Der drit­te Punkt der Wesens­merk­ma­le einer neu­en Gesell­schaft ist — lei­der — genau­so weit ent­fernt von der Rea­li­sie­rung in einer nahen Zukunft:
Um eine am Sein ori­en­tier­te Gesell­schaft auf­zu­bau­en, müs­sen alle ihre Mit­glie­der sowohl ihre öko­no­mi­schen als auch ihre poli­ti­schen Funk­tio­nen aktiv wahr­neh­men.
Das heißt, dass wir uns von der Exis­ten­z­wei­se des Habens nur befrei­en kön­nen, wenn es gelingt, die indus­tri­el­le und poli­ti­sche Mit­be­stim­mungs­de­mo­kra­tie (par­ti­ci­pa­to­ry demo­cra­cy) voll zu ver­wirk­li­chen. Die­se Über­zeu­gung wird von den meis­ten radi­ka­len Huma­nis­ten ver­tre­ten.

Indus­tri­el­le Demo­kra­tie bedeu­tet, dass jeder Ange­hö­ri­ge einer gros­sen indus­tri­el­len oder sons­ti­gen Orga­ni­sa­ti­on eine akti­ve Rol­le im Leben die­ser Orga­ni­sa­ti­on spielt; dass er umfas­send infor­miert ist und am Ent­schei­dungs­pro­zess teil­nimmt.
Das ein­zi­ge Bei­spiel, das dem birsfaelder.li-Schreiberling dazu ein­fällt, waren die anar­chis­tisch geführ­ten Unter­neh­men in Spa­ni­en, bevor Fran­co dort die Macht über­nahm. Aber heu­te, z.B. in den rie­si­gen phar­ma­zeu­ti­schen Kon­zer­nen, den Ban­ken­gi­gan­ten oder bei mul­ti­na­tio­na­len Play­ern wie Nest­lé?

Wich­tig ist, dass Arbei­ter und Ange­stell­te sich selbst ver­tre­ten und nicht durch Gewerk­schafts­ver­tre­ter von aus­ser­halb des Unter­neh­mens in den ein­zel­nen Mit­be­stim­mungs­gre­mi­en reprä­sen­tiert wer­den.
Erin­nert an die Sowjets in Russ­land, bevor sie durch die Bol­sche­wi­ki liqui­diert wur­den, die anschlies­send die Pseudo-“Sowjetunion” — den real exis­tie­ren­den Sozia­lis­mus — schu­fen.

Indus­tri­el­le Demo­kra­tie bedeu­tet wei­ter, dass das ein­zel­ne Unter­neh­men nicht nur als öko­no­mi­sche und tech­ni­sche, son­dern auch als sozia­le Insti­tu­ti­on begrif­fen wird, an deren Leben und Funk­ti­ons­wei­se sich jedes Mit­glied aktiv betei­ligt und an der es auch inter­es­siert ist.
Auch die­se For­de­rung ist eng ver­bun­den mit der Exis­tenz von frei­en, selb­stän­di­gen Indi­vi­du­en, wel­che die vol­le Ver­ant­wor­tung für ihr Leben und die Gemein­schaft zu über­neh­men bereit sind. Erneut kommt dem birsfaelder.li-Schreiberling das spa­ni­sche anar­chis­ti­sche Expe­ri­ment in den Sinn, wo sol­che Gemein­schaf­ten inner­halb kür­zes­ter Zeit öko­no­misch auf­blüh­ten.

Die glei­chen Prin­zi­pi­en gel­ten für die Ver­wirk­li­chung der poli­ti­schen Demo­kra­tie. Die Demo­kra­tie kann der Bedro­hung durch auto­ri­tä­re Gesell­schaf­ten, wenn sie sich von einer pas­si­ven “Zuschau­er­de­mo­kra­tie” zu einer akti­ven “Mit­be­stim­mungs­de­mo­kra­tie” wan­delt, in der die Belan­ge der Gemein­schaft für den Ein­zel­nen eben­so wich­tig sind wie die eige­nen Ange­le­gen­hei­ten oder, noch bes­ser, in der das Gemein­wohl von jedem Bür­ger als sein urei­gens­tes Anlie­gen ange­se­hen wird.
Dass die Bedro­hung durch auto­ri­tä­re Gesell­schaf­ten — bes­ser viel­leicht: Macht­struk­tu­ren — sich heu­te rasant ver­stärkt, ist für jede wache Zeit­ge­nos­sin und jeden wachen Zeit­ge­nos­sen schon seit län­ge­rem offen­sicht­lich.
Wir haben in der Schweiz das gros­se Pri­vi­leg, in einer direk­ten Demo­kra­tie leben zu dür­fen. Aber — Hand aufs Herz! — wie steht es mit dem Gemein­wohl als unse­rem urei­gens­tem Anlie­gen?

Dazu mehr in der nächs­ten Fol­ge am kom­men­den Sams­tag, den 21. Febru­ar.

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