Auf die Gefahr hin, dass es noch ein­mal recht textin­ten­siv wird, kom­men wir noch zu den Tätig­kei­ten des drit­ten Birs­fel­der Land­rats, zu Chris­toph Hilt­mann. Er war ins­ge­samt auch der aktivs­te in Sachen Hafen Birs­fel­den. Hier die zwei wich­tigs­ten Beiträge:

Chris­toph Hilt­mann, Inter­pel­la­ti­on 2012-170 vom 23. Okto­ber 2012:
Bewirt­schaf­tung Hafen­area­le BL

Nach ein­lei­ten­den Wor­ten, die sie im Ori­gi­nal nach­le­sen kön­nen wenn Sie auf 2012-170 kli­cken, fol­gen die Fragen:

1. Was wur­de im Hin­blick auf eine effi­zi­en­te, flä­chen­op­ti­mie­ren­de Bewirt­schaf­tung der Hafen­area­le Birs­fel­den und Auha­fen bis­her unter­nom­men? Sind Erfol­ge vor­zu­wei­sen? Wenn ja, welche?

2. Sind die Häfen des Kan­tons BL als attrak­ti­ve und inves­ti­ti­ons­be­rei­te Gewer­be­ge­bie­te Bestand­teil der im Regie­rungs­pro­gramm 2012–2015 erwähn­ten stra­te­gi­schen Ent­wick­lungs­ge­bie­te zur Wert­schöp­fungs­stei­ge­rung? Falls ja: wie gedenkt die Regie­rung die­se Gebie­te zu ent­wi­ckeln resp. wie sieht das Gebiets­mar­ke­ting-Kon­zept aus? Falls nein: wie­so sind die­se Gebie­te nicht auf dem Entwicklungs-Radar?

Die Regie­rung ant­wor­tet mit einem lang­fä­di­gen geschicht­li­chen Abriss um dann zum Kon­kre­ten zu kommen:

Zu Fra­ge 1 (hier nur Birs­fel­den betreffend):
»Hafen Birs­fel­den
• Im Birs­fel­der Hafen steht die Wei­ter­ent­wick­lung des Stahl-Clus­ters (Pro­duk­ti­on / Mon­ta­ge im Ver­bund mit tri­mo­da­ler Logis­tik) im Fokus.
Nach­fol­gend die bereits erfolg­ten resp. geplan­ten Umset­zungs­mass­nah­men zur Zielerreichung:
• Auf der kan­to­na­len Hafen-Par­zel­le Nr. 1339 ent­stand im Jahr 2011 ein Neu­bau zur Ansied­lung von ABB (Schweiz) AG. Er dient der Mon­ta­ge überdimensionaler Minen­bau-Aggre­ga­te für den welt­wei­ten Export.
• Die Birs Ter­mi­nal AG errich­te­te in der Peri­ode von 2008 bis 2010 drei wei­te­re Umschlags- und Mon­ta­ge­hal­len, zwei davon auf der kan­to­na­len Hafen-Par­zel­le Nr. 1339.
• Durch die Ansied­lung der Fir­ma Ultra-Brag (abpar­zel­lier­te Par­zel­le der Petro­plus) konn­te eine Nut­zungs­in­ten­si­vie­rung erreicht wer­den. Die Fir­ma betreibt eine neue Umschlags­an­la­ge für Metall-Recy­cling, Stei­ne und Erden.
• Wei­ter ist eine Modernisierung/Nutzungsintensivierung der offe­nen Umschlags­an­la­gen der Birs Ter­mi­nal AG in den Jah­ren 2015–2016 geplant.
• Zudem sol­len von 2013–2016 auf der kan­to­na­len Hafen-Par­zel­le Nr. 1339 wei­te­re Firmen
ana­log ABB ange­sie­delt werden.«

Zu Fra­ge 2:
»Durch den Staats­ver­trag SGS 421.1, 2. Kapi­tel wur­den die Schwei­ze­ri­schen Rhein­hä­fen mit der Ent­wick­lung, der Bewirt­schaf­tung und der Ver­mark­tung der Hafen­ge­bie­te beauf­tragt. Bei­de Eig­ner­kan­to­ne sind im Ver­wal­tungs­rat durch je einen Regie­rungs­rat ver­tre­ten, der zusätz­lich zu den all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­rats­auf­ga­ben, die spe­zi­fi­schen Inter­es­sen des Kan­tons wahrt. Gegenüber den kan­to­na­len Geschäftsprüfungskommissionen geben die Schwei­ze­ri­schen Rhein­hä­fen jähr­lich Rechen­schaft über ihre Akti­vi­tä­ten. Auf­grund der hohen Bedeu­tung der Are­al­ein­nah­men durch Bau­rechts­zin­sen, liegt auf den Are­al- und Zins­ent­wick­lun­gen ein beson­de­res Augen­merk. Die Schwei­ze­ri­schen Rhein­hä­fen sind beauf­tragt, „alle 5 Jah­re einen Stand­be­richt zur Nut­zungs­ent­wick­lung der Hafen­area­le an die Regie­run­gen der Ver­trags­kan­to­ne zu ver­fas­sen“, erst­mals zusam­men mit dem Jah­res­be­richt 2012.«

Inter­es­sant.
Zum Bei­spiel: Das Are­al 1339: Auf die­sem Are­al bie­tet die Birs­ter­mi­nal ein Are­al von 19’600 m2 als Bau­recht an. Es han­delt sich um die Par­zel­le D1536, die Birs­ter­mi­nal selbst bis 2030 als Bau­recht hat. Stellt sich die Fra­ge, ob es sich da um einen Zwi­schen­ver­dienst han­delt oder um Baurechthortung?
Zum Bei­spiel: Der alle 5 Jah­re fäl­li­ge Stand­be­richt: Bei der Suche nach die­sem Stand­be­richt lie­fen wir ins Lee­re. Die Anfra­ge bei der Lan­des­kanz­lei ergab: »Die Rah­men­be­din­gun­gen für einen Stand­be­richt zur Nut­zungs­ent­wick­lung der Hafen­area­le haben sich seit der Inter­pel­la­ti­on kon­ti­nu­ier­lich ver­än­dert, wes­halb die SRH auf die­sen Bericht ver­zich­tet hat. Die Bericht­erstat­tung erfolgt an den Eigen­tü­mer­ge­sprä­chen via Umset­zungs­stand der Eigen­tü­mer­stra­te­gie, über den Betei­li­gungs­be­richt sowie über die Jah­res­be­richt­erstat­tung der SRH.«

Also schau­en wir uns den Betei­li­gungs­be­richt für 2018 an: Er ent­hält den Hoch­glanz­be­richt der Schwei­ze­ri­schen Rhein­hä­fen, den »Bericht der Inter­par­la­men­ta­ri­schen Geschäftsprüfungskommission für die Schwei­ze­ri­schen Rhein­hä­fen« in dem das Wort Birs­fel­den kein ein­zi­ges Mal vor­kommt (obwohl zwei Birs­fel­der Land­rä­te in der Kom­mis­si­on sit­zen), den Bericht der Finanz­kom­mis­si­on betref­fend den Betei­li­gungs­be­richt in dem das Wort Birs­fel­den kein ein­zi­ges Mal vor­kommt und dann den Betei­li­gungs­be­richt in dem das Wort Birs­fel­den 3x vor­kommt, und über die Bau­rechts­zin­sen sehr ver­klau­su­liert gesagt wird: »Fle­xi­ble Bau­rechts­ver­zin­sung (vor Reser­ve­zu­wei­sung) Ausschüttung an BL in CHF«.

Trans­pa­renz sieht eigent­lich, glau­be ich, etwas anders aus.

Chris­toph Hilt­mann, Pos­tu­lat 2013-340 vom 19. Sep­tem­ber 2013, beant­wor­tet mit der Vor­la­ge 2015–385:
Gewinn­ver­tei­lung Schwei­ze­ri­sche Rhein­hä­fen: Teil­ab­gel­tung an Standortgemeinden

Chris­toph Hilt­mann schil­dert die Lage von Birsfelden:
»70% der umge­schla­ge­nen Güter im Hafen sind für die Schweiz bestimmt. Etwa 12% der Güter­im­por­te in die Schweiz gesche­hen über die Rhein­hä­fen. Die SRH schreibt im Jah­res­be­richt 2012: “Bei einer ander­wei­ti­gen Nut­zung der Flä­che, wel­che heu­te durch Hafen­lo­gis­tik und Ver­kehr genutzt wird, könn­ten die Eig­ner­kan­to­ne deut­lich höhe­re Erträ­ge erzie­len (z.B. für Gewer­be- oder Wohn­flä­chen). Die ent­gan­ge­nen Oppor­tu­ni­täts­er­trä­ge belau­fen sich für die Hafen­area­le auf 20–30 Mio. CHF p.a. (je nach Nutzungsmix).”
Was dabei für die Eig­ner­kan­to­ne gilt, gilt im Kan­ton BL auch für die Hafen-Stand­ort­ge­mein­den Birs­fel­den und Mut­tenz. Die­se bei­den Gemein­den wer­den dop­pelt bestraft. Einer­seits durch die erwähn­ten ent­gan­ge­nen Erträ­ge (Steu­ern). Ande­rer­seits bei der Gewinn­aus­schüt­tung der SRH, wel­che steu­er­be­freit ist. Der Jah­res­ge­winn der SRH wird jeweils an die bei­den Kan­to­ne BL und BS im Ver­hält­nis 60:40 ver­teilt. Wäh­rend­dem dies für Basel kein grös­se­res Pro­blem dar­stellt, weil die Gemein­de gleich­zei­tig Kan­ton ist, kommt es im Kan­ton BL zur unbe­frie­di­gen­den Situa­ti­on, dass die Stand­ort­ge­mein­den nicht am Gewinn partizipieren.

Die Regie­rung wird dar­um beauf­tragt, dem Land­rat eine Ände­rung des Finanz­haus­halts­ge­set­zes zu unter­brei­ten. Die­se soll fest­le­gen, dass den bei­den Stand­ort­ge­mein­den Birs­fel­den und Mut­tenz je 20% des Basel­bie­ter Anteils an der jähr­li­chen Gewinn­aus­schüt­tung der SRH aus­be­zahlt werden.«

Zu die­sem Pos­tu­lat hat der Regie­rungs­rat eine Vor­la­ge aus­ge­ar­bei­tet. Die­se Vor­la­ge lan­de­te zuerst in der Volks­wirt­schafts- und Gesund­heits­kom­mis­si­on. Aus dem Pro­to­koll drei Abschnitte:
»Der Regie­rungs­rat führt in sei­ner Ant­wort aus, dass die gewünschte Betei­li­gung an der Gewinn­ver­tei­lung nicht mög­lich sei. Grundeigentümer der kan­to­na­len Hafen­ge­bie­te sind die bei­den Ver­trags­kan­to­ne BL und BS, die das Are­al den SRH im Bau­recht dau­er­haft und unent­gelt­lich überlassen haben. Bei den Net­to­ge­win­nen, die den Ver­trags­kan­to­nen ausgeschüttet wer­den, han­delt es sich somit ledig­lich um ein Ent­gelt oder eine Art Bau­rechts­zins. Müssten die SRH marktübliche Bau­rechts­zin­sen für Dienst­leis­tungs- und Wohn­nut­zung bezah­len, wären die Gewin­ne in Fra­ge gestellt oder sogar Ver­lus­te möglich.«

Offen­bar kann ich bei die­ser Logik nicht mit­hal­ten. Ver­langt wird ja nicht eine Umzo­nung, son­dern nur eine Tei­lung des jeweils aus­be­zahl­ten Gewinns. Was abso­lut kei­nen Ein­fluss auf den Gewinn der SRH hat. Aber offen­bar bin ich zu blöd?
Weiter:

»Die Regie­rung stellt (als mög­li­che Ent­schä­di­gung für die betrof­fe­nen Gemein­den) ein Pro­jekt in Aus­sicht, um mit­tels akti­ver För­de­rung der Ver­dich­tung und der Neu- oder Umnut­zung von Gebie­ten, die nicht auf die Hafen­kan­te ange­wie­sen sind, eine mit­tel- bis lang­fris­ti­ge Erhö­hung des Steu­er­ertrags zu errei­chen. Als eine mög­li­che lang­fris­ti­ge, stra­te­gi­sche Mass­nah­me erach­tet die Regie­rung die Prüfung all­fäl­li­ger alter­na­ti­ver Hafenstandorte.«
»Zudem stellt der Kan­ton auch zusätz­li­che Anstren­gun­gen in Aus­sicht, um die Stadt­ent­wick­lung Birs­fel­dens (u.a. auf dem Are­al der soge­nann­ten Staats­gru­be) zu för­dern. Die Kom­mis­si­on befürwortet mehr­heit­lich die Stoss­rich­tung des Kan­tons, Birs­fel­den zu bes­se­ren Rah­men­be­din­gun­gen im Hafen­are­al und damit zu mehr Steu­er­sub­strat zu verhelfen.«

Fazit: Die Volks­wirt­schafts- und Gesund­heits­kom­mis­si­on bean­tragt dem Land­rat mit 10:1 Stim­men bei einer Ent­hal­tung, das Pos­tu­lat 2013/340 nicht abzuschreiben.

Die SVP ver­langt durch Myr­ta Stoh­ler abschreiben.
Die SP ver­langt durch Regu­la Mesch­ber­ger ste­hen lassen.
Die CVP ver­langt durch Marc Scher­rer ste­hen lassen.
EVP/Grüne ver­lan­gen durch Sara Fritz ste­hen lassen.
Klaus Kirch­mayr for­dert Birs­fel­den dazu auf, mit wei­te­ren Vor­stös­sen sich dezi­dier­ter für ihr Anlie­gen einzusetzen.

://: Der Land­rat lässt das Pos­tu­lat 2013/340 mit 55:23 Stim­men bei einer Ent­hal­tung stehen.
Die SVP sagt geschlos­sen Nein.

Was folgt daraus?

Im Früh­ling 2017 unter­zeich­nen Gemein­de Birs­fel­den, Kan­ton BL und die SRH eine  Absichtserklärung zur Ent­wick­lung der lndus­trie- und Gewer­be­zo­ne Birsfelden

Am 25. Sep­tem­ber 2017 unter­zeich­nen Bund, Kan­to­ne BS und BL und die SRH (ohne die Gemein­de Birs­fel­den!) eine Gemein­sa­me Absichtserklärung zur Wei­ter­ent­wick­lung der Schwei­ze­ri­schen Rheinhäfen.

In bei­den Papie­ren kön­nen Sie sich ein Bild machen wie vage die Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten des Hafens, respek­ti­ve der Gemein­de Birs­fel­den, umschrie­ben werden.

Im nächs­ten Arti­kel zei­gen wir, dass Birs­fel­den nicht nur mit den Pflicht­la­gern für die gan­ze Schweiz arbei­tet. Sie arbei­tet auch für die Schweiz, den Kan­ton und vie­le ande­re Gemein­den — ohne etwas davon zu haben …

Dies ist eine Artikelserie.
Mit Klick auf die­se Zei­le erhal­ten Sie alle bis jetzt erschie­ne­nen Artikel.

Rudolf Bussmann liest eigene Texte (27)
Mattiello am Mittwoch 20/19

4 Kommentare

Kommentiere

Deine Meinung