafenareale im Baselland werden mit der attraktiven Umlagerungsoption der Güter im Klybeck-Hafen abrupt marginalisiert. Ab Hafenbecken 3 werden die Güter direkt auf die Bahn, oder auf die LKW’s verladen. Der mühselige Containertransport nach Birsfelden wird sich über kurz oder lang erübrigen (das «Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« ist damit ab sofort Makulatur, weil die neue Strategie darin nicht vorgesehen ist). Der bisherige Hafenspeech der Nachhaltigkeit des Wassertransportes, wird ab Basel ökonomischen Effizienzüberlegungen geopfert. Den BaselbieterInnen bleibt als Trostpreis nur noch die Gefahrengüter-Option. Die gefährlichen und stinkenden Güter wollen die BaslerInnen nicht in ihrer unmittelbaren Wohnnähe haben. Das kann man irgendwie verstehen…
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Interessant ist auch die Feststellung, dass die SBB urplötzlich zur Naturschützerin mutieren: “Eine Fläche von 20 Hektar haben die SBB auf ihrem Rangierbahnhof Muttenz ausgeschieden, die künftig nicht mehr krautfreien Schotter aufweisen, sollen, sondern auf der eine spezielle Flora gedeihen soll. Das Entgegenkommen der SBB ist aber, wie Christian Mensch vermerkt, nicht uneigennützig, da sie ohnehin angehalten sind, ihre Terrains aufzuwerten und zudem über ihre Tochter SBB Cargo am Gateway beteiligt sind“. Auch die SBB zeigt, dass sie flexibel ist und ihre Politik, je nach Lage und Adressat, geschmeidig & geräuschlos anpassen kann.
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Zu guter Letzt: “In der Hard Pratteln sollen 6,5 Hektar Wald aufgelichtet werden, was die Artenvielfalt fördern werde. Die Bürgergemeinde Basel stellt dafür den Wald zur Verfügung”. Auch die Basler Bürgergemeinde wandelt sich von der knallharten Forstbewirtschafterin (dafür haben die BaselbieterInnen kürzlich noch ein paar Millionen, zwecks Abfederung der Klimaschäden, gesprochen) zur sanften Biodiversitätsförderin. Man wundert sich! Wer jetzt an eine Amigo-Vereinigung und einen Hinterzimmer-Deal denkt, liegt völlig falsch! Aber hallo! Amigos gibt es nur im Baselbieter Parlament und nur bei den aufsässigen Grünen. In Basel hilft man sich aus reiner christlicher Nächstenliebe und zum Wohle der Allgemeinheit…
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bz-Artikel: https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/ersatzflaechen-fuer-bau-des-basler-hafenterminals-gefunden-139437718?utm_source=shared-email&utm_medium=shared&utm_campaign=Social%20Media