Da ist dem Sämi Bänziger der Kragen geplatzt. Er konfrontiert den Gemeinderat mit den nachfolgenden Aussagen zu den Abstimmungserläuterungen, die der Gemeinderat mit den ebenfalls nachfolgenden Aussagen (in einer Pressemitteilung, die das birsfälder.li nicht erhalten hat) kommentiert.
»Samuel Bänziger: Falsch ist, dass die SVP die Reduzierung des Gemeinderates befürwortet. Die SVP lehnt diese Reduktion ebenso ab, wie zahlreiche andere Parteien auch (SP, Grüne-Unabhängige). Selbst die Mehrheit der Gemeinderäte lehnt diese Reduktion ab. Offensichtlich hat der Gemeinderat erkannt, dass mit dieser Reduktion keine Kosten eingespart werden können, sondern langfristig die Folgekosten grösser sein werden, wenn die Verwaltung personell aufgestockt werden müsste.
Kommentar Gemeinderat: Um allfällige Missverständnisse zu vermeiden, geben wir die Stellungnahme der SVP im vollen Wortlaut wieder: „Für die SVP ist es eine Notwendigkeit, Kosten zu sparen. Dass der Gemeinderat auch bei sich sparen möchte, ist grundsätzlich zu begrüssen. Der Gemeinderat erwähnt in der Vernehmlassung zwei Möglichkeiten. Was die Variante “Reduktion der Entschädigungen/Sitzungsgelder” zur Folge hätte, wird beschrieben. Für die Variante “Reduktion von 7 auf 5 GR-Mitglieder” fehlt jedoch eine Übersicht des zeitlichen Aufwandes, der für die Entscheidungsfindung notwendig wäre. Gerne erhalten wir deshalb eine Auflistung des Arbeitsaufwandes des heutigen Gemeinderates mit 7 Mitgliedern.“
Samuel Bänziger: Auch die Aussage über den benötigten Zeitaufwand der Gemeinderäte ist irreführend: In den Erläuterungen werden lediglich die abgerechneten Stunden deklariert. Die Abgeltung als Pauschale für diverse Aufgaben, wie zum Beispiel die Zeit für das Aktenstudium und die meisten Sitzungen, die auf dem Gemeindegebiet stattfinden (Dienstleitergespräche, Arbeitsgruppensitzungen usw.) wird nicht erwähnt. Der tatsächliche Arbeitsaufwand ist in Wirklichkeit deutlich grösser. Wird der Gemeinderat nun personell um zwei reduziert, steigt die Arbeit der verbleibenden fünf Mitglieder weiter an. Künftig wird es schwieriger werden, gute Leute zu finden, die bereit sind, dieses Mandat zu übernehmen. Das kann nicht im Sinne einer gut funktionierenden Gemeinde sein. Zudem sind die Angaben zum Zeitaufwand in den Abstimmungserläuterungen keine Wiederholung. In den Erläuterungen zur Gemeindeversammlung vom 15.Dez 2014 ist zu diesem Thema nichts zu finden.
Kommentar Gemeinderat: Der Hinweis auf die „Erläuterungen zur GVS vom 15. Dez.“ ist falsch. Für diesen Fehler bittet der Gemeinderat um Entschuldigung. Inhaltlich sind die Aussagen zum Zeitaufwand des Gemeinderates jedoch zu 100% korrekt. Neben den abrechenbaren Stunden wenden die Gemeinderatsmitglieder weitere Zeit für ihr Amt auf. Der genaue totale Zeitaufwand eines Gemeinderats-Mandats ist nicht ermittelbar und variiert zwischen den einzelnen Mitgliedern in Anhängigkeit zur Departementszuteilung und Funktion stark.
Samuel Bänziger: In den Erläuterungen wird gänzlich verschwiegen, dass der Gemeinderat die Reduzierung selber ablehnt. Dies ist zweifelsohne ein nicht ganz unwichtiges Argument gegen eine Reduzierung. Da der genaue Gesamtaufwand des Gemeinderats nicht publiziert wurde, bleibt es ein gemeinderätliches Geheimnis, wer wie viel arbeitet.«
Darauf scheint der Gemeinderat nicht einzugehen. (Red.) Aber:
»Fazit des Gemeinderates: Fehler und Unschärfen in Abstimmungserläuterungen sind unschön. Der Gemeinderat wird grösstes Gewicht darauf legen, dass solches in Zukunft nicht mehr geschehen wird. Aus Sicht des Gemeinderates enthalten die Erläuterungen zur Abstimmung jedoch ausgewogene und aussagekräftige Informationen für eine freie Urteilsfindung.«
Mein Kommentar:
Gottseidank hat Samuel Bänziger reagiert. Obwohl ich meinen Stimmzettel schon lange ausgefüllt habe, habe ich endlich auch die Erläuterungen sorgfältig gelesen. Dabei fiel mir auf, dass offenbar die (abrechenbare) Arbeit im Gemeinderat doch recht ungleich verteilt ist. Das geht von
040 Stunden pro Jahr oder 3,33 Stunden pro Monat oder etwa 0,76 Stunden pro Woche bis zu
100 Stunden pro Jahr oder 8,33 Stunden pro Monat oder etwa 2,00 Stunden pro Woche.
Ich war immer der Meinung, der Gemeinderat sei eine Kollegialbehörde.
Für mich zeigt sich das nicht nur darin, dass man den Titel Gemeinderat oder Gemeinderätin hat, nach der Sitzung noch zusammen einen trinkt und die anderen SitzungsteilnehmerInnen und ‑teinehmer nicht durch Indiskretionen blossstellt,
sondern auch darin, dass man gemeinsam die Arbeit bewältigt und sich dabei gegenseitig unterstützt. (Da würde ich gerne einmal den Kommentar zum STEK-Schlussbericht z.B. von Herrn Oberbeck lesen.)
Das immer wieder vorgebrachte Argument der besseren Abbildung der Bevölkerungsschichten kann ich so nicht gelten lassen. Ganz grosse Teile der Bevölkerung sind auch bei 7 Gemeinderäten nicht vertreten. Dazu wäre der Einwohnerrat das viel bessere Gremium gewesen, ebenso für die kleineren Parteien, die jetzt wieder jammern.
Über die Parolen der einzelnen Parteien haben wir ja schon berichtet. Und wenn Sie es verpasst haben, lesen Sie hier. Auch über die Vorteile eines Einwohnerrates haben wir hier schon geschrieben.
florian dettwiler
Jun 5, 2015
Schön peinlich.
Zeigt aber auch, dass diese Erläuterungen nicht gegengelesen werden. Schon gar nicht von den Gemeinderäten.
Und ich habe – wie auch Franz – leider den Verdacht, dass gewisse Gemeinderatsmitglieder im Gremium kaum aktiv in eine Diskussion eingreifen, die zur einer Steigerung der Qualität von Gemeindeversammlungsgeschäften führen würde. Wie sonst ist es erklärbar, dass in der Schulraumplanung immer wieder Planungsmängel auftauchen und nun die dritte Vorlage kommt?
Das ist weit peinlicher als die fehlerhaften Erläuterungen und kostet viel Geld. Geld das wir nicht haben, aber eigentlich für ein Siebnergremium bisher immer ausgegeben haben.
Ich stimme für die Reduktion, weil ich damit der Hoffnung Ausdruck verleihen will, dass sich künftig fünf Volksvertreter/innen finden lassen, die meine Ansprüche an engagierte Exekutivmitglieder alle auch erfüllen. Wir brauchen im Gemeinderat die 5 “besten” Leute der Gemeinde, die in ihren Dossiers felsenfest sind und sich gleichzeitig für alle Departemente interessieren, und nicht einfach 7 Parteienvertreter, die teilweise ihre Sitzungen mit elektronischen Spielchen absitzen.
Ich weiss, dass mir das niemand garantieren kann und der Systemwechsel auch Gefahren birgt. Aber versuchen können wir es. Dass wir dabei Geld sparen ist ein willkommener Nebeneffekt.
Peter Meschberger
Jun 5, 2015
Ob die gewählten GR-Mitglieder die notwendige Qualität und den Arbeitswillen haben, entscheiden die Stimmbürgerinnen und ‑Bürger und nicht die Anzahl der Sitze.
Was aber klar ist, je weniger Mitglieder dieser GR hat, desto grösser wird die Machtfülle der fünf GR und da vor allem des Gemeindepräsidenten. Das war früher immer das grosse Problem der FDP und der CVP bei einem SP-Präsidium. Aber eben, heute ist ein FDP-Mann Gemeindepräsident und da darf man dessen Macht ja selbstverständlich verstärken. Bei der Fülle an zusätzlichen Kompetenzen, die die GV in den letzten Monaten dem GR neu überantwortet hat, ist es wichtig, dass wenigstens die interne Kontrolle halbwegs besteht. Und das gelingt nicht mit weniger Mitgliedern.
Und wenn schon von “Sparen” gesprochen wird, da wette ich einiges, dass etwas vom ersten sein wird, dass der dann neue, zahlenmässig reduzierte GR inkl. GP, mehr Honorar verlangen wird, “weil ja die Arbeit für das einzelne GR-Mitglied dann ja grösser sein wird”… Zudem wird die Verwaltung stärker beansprucht, was ja auch nicht gerade gratis ist.
Der Fall “Liestal” ist nicht vergleichbar, denn dort besteht ein sehr aktiver Einwohnerrat, der auch die Kontrolle im Griff hat. Das können wir hier bei unserer Gemeindekommission nicht gerade behaupten.
Das Szenario mit nur fünf GR hatten wir früher auch schon einmal intern durchgespielt und sind zum Schluss gekommen, dass es nichts brächte. Und wer mit einem solchen Szenario glaubt, missliebige Mitglieder dann “los zu werden” dürfte bald auf die Welt kommen, in dem dann mit Sicherheit gleich jene Leute weggewählt würden, welche man eher im GR hätte, denn die stossen etwa auch an, weil sie oft eine eigene Meinung haben/äussern.
Es gäbe noch einiges zu sagen, aber bleiben wir ganz einfach auf dem Bewährten und stimmen gegen diese sehr schlechte Vorlage des Gemeinderates.
hasira
Jun 6, 2015
Es ist noch nicht sehr lange her, da hatten wir einen Gemeindepräsidenten, der sich eine Machtfülle anmasste, die – sagen wir mal milde – ungesund war. Das Stimmvolk hat es zum Teil gemerkt und sanktioniert. Das war mit 7 Gemeinderäten.
Es kommt immer auch auf die übrigen Mitglieder des Gemeinderates an – sind es Kopfnicker und Abnicker oder haben sie Profil und Rückgrat? Ich glaube es fehlt öfter einfach daran!
Arthur Caccivio
Jun 6, 2015
Es gibt durchaus Argumente für die Beibehaltung von sieben Gemeinderatssitzen. Was mich aber irritiert und zum Nachdenken veranlasst hat, ist die offensichtlich massiv ungleiche Belastung der verschiedenen Departementsvorsteher. Da „schiebt“ mindestens ein Gemeinderat – es können durchaus auch zwei sein – ein ruhige Kugel und erhält dafür die gleiche Grundentschädigung (ohne Sitzungsgelder) von etwas mehr als 25‘000 Franken wie alle andern auch. Fazit: Bei gleichmässiger Belastung genügen fünf tüchtige Gemeinderäte durchaus.
Peter Meschberger
Jun 7, 2015
Es ist eigenartig. Da spricht man von “ungleicher Belastung” einzelner GR-Mitglieder und dass “mindestens ein, evtl. gar zwei” eine “ruhige Kugel schieben”, und dafür das gleiche Geld erhalten, wie alle anderen “tüchtigen”. Ja, das ist ungerecht. Aber dann sollen doch alle diese ruhigen GR-Mitglieder beim Namen genannt und Beispiele für deren “Nichtstun” veröffentlicht werden. Das wäre ehrlich. Mit ungenannten Pauschalierungen geraten alle GR in den Verdacht, nichts zu leisten. Der Effekt wird sein, dass bei den nächsten Wahlen just zwei “tüchtige” GR abgewählt, bzw. nicht gewählt würden. Was dann? Dann werden wir noch drei *tüchtige ” und zwei “ruhige” GR haben. Bei Abwesenheit einer/-s oder gar zwei der “Tüchtigen” besteht dann die Gefahr, dass die “ruhigen” die Mehrheit haben…Das müsste doch auch zu denken geben, oder?
Also, wenn niemand den Mut hat Verdächtigungen beim Wort zu nennen, dann ist es ohnehin besser, auf Bewährtes zu setzen, statt zu experimentieren, also klar NEIN zum Vorhaben der Gemeinderatsmehrheit!
hasira
Jun 10, 2015
Aber, aber, Herr Meschberger. Jetzt reden Sie von unehrlich und sind es selbst (vielleicht) auch, denn auch Sie kennen doch die Namen offenbar – oder nicht?