Hätte das Land Schweiz nicht das Kreuz im roten Feld, müssten die Stimmbürger ein Wappentier auswählen, die Heraldiker würden uns ohne Zweifel einen Vogel vorschlagen: Den Globi.
Ausländer haben wohl den Eindruck, Globi hätte etwas mit global zu tun. Irrtum, den Vogel haben nur Schweizer. Was den Globi natürlich nicht daran hinderte sich weltweit unter Ausländern umzusehen und deren Verhaltensweisen und Kultur beschränkt zu kommentieren, wie das Menschen, die rundum von Grenzen und Bergen umgeben sind, eben mit ihrem beschränkten Horizont so tun.
Globi schlüpfte 1932 als Werbevogel für das gleichnamige Warenhaus aus dem Ei. Seit 1935 erschienen regelmässig die Vogelabenteuer als Buch, Auflagen zwischen 40.000 und 100.000 Exemplaren. Einzelne Titel wurden offenbar überarbeitet, wie “Jim Knopf und der Lokomotivführer”. Ich habe die einzelnen Neuauflagen nicht verglichen. Jedenfalls haben alle Schweizer*innen (zwischen 1945 und 1975 geborenen) diesen Schwachsinn gelesen. Ich erinnere mich, immer wenn ich wegen Krankheit (Keuchhusten/Masern/Mumps) nicht zur Schule durfte, gab’s zum Trost ein Globi-Buch.
Zur Erinnerung ein paar exemplarische Bilder mit den dazugehörigen Texten:
Denn drei fürchterliche Wilde
Lauern feindlich im Gefilde:
Jeder ist ein Kanibal,
Späher aus dem Neger-Kral.
Eine Pauke wird geschlagen. -
„Auf zum Kampf“ will dies besagen.
Globi, mach dich schnell davon,
Denn die Krieger warten schon
oder hier:
Und auch hier im Urwaldleben
Wird das Jungvolk mich umgeben;
Alle lieben Negerlein
Sollen mir willkommen sein.
und hier:
Thronend auf geschnitzten Klötzen,
Spielt er nun den Obergötzen,
Was den Häuptling unbedingt
Völlig aus der Fassung bringt.
„Globi, ruft der Mohr im Wahne,
Unser Schutzgeist ist dein Ahne. -
Herrsche denn, du edler Spross,
Über meinen Kriegertross!“
Aber auch auf der arabischen Halbinsel hat sich Der schräge Vogel herumgetrieben:
Überwältigt von den Braunen,
Die geheime Worte raunen,
Tut nun Globi mit Verdruss
Notgedrungen, was er muss.
Die verruchten Beduinen,
Welche nach und nach erschienen,
Raten jetzt in Wut und Groll,
Wie man Globi töten soll.
Und an anderer Stelle wird über kulturelle Bräuche und Riten gespottet;
Ernsthaft pflegen diese Leute
Manchen alten Brauch noch heute.
Ja, vor ihrem Gotteshaus
Ziehn sie gar die Schuhe aus.
Auch in Amerika, ich erspare den Lesern hier Texte und Bilder ausser einer versöhnlichen, weil wertfreien Zeichnung aus New York. Man kann hier kurz den Eindruck haben, dass der Globi aus der Schweiz an Multi-Kulti Gefallen findet.
In New Yorks belebten Gassen
Sieht man Menschen aller Rassen.
Weil’s in einer Hafenstadt
Schiffe aller Länder hat.
Wenn heute Grossverteiler ihre Kassenregale mit Schleckzeug, die dort bewusst als Kinderfallen platziert sind, nach möglichen rassistischen Produkten durchkämmen, löst das eine schweizweite Rassismus-Diskussion aus. Dass aber Generationen im ersten Lesealter mit dem oben beschriebenen Schutt und Geröll indoktriniert wurden, spielt keine Rolle.
Heutzutage tröstet man kranke Kinder auch nicht mehr mit einem Buch, nein, sie werden in eine Wolldecke eingewickelt, aufs Sofa gelegt und der Fernseher wird angeworfen. Oh sorry, der Kugelgrill wird neuerdings angeworfen, der Fernseher wird nach wie vor eingeschaltet.
Und ein süsses Dessert zum Artikel:
Und wer’s noch genauer lesen und wissen will, Buchtip:
Das Gift der frühen Jahre, Rassismus in der Jugendliteratur
Hersg. Regula Renschler / Roy Preiswerk, 342 Seiten, LenoZ 1981
Christoph Meury
Jun 19, 2020
Wenn die Migros und andere Grossverteiler meinen mit dem Entfernen der Mohrenköpfe aus ihren Regalen hätten sie das Rassismusproblem in der Schweiz gelöst, dann versimpeln sie die Rassismusproblematik in der Schweiz und verhindern einen ernsthaften Diskurs.
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Auch wenn Globi mit seinen rassistischen Doofgeschichten verschwinden würde, wäre dies beileibe kein Beitrag gegen den täglich stattfindenden Rassismus. Da muss Frau & Herr Schweizer schon ein bisschen mehr tun, tiefer schürfen, genauer beobachten.
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Auch in der Schweiz gibt es Rassismus, täglich. Auch die Schweiz hat eine koloniale Vergangenheit, auch Basel. Auch in der Schweiz gibt es Polizeigewalt.
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Empfehlenswert: https://www.republik.ch/2020/06/19/rassismus-in-der-schweiz-die-fakten
ueli kaufmann
Jun 19, 2020
Daniel Defoe, der die Tagebücher des Matrosen Selfkirk literarisch ausschlachtete und der als Robinson dem Kanibalen den neuen Namen Freitag gab, ihm die englische Sprache beibrachte und ihn zum Christentum bekehrte,
Harriet B. Stowe, die uns in Onkel Toms Hütte führte und zeigen wollte, das Sklaven auch Menschen sind,
Auch bei Karl Mai stirbt Winnetou als Christ,
Was Mark Twain an Nebensätzen über den Nigger Jim und den Indianer Joe hinterlässt, ist nicht über jeden Verdacht erhaben.
Darum geht es. Nicht darum, ob es wegen einem klebrigen Kinderschleckzeug zu Rassismus kommt, sondern wegen dem, was gemeinhin als Weltliteratur fungiert und Leser dem Rassismus geneigt macht.
Nicht, dass ich die Globi-Dichter Alfred Bruggmann, Jakob Stäheli, Guido Strebel (habe ich einen vergessen?) auf das Niveau der oben genannten Autoren heben will. Mit Literatur haben diese nichts gemein, sondern mit Gift.
Anzumerken ist noch, dass Robinson, Onkel Tom, Winnetou und Tom Sawyer nicht als Kinder- oder Jugendbücher gedacht und geschrieben wurden im Gegensatz zu den Globi-Büchern.
Christoph Meury
Jun 20, 2020
Sandro Protz versucht sich im Rahmen der Arena dem Thema Rassismus anzunähern. Sein Scheitern in der ersten TV-Runde wahr symptomatisch. Protz aber war lernfähig, hat gesehen, dass er nicht über Rassismus ohne TeilnehmerInnen mit Migrationshintergrund, im Speziellen mit People of Colour, reden kann. Es war klar, dass er People of Colour zu Wort kommen lassen muss. Sie sind die Spezialisten und können den Alltagsrassismus in der Schweiz authentisch erläutern und zeigen wo sich Rassismus und Racial Profiling manifestiert. Auch wenn die Sendung noch etwas holprig daherkommt, zeigt die aktuelle Ausgabe, dass man über Rassismus konstruktiv reden kann und die TeilnehmerInnen der 2. Ausgabe engagiert und profiliert Vorschläge einbringen, wie die Vorurteile längerfristig überwunden werden könnten.
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Es ist offensichtlich und nicht von der Hand zu weisen, die Schweiz von heute ist nicht mehr die Schweiz von gestern. Menschen unterschiedlicher Herkunft sind Teil der Schweiz. Auch wenn die SRF-Direktorin Nathalie Wappler herumlaviert und behauptet das Thema auf dem Radar zu haben: Das Schweizer Fernsehen hat bezüglich der Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund ein grosses und evidentes Problem. Noch gibt es kaum JournalistInnen, ModeratorInnen, AbteilungsleiterInnen mit Migrationshintergrund. People of Colour sind im Schweizer Fernsehen eine Ausnahmeerscheinung und ihre Bildschirmpräsenz noch weit weg von einer repräsentativen Norm.
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Wer wissen will was es bedeutet in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiss zu sein, sollte von Reni Eddo-Lodge «Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche« lesen. Er/sie wird dabei viel über Rassismus, Kolonialismus, über Ungleichbehandlung und systemische Fehlentwicklungen und Diskriminierung erfahren. Reni Eddo-Lodge ist Journalistin, in London geboren und weiss als People of Colour wovon sie redet. Eindrücklich, sehr eindrücklich!
Diego Persenico
Jun 19, 2020
Jetzt muss auch Globi gehen.……?
Aber wohin?
annacarla
Jun 19, 2020
Vogelwarte Sempach
Diego Persenico
Jun 20, 2020
OK, immerhin darf Globi in der Schweiz bleiben.
Itanayama
Jun 20, 2020
Ha ha!!!!