Ein Satz der im Wahlkampf um den National- und Ständerat, aber auch im Abstimmungskampf um die Steuerermässigungen der Steuervorlage 17 immer wieder zu hören war. Und auch bei den Diskussionen um die Höhe der Sozialhilfe kommt dieser Standardspruch immer wieder vor.
Hier stellt sich zuerst einmal die Frage, ob wir nicht allzu oft Leistung und Erfolg verwechseln?
Zum Thema schreibt Nina Verheyen in ihrem Buch »Die Erfindung der Leistung«:
»Westlich-moderne Staaten beschreiben sich zwar als ‘Leistungsgesellschaften’ oder ‘Meritokratien’, die den Anspruch haben, ökonomische Produktivität zu steigern, indem sie berufliche Positionen und sozialen Status an individuelle Leistung knüpfen, statt an Herkunft. Aber Letzteres ist bestenfalls ein schwer einzulösendes Versprechen und im schlechtesten Fall eine gezielte Lüge. Neben Glück und Zufall greifen zahlreiche andere Faktoren systematisch in Karrieren ein, auf die der Einzelne keinen Einfluss hat: Familie, Hautfarbe, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Staatsangehörigkeit und nicht zuletzt Alter und äusseres Erscheinungsbild.
Vor allem Kinder aus sogenannt bildungsfernen Schichten, Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund und weiblichen Geschlechts können noch so begabt sein und sich noch so sehr abmühen, sie haben geringere Chancen als weisse junge Männer der Ober- und oberen Mittelschicht, ihre Kräfte in Geld und Status umzuwandeln.«
Oder anders formuliert von Lisa Herzog, der Autorin von »Die Rettung der Arbeit«:
»Erfolg und Leistung ist nicht dasselbe! Eine Frage ist, ob diese Leute ihren Reichtum verdient haben. Sind ihre Gehälter doch eher ein Ausdruck von Erfolg — nicht von Leistung. Man sollte hier die Macht des Zufalls anerkennen: Da ist die Lotterie der Gene, die jemanden mit mehr oder weniger Talent ausstattet; da ist das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein; zudem könnten miese Eigenschaften wie z.B. Skrupellosigkeit zum Erfolg geführt haben, ohne dass eine Leistung dahinter steht.«
Wenn wir den exorbitanten Lohn und Bonus eines Bankers, der eine Bank führt, die extreme Bussen einfährt und kaum Steuern bezahlt, weil die Gewinne davon aufgefressen werden und den Lohn eines Gleisbauers, der in der Sommersonne und bis in alle Nacht arbeitet, damit am Morgen die Züge wieder fahren können, vergleichen, kann man sich fragen:
Verdient oder bekommen? Leistung oder nur Status?
Und auch wenn Herr Lauber nun zur Kürzung und Disziplinierung der Sozialhilfebeziehenden die Katze aus dem Sack gelassen hat, kann man sich fragen, ob das wirklich eine gute und gerechte Sache ist — vor allem, wenn Riebli / Trüssel zufrieden sind.
Vielleicht machen Sie sich weitere Gedanken dazu, wenn Sie es wieder hören, sehen, lesen:
Leistung muss sich lohnen!
Oder Sie lesen den Verteilungsbericht des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes …
Dies ist eine Artikelreihe. Mit Klick auf diese Zeile erhalten Sie alle erschienenen Teile.
Und die Weisheit zur Sache:
Den einzigen Klassenkampf, den unsere Politiker
noch kennen, ist der Kampf um einen freien Platz in
der Ersten Klasse.
Matthias Zehnder
hasira
Jan 31, 2020
Und dann liest man am gleichen Morgen dies …
https://www.bzbasel.ch/sport/hakan-yakins-trick-mit-dem-rav-und-warum-er-jetzt-jedes-jobangebot-annehmen-muss-136305157
… und fragt sich wieviel Arbeitslosenbeiträge der Herr in Paris, Stuttgart und Katar bezahlt hat …
Christoph Meury
Jan 31, 2020
Es gibt die Realwirtschaft und es gibt die Finanzwirtschaft. Beide funktionieren nach je eigenen Gesetzmässigkeiten. Zur Finanzwirtschaft gehören: Banken, Kreditinstitute, Versicherungen, Investmentfonds, Pensionskassen und andere institutionelle Anleger. In der Finanzwirtschaft wird nicht mehr die Leistung honoriert, sondern hier diktiert der Markt und die Nachfrage den Ertrag, respektive Gewinn.
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Bevor wir aber die Finanzwirtschaft ins Pfefferland wünschen und uns damit nach gerechten Verhältnissen sehen, müssen wir bedenken, dass wir alle bereits Teil dieser Finanzwirtschaft sind. Unsere Renten beispielsweise werden via Pensionsfonds & Investitionsfonds finanziert. Die Basellandschaftliche Pensionskasse bei der alle staatlichen Angestellten, inkl. Angestellte der Spitäler, Altersheime, Gemeindeangestellte, Universitätsangestellte, etc. versichert sind, werden über Anlagestiftungen, Fonds und börsenkotierte Immobiliengesellschaften oder Immobilien im Eigentum der BLKP finanziert. Die BLKP hat im 2019 eine Rendite von 11% erwirtschaftet. Damit finanziert sie die Renten von uns allen. Folglich sind wir von diesem Teil der Finanzwirtschaft abhängig und damit auch Teil des Problems, wenn die Rendite der BLKP nur mit hohen Mietzinsen und der Erweiterung des Portfolios mit neuen Immobilien erwirtschaftet werden kann. Entweder verzichten wir auf die hohe Rente, oder wir fordern tiefe Mieten für Alle. Die eierlegende Wollmilchsau ist ein Fantasie- und Fabeltier.
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Kurzum: Die Lösung liegt irgendwo in der Mitte und ist im schwarz/weiss Beuteschema kaum fassbar.
Franz Büchler
Jan 31, 2020
Irgendwie tönt es gut, und wenn nicht einfach gut, dann wenigstens gescheit.
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Ursprünglich war doch die Finanzwirtschaft dafür gedacht, die Realwirtschaft zu unterstützen.
Wenn nun die Finanzwirtschaft zur eigentlichen Realwirtschaft wird, gibt das schon Probleme.
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Der »diktierende Markt« ist eine Illusion, ebenso wie die »sich selbst regulierenden Märkte«.
Wer ist denn der diktierende Markt und der sich selbst regulierende Markt?
Es ist nichts anderes als eine Blase, die uns von gewissen Marktteilnehmenden vorgebetet wird.
Von Verkaufenden, nicht von Kaufenden.
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Wenn der diktierende Markt (wer auch immer das ist) propagiert, dass gewisse Papiere das Nonplusultra sind, daraus eine Finanzblase entsteht, und daran Banken wie Firmen fallieren, ausser denen, die schon früh genug auf fallende Kurse gewettet haben, reguliert nicht der Markt, sondern die zu Hilfe eilenden Staaten. Lehmann —> UBS —> Schweiz. Zum Beispiel.
Christoph Meury
Jan 31, 2020
Es ist ja nicht der böse Onkel Dagobert, die «reichste Ente der Welt« und berühmt für seinen extremen Geiz sowie sein riesiges Vermögen, das er in einem Geldspeicher lagert, der den Markt diktiert, sondern die Stakeholder, welche auf ihren Anlagen hohe Gewinne, respektive Dividenden, erwirtschaftet haben wollen. Es ist die Gier der Aktionäre. Und um beim Beispiel zu bleiben: Die institutionellen Anlieger, u.a. die Pensionskassen (BLKP), müssen hohe Gewinne erwirtschaften damit sie hohen Renten garantieren können. Da beisst sich die Katze in den Schwanz.
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Es ist aber unbestritten, dass das System die exorbitanten Vermögensunterschiede generiert und die Reichen immer reicher macht. Alles nach dem Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben!
Gesellschaftlich ist dies natürlich ein Riesenproblem, weil die Unterschiede zwischen Arm und Reich immer grösser werden. Das System produziert dadurch drastische gesellschaftliche Spannungen, welche den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden. Es braucht daher dringend eine clevere Umverteilung. Das jetzige Steuersystem ist dafür nur bedingt tauglich. Schlimmer ist, dass es weiterhin weltweit x Steueroasen gibt und dass die in der Finanzwirtschaft produzierten Vermögen grossmehrheitlich ungebunden und flexibel sind. Diese Gelder können also in Sekundenbruchteilen verschoben werden. Die Global Player, u.a. Amazone, Google, Apple, etc. zahlen zudem weltweit kaum Steuern und sind die Profiteure dieser Finanzwirtschaft. Das ist natürlich ein Hohn für alle Werktätigen, welche ihre Steuern gemäss Lohnabrechnung auf Franken & Rappen blechen müssen.
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PS.: Finanzblasen korrigieren den überschiessenden Fantasiemarkt indem sie das virtuelle Geld vernichten. Dumm nur für die Kleinanleger, dass sie mit ihrer Hypothek oder ihrem Ersparten daran hängen und ihr Geld real vernichtet wird, oder sie keine Zinsen mehr erhalten. Grossanleger & Investoren verlassen normalerweise das sinkende Schiff rechtzeitig und parkieren ihr Geld auf einer diskreten Insel.
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PS.: Yakin ist nicht das Problem. Er ist ein Systemausreisser. Mehr nicht. Und nicht vergessen: Der Yakin-Clan ist Teil des grossen Fussball-Businesses. Da werden ganz andere Summen verschoben und pokern gehört zum Alltag. Was verdienen die Jungs mit den goldenen Füssen? Und wer bezahlt dies?