Um uns dafür zu bestrafen, dass wir versucht haben, unsere Rechte zu bewahren, hat die kanadische Regierung nun so getan, als ob sie unsere Regierung durch eine königliche Proklamation abschaffen würde, und hat so getan, als ob sie eine kanadische Regierung über uns einsetzen würde, die sich aus den wenigen Verrätern unter uns zusammensetzt, die bereit sind, von Ottawa bezahlt zu werden und nach dessen Pfeife zu tanzen.
Schließlich baten Beamte aus Ottawa unter dem Vorwand eines freundschaftlichen Besuchs darum, unsere wertvollen Wampumgürtel zu inspizieren, die von unseren Vätern vor Jahrhunderten als Aufzeichnungen unserer Geschichte angefertigt worden waren, und als man sie ihnen zeigte, beschlagnahmten diese hinterhältigen Beamten die Gürtel und nahmen sie mit, so wie Banditen Eure wertvollen Habseligkeiten wegnehmen. Der einzige Unterschied war, dass unser alter Hüter der Wampums seine Hände nicht hob — unsere Hände heben sich nur, wenn wir uns an den Großen Geist wenden. Eure heben sich, wie ich höre, nur, wenn einer von euch die Taschen seines eigenen weißen Bruders durchwühlt. Euren Zeitungen zufolge sind sie jetzt die meiste Zeit über oben.
Die Regierung in Ottawa dachte, dass wir, die Opfer des Aberglaubens, unsere Selbstbestimmung und Selbstverwaltung aufgeben würden, wenn wir keine Wampumgürtel bei der Eröffnung unserer Sechs-Nationen-Versammlungen vorlesen würden. Der Aberglaube, dem die Grand River People zum Opfer gefallen sind, liegt nicht in der Ehrfurcht vor Wampumgürteln, sondern in ihrem Vertrauen in die Ehre von Regierungen, die sich einer höheren Zivilisation rühmen.
Vor langer Zeit vertrauten wir den Briten große Summen unseres Geldes zur Verwaltung an, als wir Teile unseres Territoriums abtraten. (Im Text steht allerdings: when we ceded back parts of their territory, -was aus meiner Sicht keinen Sinn macht) Sie nahmen vor fünfundsiebzig Wintern 140.000 Dollar dieses Geldes, um es für ihre eigenen egoistischen Zwecke zu verwenden, und wir waren nie in der Lage, es zurückzuerhalten.
Wie ich höre, hat Eure Regierung der Vereinigten Staaten soeben beschlossen, allen Rothäuten (engl. redmen), denen Ihr versprochen habt, sie für immer zu schützen, ihre politischen Freiheiten zu nehmen, indem sie ein diesbezügliches Gesetz durch euren Kongress verabschieden will und damit die von George Washington geschlossenen Verträge missachtet. Dieses Gesetz bedeutet natürlich die Auflösung der Stämme, wenn es durchgesetzt würde. Unser Volk würde lieber seines Geldes beraubt werden als seiner politischen Freiheiten — und Ihr sicher auch.
Ich nehme an, dass einige von Euch noch nie etwas von meinem Volk gehört haben und dass viele von Euch, falls ihr es tatet, annahmen, dass wir alle schon lange in unsere “Ewigen Jagdgründe” gegangen sind. NEIN!!! Es gibt noch genauso viele von uns wie vor tausend Wintern. Es gibt mehr von uns als früher, und das macht einen großen Unterschied in Bezug auf den Respekt, den wir von euren Regierungen erhalten.
Ich stelle euch ein oder zwei Fragen. Beantwortet sie nicht übereilt. Glaubt Ihr — glaubt Ihr wirklich — dass alle Völker Anspruch auf gleichen Schutz durch das Völkerrecht haben, jetzt, wo Ihr so stark seid? Glaubt Ihr — glaubt Ihr wirklich -, dass vertragliche Zusagen eingehalten werden sollten? Denkt über diese Fragen nach und beantwortet sie für euch selbst.
Wir sind in mancher Hinsicht nicht mehr so abhängig wie in der Anfangszeit. Wir brauchen jetzt keine Dolmetscher mehr. Wir kennen eure Sprache und können eure Worte selbst verstehen, und wir haben gelernt, selbst zu entscheiden, was gut für uns ist. Es ist schlecht für jedes Volk, sich diesbezüglich von einem fremden Volk beraten zu lassen.
Wie ich höre, habt Ihr Mütter eine Menge über eure Regierung zu sagen. Unsere Mütter hatten in der unsrigen schon immer etwas zu sagen. ** Vielleicht könnt Ihr jetzt etwas tun, um uns zu helfen. Wenn Ihr weißen Mütter hartherzig seid und nicht wollt, werdet Ihr Jungen und Mädchen, die Ihr zuhört und die gerne Geschichten über unser Volk gelesen haben — die wahren, meine ich -, uns vielleicht helfen, wenn ihr erwachsen seid, falls es dann noch welche von uns gibt, denen man helfen kann.
Wenn ihr verpflichtet seid, uns so zu behandeln, als wären wir Bürger unter eurer Regierung, dann werden diejenigen eurer Leute, die landhungrig sind, uns unsere Farmen mit allen Tricks und Kniffs mittels eurer Eigentumsgesetze und vor euren Gerichten wegnehmen, die wir nicht verstehen und nicht lernen wollen. Wir wären dann obdachlos und müssten in eure großen Städte ziehen, um für Lohn zu arbeiten, um Brot zu kaufen und um Miete zu zahlen, wie ihr es nennt, um auf dieser Erde zu leben und in kleinen Räumen zu wohnen, in denen wir ersticken würden.
Wir wären dann verstreut und für einander verloren und verloren unter so vielen von euch. Unsere Jungen und Mädchen müssten sich dann mit euch vermischen, oder gar nicht. Wenn uns die Schwindsucht (Tuberkulose) dahinraffte oder wir keine Kinder in die Welt setzten oder unsere Kinder sich mit dem Meer eures Blutes vermischten, dann gäbe es keine Irokesen mehr.
Und dann richtete Deskaheh sich direkt an die amerikanische Jugend. Der dritte und letzte Teil seiner Rede folgt
am kommenden Donnerstag, den 24. November.
** Frauen konnten zwar keine Häuptlinge sein, aber ihre Funktionen im Zusammenhang mit der Wahl und Absetzung von Häuptlingen machten sie zu einem äußerst wichtigen Faktor in der irokesischen Politik. Außerdem sprachen die Frauen oft vor den Räten; ihre Meinung wurde gefragt und beachtet. Wenn Stammes- oder Dorfentscheidungen getroffen werden mussten, nahmen sowohl Männer als auch Frauen an einer Versammlung teil. Obwohl in der Regel die Häuptlinge das Wort ergriffen, mischten sich manchmal auch die Frauen ein und trugen durch ihre Autorität als Landbesitzerinnen und ihre Sorge um die Zukunft ihrer Kinder dazu bei, den Sachems zu sagen, was sie tun sollten. In solchen Zeiten wählten die Frauen oft einen offiziellen männlichen Sprecher, um ihre Forderungen in der Ratssitzung anzuerkennen. (aus: Cindy Baskin, Women in Iroquois Society)
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