Ein weit­er­er Vorschlag Fromms für eine zukün­ftige wahrhaft humane Gesellschaft trägt erneut anar­chis­tis­che Züge:
Die aktive Mitbes­tim­mung im poli­tis­chen Leben erfordert max­i­male Dezen­tral­isierung von Wirtschaft und Poli­tik.
Auf­grund der imma­nen­ten Logik des heuti­gen Kap­i­tal­is­mus wer­den sowohl die Indus­triekonz­erne als auch die Regierun­gen immer größer und blähen sich schließlich zu gewalti­gen bürokratis­chen Appa­rat­en auf, die zen­tral­is­tisch von oben regiert wer­den. Eine der Voraus­set­zun­gen ein­er human­is­tis­chen Gesellschaft beste­ht darin, diesen Prozess der Zen­tral­isierung zu stop­pen und eine umfassende Dezen­tral­isierung einzuleit­en.

Man ist im ersten Moment ver­sucht, an Elon Musk mit seinem “Depart­ment of Gov­ern­ment of Eff­i­cen­cy DOGE” zu denken, der den radikalen Kahlschlag der bürokratis­chen Appa­rate in den USA propagiert, — bis man real­isiert, dass es nach Fromm selb­stver­ständlich nicht um die Zer­störung mit unab­se­hbaren Fol­gen für die Bevölkerung gehen kann, son­dern um die Dezen­tral­isierung, ver­bun­den mit mehr Gestal­tungs­frei­heit. Ob das in jedem Fall Sinn macht, ist allerd­ings eine andere Frage …

Die grosse Gefahr, die Fromm bei einem Über­hand­nehmen staatlich­er Bürokratie sieht, liege darin, dass sie pas­sive Bürg­erin­nen und Bürg­er her­vor­bringe, die “zu Schafen wer­den” und “die Fähigkeit zum kri­tis­chen Denken ver­lieren, sich ohn­mächtig fühlen … und sich zwangsläu­fig nach einem starken Mann sehnen”.

Auch hier kön­nte man als per­fek­te Illus­tra­tion die Wahl von Don­ald Trump anführen:
Von ein­er über­bor­den­den Bürokratie gen­ervte und gegän­gelte, zur Pas­siv­ität ver­dammte Bürg­erin­nen und Bürg­er wählen den “starken Mann”, der zusam­men mit Musk den bürokratis­chen Appa­rat wie Milei in Argen­tinien “mit der Ket­ten­säge” zer­legt und damit der wahren Frei­heit wieder den Weg bah­nt.
Oder man kön­nte auf das Jam­mern über die aufge­blähte Brüs­sel­er Bürokratie ver­weisen, das ins­beson­dere rechts­gerichtete poli­tis­che Kreise mit Inbrun­st zele­bri­eren. Das Schreck­ge­spenst der “frem­den Richter” in Brüs­sel malt bei uns die SVP unabläs­sig an die Wand.

Abge­se­hen davon, dass “die alles kon­trol­lieren­den Bürokrat­en in Brüs­sel” zum grössten Teil ein Hirnge­spinst in den Köpfen besagter Kreise sind, greift auch diese Sicht viel zu kurz. Die amerikanis­che Jour­nal­istin Kather­ine Stew­art zeigt in ihrem Buch “Mon­ey, Lies and God”, das ger­ade im birsfaelder.li besprochen wird, dass die Gründe, die dem­nächst wohl zum Zusam­men­bruch der amerikanis­chen Demokratie führen wer­den, sehr viel kom­plex­er sind.

Erich Fromm hält weit­er fest:
Die Regierungsauf­gaben soll­ten nicht den Staat­en – die selb­st riesige Kon­glom­er­ate darstellen – son­dern rel­a­tiv kleinen Ver­wal­tungs­bezirken über­tra­gen wer­den, wo die Men­schen einan­der ken­nen und entsprechend beurteilen kön­nen und wo sie deshalb aktiv an der Lösung ihrer eige­nen regionalen Prob­leme mitwirken kön­nen.

In der Schweiz sind die rechtlichen Grund­la­gen für eine solche Mitar­beit “von unten” eigentlich alle vorhan­den. Sie müssten nur ver­mehrt in Anspruch und dank inten­siver­er Beteili­gung bre­it­er Bevölkerungss­chicht­en noch mehr mit Leben erfüllt wer­den.

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