Paul Levy ist ein amerikanis­ch­er Psy­chother­a­peut, der nach ein­er zutief­st belas­ten­den und ver­stören­den Jugendzeit anf­ing, Fra­gen nach der Herkun­ft des “Bösen” und dessen Auswirkung auf die men­schliche Gesellschaft zu stellen. Nach jahre­langem Forschen nach Antworten und unter­stützt durch seine Auseinan­der­set­zung mit dem Werk von C.G. Jung und dem Bud­dhis­mus legte er seine Erken­nt­nisse in ein­er Rei­he von Büch­ern nieder:
The Mad­ness of Georg W. Bush. A reflec­tion of our col­lec­tive psy­chosis”, “Awak­ened by Dark­ness: When Evil becomes your father”, “Wetiko. Heal­ing the Mind Virus that Plagues our World”, “Undream­ing Wetiko. Break­ing the Spell of the Night­mare Virus” und kür­zlich erschienen “Dis­pelling Wetiko. Break­ing the Curse of Evil” (inzwis­chen auch auf Deutsch erhältlich)

Im Klap­pen­text zu seinem let­zten Buch ist der Bezug zu Jack D. Forbes klar fest­ge­hal­ten:
Das Wort Wetiko stammt aus der Sprache der Algonkin und wurde von dem indi­ge­nen amerikanis­chen Pro­fes­sor Jack D. Forbes geprägt. Es beschreibt eine innere Hal­tung von »alles meins« : immer nur nehmen ohne zurück­zugeben. Forbes beschreibt Wetiko als ansteck­ende Krankheit, und dies greift Paul Levy in seinem tief­gründi­gen Werk auf: Wir alle müssen uns diesem Virus stellen, das unsere dunkel­ste Dunkel­heit (das Böse) verkör­pert und zugle­ich in sich das Heilmit­tel birgt, das uns vor dem Absturz ret­ten kann.

In “Mad­ness of Georg W. Bush” macht er eben­falls deut­lich, dass sein Werk Forbes Ein­sicht­en Entschei­den­des schuldet:
Der ein­heimis­che Autor Jack Forbes, Ver­fass­er von “Kolum­bus und andere Kan­ni­balen”, beschreibt die Men­schen, die an dieser Krankheit lei­den, als mit ein­er buch­stäblichen Krankheit infiziert, ein­er vir­u­len­ten und ansteck­enden Krankheit, die er Wetiko oder “Kan­ni­balenkrankheit” nen­nt. Die Betrof­fe­nen kon­sum­ieren sozusagen das Leben ander­er — men­schlich­er und nicht-men­schlich­er Art — für pri­vate Zwecke oder für den Prof­it, ohne etwas von ihrem eige­nen Leben zurück­zugeben. Sie beuten andere, seien es Men­schen oder die Umwelt, ein­fach als Objek­te aus, um ihren eige­nen unendlichen narzis­stis­chen Hunger zu stillen. Wie ein Vam­pir ernähren sie sich von dem Blut ander­er Men­schen. William James hat es gut beschrieben: “Das Böse ist eine Krankheit”. (William James ist wohl der berühmteste amerikanis­che Philosoph und Psy­chologe. Sein 1902 erschienenes Hauptwerk “Vari­eties of Reli­gious Expe­ri­ence. A Study in Human Nature ist auch heute noch eine höchst gewinnbrin­gende Lek­türe)

Kings­ley L. Den­nis ist ein englis­ch­er Sozi­ologe und Wel­tenbumm­ler, der sich ein Leben lang mit den drei entschei­den­den Fra­gen der Men­schheit auseinan­der­set­zte: “Wer sind wir? Woher kom­men wir? Wohin gehen wir?” Auch Kings­ley stiess eines Tages auf das Buch von Jack Forbes und ver­ar­beit­ete dessen Ein­sicht­en u.a. in seinem Buch “Heal­ing the Wound­ed Mind: The Psy­chosis of the Mod­ern World”. Darin hält er im Kapi­tel “An Inva­sion of the Col­lec­tive Mind” mit direk­tem Bezug auf Forbes fest:

Jack Forbes, ein indi­an­is­ch­er Gelehrter und Aktivist, hat lange über die Frage nachgedacht, was in den men­schlichen Ver­stand einge­drun­gen ist — und hat eine Antwort darauf gefun­den. Nach lan­gen Stu­di­en kam er zu dem Schluss, dass die Men­schheit an ein­er bes­timmten Krankheit lei­det, ein­er Psy­chose:
Seit mehreren tausend Jahren lei­det der Men­sch an ein­er Seuche, ein­er Krankheit, die schlim­mer ist als Lep­ra, ein­er Krankheit, die schlim­mer ist als Malar­ia, ein­er Krankheit, die viel schreck­lich­er ist als die Pock­en… Ich nenne es Kan­ni­bal­is­mus… Aber wie auch immer wir es nen­nen, diese Krankheit, diese Wetiko (Kannibalen)-Psychose, ist die größte epi­demis­che Krankheit, die der Men­schheit bekan­nt ist.

Kan­ni­bal­is­mus, Wetiko — was meint er damit? Forbes definiert Kan­ni­bal­is­mus als den Akt des Verzehrs des Lebens eines anderen Men­schen für den eige­nen pri­vat­en Zweck oder Prof­it. Das ist natür­lich etwas anderes als das physis­che Ver­speisen ein­er Per­son, aber es ist immer noch ein Akt des Verzehrs oder des Ver­schlin­gens. Und Wetiko? Es stellt sich her­aus, dass wetiko ein Begriff der Cree ist (windi­go in Ojib­way, win­tiko in Powhatan), der sich auf eine böse Per­son oder einen bösen Geist bezieht, der andere Krea­turen durch schreck­liche Tat­en ter­ror­isiert. Nach Forbes’ Ansicht beste­ht die große Tragödie der Men­schheit darin, dass unsere Geschichte in den let­zten zweitausend Jahren größ­ten­teils eine Geschichte der Psy­chose der “Wetiko-Krankheit”, wie er sie nen­nt, war. Er geht so weit zurück, dass er die Ägypter, Baby­lonier und Assyr­er zu den Kul­turen zählt, die zur Ver­bre­itung der Wetiko-Krankheit im gesamten Nahen Osten beige­tra­gen haben.

Danach waren es die Maze­donier und Griechen unter Alexan­der, die sie weit­er ver­bre­it­eten, bis sie schließlich im Schoß des Römis­chen Reich­es lan­dete, das laut Forbes die Wetiko-Infek­tion wirk­lich ausweit­ete. Was er damit sagen will, ist, dass diese Psy­chose eine beson­dere Denkweise ist, die sich her­aus­bildete, als bes­timmte hier­ar­chis­che Kul­turen und Zivil­i­sa­tio­nen zu wach­sen began­nen. Und um die Kon­trolle und die Macht zu erhal­ten und die blutige Expan­sion voranzutreiben, wurde diese Denkweise bewusst kul­tiviert, gefördert und dann als vorherrschende Per­spek­tive und Erzäh­lung entwick­elt. In der Tat war es eine entschei­dende Per­spek­tive, die propagiert wer­den musste, um alle Sta­tus-quo-Macht­struk­turen inner­halb ein­er sich entwick­el­nden Kul­tur zu erhal­ten. Sich nicht an diese spez­i­fis­che Denkweise zu hal­ten, bedeutete mit ziem­lich­er Sicher­heit die Ver­nich­tung und Aus­rot­tung angesichts ander­er konkur­ri­eren­der Kul­turen (wie es bei den von Forbes geerbten Kul­turen der amerikanis­chen Ure­in­wohn­er der Fall war).

Zumin­d­est in den let­zten zweitausend Jahren war die Welt also Zeuge des Wach­s­tums und der Aus­bre­itung ein­er bes­timmten Art von Denkweise. Und diese hat sich von Kul­tur zu Kul­tur vererbt, fast so, wie wir die DNA in unseren Genen weit­ergeben. Die Wetiko-Krankheit ist in erster Lin­ie ein ansteck­endes Mem, das sich in die DNA der men­schlichen Zivil­i­sa­tion einge­bet­tet hat. Forbes erkan­nte dies, denn er war der Ansicht, dass die Entwick­lung der Wetiko-Krankheit genau mit dem Aufkom­men dessen übere­in­stimmte, was als “Zivil­i­sa­tion” beze­ich­net wurde. Forbes wusste, dass dies kein bloßer Zufall war, da die Geschichte der Men­schheit vom Auf­stieg und Fall “großer” Reiche und autoritär­er Gesellschaften han­delt, die unsere Geschichts­büch­er füllen (…).

Forbes ist der Ansicht, dass das Vorhan­den­sein von Wetiko-Ver­hal­ten umso offen­sichtlich­er und spür­bar­er ist, je stärk­er das Gefühl ein­er kohärenten, mod­er­nen und ratio­nal-materiellen Zivil­i­sa­tion oder Gesellschaft ist. Dies ist laut Forbes ins­beson­dere in der europäis­chen Geschichte der Fall:

Die europäis­che Geschichte ist voll von fast unun­ter­broch­enen Beispie­len men­schlich­er Verderbtheit — Epoche um Epoche impe­ri­al­is­tis­ch­er Kriege, häu­fige Beispiele für die sys­tem­a­tis­che Ermor­dung von Anhängern ver­schieden­er Reli­gio­nen oder Mit­gliedern ver­schieden­er eth­nis­ch­er Grup­pen, fast unun­ter­broch­ene Kam­pag­nen zur Liq­ui­dierung oder gewalt­samen Assim­i­lierung dieser oder jen­er Nation­al­ität, rigide Sys­teme der Klasse­naus­beu­tung, die bru­tale Unter­w­er­fung von Bauern, Sklaven und Arbeit­ern und schließlich buch­stäblich Tausende von Beispie­len für Lüge, Betrug, Vergif­tung, Dop­pelzüngigkeit, Folter und Sadis­mus, von den Mor­den an byzan­ti­nis­chen Monar­chen über die Gräueltat­en der katholis­chen Inqui­si­tion bis hin zu den Meuchelmördern der ital­ienis­chen Renais­sance, den skru­pel­losen Bis­marks und den indi­vidu­ell verkomme­nen Typen des Mar­quis de Sade. -

Und lei­der geht die Liste noch weit­er. Jahrhun­dert haben wir die Auswirkun­gen der Gräueltat­en der Nazis und des Holo­caust gese­hen, das fatale Scheit­ern des Viet­namkriegs, den Völk­er­mord in den Gebi­eten des ehe­ma­li­gen Jugoslaw­iens, die völk­er­mörderischen Kam­pag­nen in der ganzen Welt, ein­schließlich Ruan­da, Irak, Libyen, Syrien und anderen Gebi­eten des Nahen Ostens, und viele weit­ere ekla­tante Beispiele men­schlich­er Gräueltat­en. Die Liste der men­schlichen Psy­cho­sen ist zu lang, um sie aufzuzählen, zu unver­ständlich, um sie zu ver­ste­hen, und zu schreck­lich, um sich daran erin­nern zu wollen. Es ist eine lange Geschichte von Trau­ma­ta, die zum kollek­tiv­en psy­cho­tis­chen Erreger des ver­wun­de­ten Geistes beitra­gen. Die poli­tis­che The­o­retik­erin Han­nah Arendt prägte den Begriff der “Banal­ität des Bösen”, um die fast bedeu­tungslose oder gle­ichgültige Hal­tung gegenüber solchen Schreck­en­stat­en zu beschreiben.

Wie richtig und sin­nvoll ist die Analyse der bei­den Autoren?
Die Antwort ist nicht ein­fach, und der birsfaelder.li-Schreiberling fühlt sich aktuell noch nicht in der Lage, dazu einen sub­stantiellen Beitrag zu leis­ten. Er set­zt deshalb einen vor­läu­fi­gen Schlusspunkt unter “A Basic Call of Con­scious­ness” und muss die Frage ein­er möglichen Fort­set­zung offen lassen.

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