Bernard Haisch ist ein weiteres hoffnungsvolles Zeichen für die Welt, dass auch Quantenphysiker und Kosmologen wieder über Gott sprechen, schreibt Ervin László, der ungarische Wissensschaftsphilosoph, Systemtheoretiker und Begründer des Club of Budapest.
Recht hat er, denn was der Astrophysiker Bernard Haisch, langjähriger Herausgeber des angesehenen “Astrophysical Journal”, in seinem Buch “Die verborgene Intelligenz im Universum” ausführt, hat revolutionären Charakter. Ausgehend von den Erkenntnissen der Quantenphysik, deren Konsequenzen für unser Weltbild in der breiten Öffentlichkeit immer noch nicht angekommen sind, und den neuesten Erkenntnissen der Astrophysiker postuliert Haisch die Existenz eines unfassbar intelligenten göttlichen Bewusstseins, das hinter der materiellen Schöpfung steht. Mindestens zehn grundlegende Eigenschaften des Universums, die zusammengenommen genau die richtigen Werte haben, müssen zusammenspielen, damit überhaupt Leben entstehen kann. Ein Beispiel:
Wäre die Gesamtdichte der Materie im Universum ganz am Anfang höher oder niedriger gewesen, als sie es tatsächlich war — auch nur um einen absolut verschwindend geringen Prozentsatz — hätten wir entweder ein lebloses Universum mit schwarzen Löchern statt Sternen, oder das Universum wäre lediglich von einem schwachen Gas erfüllt statt von Sternen und Planeten. Bei einem Unterschied von einem Millionstel eines Millionstelprozents in der einen oder anderen Richtung zum Zeitpunkt der Urknalls wäre das Universum so oder so dem Untergang geweiht gewesen.
Ausgehend von solchen Entdeckungen und der Feststellung von Quantenphysikern, dass das Universum letztlich immaterieller Natur sei, machte sich Haisch auf die Suche nach Gottesbildern, die nicht im Gegensatz zu diesen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehen, und fand sie in der sog. “philosophia perennis”, ein Ausdruck für die alle Religionen übergreifende Weisheitslehren.
Hier ein Auszug aus seinen Überlegungen:
Die ewige Philosophie bietet eine tiefgründige spirituelle Deutung, die auf einem über alle Zeiten hinweg erworbenen intuitiven Wissen basiert. Sie besagt sehr dezidiert, dass unser Wesen mit dem Gottes identisch und das Universum das Resultat von und daher letztendlich auch reduzierbar auf Bewusstsein ist. Unklar bleibt meines Wissens einzige die Frage nach dem Warum. Warum sollte eine solche Schöpfung stattfinden? Welchem Sinn und Zweck dient sie?
Praktisch alle Religionen betrachten den Menschen und andere Lebewesen als getrennt von Gott. Auf die Frage, warum Gott so etwas tun sollte — ein Universum erschaffen, in dem von Gott getrennte Lebensformen entstehen — lautet die Erklärung häufig sinngemäss, Gott habe sich Wesen gewünscht, die er lieben könne. Dies wird uns als wunderbares Anzeichen für einen wohlwollenden Gott angepriesen, der es darauf abgesehen hat, uns zu lieben — oder zumindest diejenigen, die spuren und ihn nicht verärgern oder Schlimmeres anstellen.
Ich glaube, die Erklärung ist einfacher: Gottes Bewusstsein will sich erfahren, indem es sich ausdrückt. Gott möchte sein Potential umsetzen. Aus der ewigen Philosophie wissen wir bereits, dass unser Wesen dasselbe ist wie das Gottes. Dies hat zur Folge, dass jeder Mensch im Wortsinne eine Inkarnation Gottes ist, die sein Potenzial erlebt. Gott will nicht unser irdischer Kumpel sein, er ist wir und wir sind er. Offensichtlich aber sind wir Gott in sehr begrenzter Weise …
Die spirituelle Kreatur, die einen Körper braucht, ist Gott. Die spirituelle Kreatur, die in einem Körper lebt, sind wir. Gott erfährt sein Potenzial durch uns und durch alle anderen Kreaturen im Universum, selbstverständlich einschliesslich von Tieren, wie etwa meiner liebenswürdigen, aber nicht sehr aufregenden Schildkröte Popo. Gottes Bewusstsein wohnt jeder Kreatur inne und erfährt sie daher, und zwar deshalb, weil Brahman und Atman eines Wesens sind.
Der Kabbala-Gelehrte Daniel Matt schreibt:
Indem er sich durch die Raumzeit hindurch entwickelt, indem er sich in die komplexe Vielfalt des Daseins begibt, wächst und lernt Gott unendlich und entdeckt Wahrnehmung durch jeden einzelnen Menschen — Gottes zahllose unnachahmliche Selbste … In unserem kosmischen Versteckspiel verbirgt sich Gott in jedem Menschen, in der gesamten Schöpfung und in der gesamten Raumzeit … Gott ist verkleidet als Welt, und Sinn und Zweck des Schöpfungsspiels ist die Entdeckung des Göttlichen, die Erforschung der Grenzen dessen, was wir sind, die Verwirklichung von Gottes Selbstwahrnehmung. Unser Bewusstsein ist das Universum, das sich seiner gewahr wird. Gott, der sich Seiner gewahr wird. … Ohne uns ist Gott unvollständig. Die göttlichen Funken bleiben verborgen, das göttliche Potenzial wird nicht verwirklicht. (God and the Big Bang).
Mit seinem Buch reiht sich Haisch in die Reihe illustrer naturwissenschaftlicher Vorgänger ein, die schon vor längerer Zeit aufzuzeigen versuchten, dass unser plattes materialistisches Weltbild grundlegend revidiert werden müsste. Erwähnt seien z.B. Nobelpreisträger Sir John Eccles mit “Das Ich und sein Gehirn” oder Fritjof Capra mit “Das Tao der Physik”, — auch heute immer noch lesenswert.
Wer also wieder einmal das grosse Staunen über die unfassbare Eleganz und Grösse des Universums erleben möchte, das wir manchmal als Kinder im Anblick des Sternenhimmels hatten, greife zu diesem Buch!
Bernard Haisch, Die verborgene Intelligenz im Universum, Crotona Verlag 2018
Preis je nach Anbieter zwischen Fr. 23.90 und 29.90, Kindle e‑book € 17.90, e‑book bei bücher.de € 14.99
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