Baurechte sind eine gute Sache.
Da hat jemand ein Grundstück und will selbst nichts bauen. Er will das Grundstück aber nicht verkaufen — warum auch immer.
Da hat einer kein Grundstück und will etwas bauen. Eine kleine Fabrik, eine Werkstatt, was auch immer.
Wenn die zwei sich treffen, mietet einer zeitlich befristet das Grundstück und der ander kassiert den Baurechtszins.
Das war jetzt etwas salopp. Aber so funktioniert ein Baurecht.
Das Ganze mit den Baurechten ist insgesamt etwas komplizierter, gesetzlich geregelt. Wer etwas mehr lesen will, kann dies an zwei Orten tun:
• Im ZGB, dem Zivilgesetzbuch in den Artikeln 675 und 779.
• In Wikipedia (ausführlich, aber einfacher als im ZGB).
Das Birsfelder Hafenarealbesteht aus zwei Teilen:
• Einem Industrie- und Gewerbeteil (auf der Karte grün). Diese Betriebe sind grösstenteils auch die Besitzer der Grundstücke auf denen sie arbeiten.
• Einem sogenannten Hafenperimeter (in der Karte rot umrandet), dessen Grundstücke grösstenteils dem Kanton Basel-Landschaft gehören, ein kleinerer Teil der Bürgergemeinde Basel-Stadt (dem eigentlichen Grossgrundbesitzer in Birsfelden).
Die Schweizerischen Rheinhäfen SRH haben für das Hafenperimeter und zusätzlich die Parzelle 1339 im Gewerbegebiet so quasi das Oberbaurecht. Die SRH können nun im Auftrag der Kantone Baurechte vergeben. Ursprünglich war gedacht, dass diese Baurechte an hafenaffine Firmen gehen. Heute ist dies nur noch teilweise der Fall.
Zum Beispiel vermieten Immobilienverwalter und wahrscheinlich auch Pensionskassen auf hafenaffinen Parzellen ihre Bauten. Das heisst, sie bauen auf billigem Land und vermieten wohl für gutes Geld ihre Bauten. Z.B.:
UBS Investment Foundation 1, mit Sitz in Zürich
Selbständiges und dauerndes Recht Nr. D1498 Rührbergstrasse 21, weitervermietet an
Legacy Pharmaceuticals Switzerland GmbH
ECOREAL Schweizerische Immobilien Anlagestiftung, mit Sitz in Zürich
Selbständiges und dauerndes Recht Nr. D1548 Rührbergstrasse 15/17
vermietet an verschiedene Mieter z.B. Tarzan GmbH (Jeans)
Und auch eine wirklich hafenaffine Firma hat sich offenbar etwas zuviel Baurecht gehamstert und sucht nun nach weiteren Interessenten. Inseriert auf der Website www.südport-birsfelden.ch.
Dürfen die das? Natürlich dürfen die das. Baurechte kann man weitervermieten, verkaufen und vererben — solange der Baurechtgeber das akzeptiert.
Baurechte können auch stillschweigend verlängert werden. Die ehemalige JOWA-Bäckerei (Migros) lag auf der Baurechtsparzelle 1581 zuoberst links auf der Karte. Das Baurecht wäre noch bis 2029 gelaufen. Die Parzelle wurde nun zusammengelegt mit der Nachbarparzelle 1582 der Delica (Migros) — und läuft nun bis 2040 und müsste auf der Karte nun eigentlich rot sein.
Zusammen und mit der Parzelle 1476 der anschliessenden Tanks mit Ablauf des Baurechts 2024 wäre so ein sehr schönes hafenaffines Wohngebiet entstanden.
Aber nach all dem habe ich immer noch Regierungsrat Edi Belser im Ohr, der in einer Landratsdebatte Margot Hunziker (Landrätin aus Birsfelden) herunterputzte:
»Wenn dem Kanton eine Spezialzone im Hafengebiet zugestanden wird, ist es richtig, dass die Gemeinden nur ein Mitsprache- und nicht Mitbestimmungsrecht haben werden.»
Wer also geglaubt hat, dass mit »Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« auch nur im Geringsten mit Wohnraummöglichkeiten gerechnet oder nachgedacht wurde, sieht sich absolut getäuscht.
Eigentlich müsste der SRH ab sofort verboten werden, in diesem Abschnitt neue Baurechte oder Baurechtsverlängerungen zu schaffen. Zuerst müssten hier auch Wohnentwicklungsmöglichkeiten endlich ernsthaft geprüft und demokratisch behandelt werden.
Titelbild und Grafik: F. Büchler
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Christoph Meury
Jun 2, 2020
Um es zu verdeutlichen: A besitzt den Boden und B hat eine Geschäftsidee. Damit B seine Geschäftsidee verwirklichen kann braucht er den Boden. A vergibt B den Boden zeitlich befristet im Baurecht. B erstellt auf dem gepachteten Boden ein Geschäftsgebäude, um seine Geschäftsidee zu realisieren. A erhält für die Vermietung einen Baurechtszins. Zeitlich befristet ist ein Vertrag, weil A nach Ablauf der vertraglichen Vereinbarung überprüfen will, ob sich das Geschäft der Vermietung weiterhin lohnt, oder ob er auf seinem Grundstück allfällig mit anderen Partner kooperieren möchte. Weil die Pacht zeitlich befristet ist, muss B sein Geschäft so abwickeln, dass er seine erstellten Gebäude während der Pachtzeit amortisiert. Nach Ablauf der Pacht muss der Wert der Liegenschaft buchhalterisch bei Null sein. Wird die Pacht im gegenseitigen Einvernehmen verlängert, weil beide Partner davon profitieren, wird die Sache für B lukrativ. Seine Investionen sind amortisiert. Bei seinen geschäftlichen Tätigkeiten fällt taucht jetzt nur noch der Pachtzins als Aufwand auf. Wenn sein Geschäftsmodell funktioniert, hat B kein Interesse am Standort und damit auch an der Pacht etwas zu ändern.
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Die SRH verwaltet im Hafenperimeter mehrere Baufelder, daher laufen verschiedene Baurechtsverträge. Die Baurechtsverträge haben unterschiedliche Laufdauern. Daher ist eine zusammenhängende Planung defacto unmöglich. Das stabilisiert einerseits das System, verhindert aber jegliche Veränderung. Für die Verwalterin, die SRH, ist das eine feudale Situation. Der Verwaltungsaufwand geht dabei gegen Null. Dem Baurechtsnehmer kann dies recht sein. Ob dies auch im Sinn des Besitzers ist, müsste natürlich regelmässig überprüft werden. Der Kanton Baselland, als Besitzer des Areals, foutiert sich um ein solches Controlling und hat die Aufgabe an die Verwalterin, die SRH delegiert. Damit kontrolliert sich die Verwalterin selber. Ein klassischer Zirkelschluss!
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Da die involvierten Personen im VR, oder der Aufsicht, entweder Regierungsräte, Land- oder Gemeinderäte sind, ist es praktisch unmöglich dem System einen anderen Drall zu geben. Die PolitikerInnen haben während ihrer aktiven Zeit kaum eine Chance zu einer Veränderung. Sie sind im günstigsten Fall 12 Jahre im Amt. Die Laufdauer eines Pachtvertrages läuft zwischen 20–40 Jahren. Eine 20-jährige Verlängerung (bsp. des Jowa-Areals) überdauert die Amtszeit eines Politikers um Jahre. Wenn also mit dem «Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« ein Moratorium angepeilt wird und der Status Quo gefestigt wird, dann ist klar, dass nach Ablauf der Frist, weder RR Thomas, RR Isaac Reber, Gemeindepräsident Christof Hiltmann, noch der Hafendirektor Hadorn im Amt sein werden. Dadurch ist sichergestellt, dass keiner der Herren Verantwortung übernehmen und keiner der Involvierten seine damalige Strategie ausbaden muss. Es bleibt also alles beim Alten.
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Die Regierung entpuppt sich zum wiederholten Male als «Lame Duck«. Man pflegt in Liestal auch sämtliche Interpellationen und Motionen zur Hafenthematik beharrlich auszusitzen («abschreiben« heisst dabei das Zauberwort). Es reicht der Führungsriege, wenn sie jährlich ein paar Milliönchen von der SRH überwiesen bekommt und damit, als leicht volatile Einnahme, im Staatshaushalt verbuchen kann. Dass im Hafenperimeter wertvolles Industrie- und Gewerbeland verpachtet wird, geht offensichtlich vergessen. Was der Kanton als Einnahme verbucht ist zudem nicht der Ertrag des Pachtzinses, sondern einen Gewinnanteil der SRH. Notabene abhängig vom jeweiligen Geschäftsgang der SRH.
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Franz Büchler und ich beschäftigen uns seit geraumer Zeit mit dem Birsfelder Hafen und der Hafenbewirtschaftung durch die SRH. Das unlängst veröffentlichte «Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« und der ausführlichere Bericht hinter der Medienmitteilung vom 10.1. 2020, haben bei uns ein paar Fragen ausgelöst: Zur thematischen Vertiefungen wollten wir daher, den durch eine Interpellation von Christof Hiltmann ausgelösten Bericht zur Nutzungsentwicklung der Hafenareale einsehen, um uns mit der Materie näher vertraut zu machen. Wir bezogen uns dabei auf den regierungsrätlichen Auftrag in der Beantwortung der Interpellation von Christof Hiltmann: »Die Schweizerischen Rheinhäfen sind beauftragt, alle 5 Jahre einen Standbericht zur Nutzungsentwicklung der Hafenareale an die Regierungen der Vertragskantone zu verfassen, erstmals zusammen mit dem Jahresbericht 2012.« Gemäss Auskunft der Landeskanzlei ist diese Übung aber offensichtlich sang- und klanglos abgebrochen, respektive der Auftrag ist von der SRH uminterpretiert worden. D.h. dem Regierungsratsbeschluss von 2012 ist nicht Folge geleistet worden. Damit fehlen uns wichtige Unterlagen, um ein aktualisiertes Gesamtbild zu erhalten. Die Antwort zeigt aber den ziemlich nonchalanten Umgang der SRH mit regierungsrätlichen Auflagen. Wenn’s nicht passt wird die Übung eigenmächtig abgebrochen. Die Regierung nimmt solches Gebaren offensichtlich klaglos zur Kenntnis.
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Auskunft von der Landeskanzlei/Volkswirtschaftsdirektion:
In der von Ihnen genannten Interpellation hat der Regierungsrat die Absicht geäussert, im Hafen Birsfelden und im Auhafen Muttenz die Flächen zu optimieren. Dieses Ziel wurde in den vergangenen Jahren verfolgt und mündete im Zielbild Hafen Birsfelden 2040+. Die diesbezüglichen Arbeiten werden nun vertieft und weiter konkretisiert. Zusätzliche Informationen finden sich auf der Website Südport.
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Die Rahmenbedingungen für einen Standbericht zur Nutzungsentwicklung der Hafenareale haben sich seit der Interpellation kontinuierlich verändert, weshalb die SRH auf diesen Bericht verzichtet hat. Die Berichterstattung erfolgt an den Eigentümergesprächen via Umsetzungsstand der Eigentümerstrategie, über den Beteiligungsbericht sowie über die Jahresberichterstattung der SRH.
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Fazit: Die Regierung foutiert sich um ihre Verpflichtungen und lässt die SRH weiterwursteln.