Manche finden etwas fesselnd und andere nicht und umgekehrt, in der Literatur, sowie in der bildenden Kunst. Das ist auch gut so, und sicher kein Grund auf zwei oder mehr Meter auf Distanz zu gehen.
Ich habe die Choleraliebe von Marquez erneut und enttäuscht aufgegeben. Die ersten 50 Seiten habe ich nochmal diagonal gelesen um die Erinnerung zu aktivieren. Anschliessend habe ich nochmals ca 50 Seiten zugelegt. Ich hatte eine literarische Auseinandersetzung mit einer Pandemie erwartet, und treffe letztlich auf eine platonische Liebesgeschichte. Wer’s noch genau lesen will: Link am Ende des Beitrags.
Spätestens seit Shakespeares Romeo & Julia, wissen wir, dass der gesellschaftliche Stand verpflichtet, Adel und/oder Geld, dass man sich nicht einfach über den Hag verlieben und heiraten kann. Darum geht es in Liebe zu Zeiten der Cholera. Der Titel des deutschen Verlegers ist irreführend, und in der heutigen Situation reisserisch. Das spanische Wort colera hätte man mit Wut übersetzen können, das käme dem Inhalt näher. Das ist keine Beurteilung des Textes, sondern eine Verurteilung des Buchtitels des deutschen Verlegers, der aktuell falsche Erwartungen weckt.
Ganz aktuell zum Thema; die Romanze zwischen einem englischen Prinzen und einer B‑Film-Schauspielerin, die kürzlich nach Kanada ausgewandert wurden, auch wenn dies der Boulevard genüsslich anders darstellt. Die beiden gehen gewiss nicht freiwillig und verzichten auf ihre Apanage.
Geht doch nicht an, dass eine angeheiratete „Prinzessin“ von Übersee eigenhändig die hintere Autotüre einer royalen Limousine schliesst, während der dafür angeheuerte Lakai untätig daneben steht und seinen „Arbeitsplatz“ gefährdet sieht.
Bestseller hin oder her. Grundsätzlich: Verleger und Buchhändler sind nicht daran interessiert, ob Bücher gelesen werden, sie wollen Bücher verkaufen. Dh.: Ein Bestseller muss nicht unbedingt ein gutes Buch sein, da half, oder helfen Literatur*päpstinnen wie Reich-Ranitzki oder Elke Heidenreich kräftig mit und manchmal werde ich den Verdacht nicht los, dass Verlage da auch mithelfen, nicht nur mit dem Gratis-Lese-Voraus-Exmplar, einen Monat vor Erscheinen des Titels. Das Leseexemplar bekommen auch die Literaturkardinäle und Literaturbischöfe.
Kaufen sollen’s die Pfarrer, die Messdiener und Kirchgänger. Darauf kommt’s an.
Hand aufs Herz: Wer hat Ulysses von James Joice ausgelesen? Wer Robert Musils Mann ohne Eigenschaften? Wer Boris Pasternaks Dr. Schiwago? Die Reihe lässt sich fortsetzen.
2016 wurde unter den Kultur- und Gesellschaftsredaktor*innen von CH Media eine Umfrage nach ungelesenen Büchern durchgeführt.
Hier deren Bestsellerliste der ungelesenen Bücher:
1 James Joyce, Ulysses
2 Gottfried Keller, Der grüne Heinrich
3 Robert Musil, der Mann ohne Eigenschaften
4 Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
5 Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre
6 Thomas Mann, Der Zauberberg
7 Gabriel G. Marquez, Hundert Jahre Einsamkeit
8 Dante, Die göttliche Komödie
9 Goethe, Faust II
10 Karl Marx, Das Kapital
Weisheit
Klassiker sind nämlich die Bücher, von denen man sagt, man lese sie gerade wieder einmal,
und nie, man lese sie endlich einmal.
Italo Calvino
Nachtrag für uns Baselbieter:
Wer hat den Olympischen Frühling gelesen? Das Hauptwerk des einzigen Schweizer Literatur Nobelpreisträgers, des Liestalers Carl Spitteler, dessen 200. Geburtstag letztes Jahr teuer und spendierfreudig gefeiert wurde?
Hand aufs Herz!
Hier finden Interessierte alle in dieser Rubrik bereits erschienenen Beiträge.