Rede von Peter Schmid, Liestal (e. Regierungsrat, Bürg­er und langjähriger Ein­wohn­er von Mut­tenz) an der Buch-Vernissage vom 4. April 2025 im Birs­felder Muse­um für die am Buch beteiligten Per­so­n­en.

Liebe Vernissage Besucherin­nen und Besuch­er

Auf der Ein­ladung ste­ht ein weg­weisender Satz: „Reden möglichst kurz und knapp, damit noch etwas Zeit für den Apéro bleibt!“
Ich komme deshalb gle­ich zum Schluss!

Meine Schluss­be­merkun­gen gliedere ich in sechs Teile. Drei ste­hen in meinem Beitrag im Buch, drei trage ich neu vor:
1. Dumm gelaufen
2. San­tik­laus und Meitlibei
3. Ungle­iche Gle­iche
4. Heim­lich­er Ehren­bürg­er
5. Lehrerz­im­mer als Warte­saal
6. Überzeugter Prov­in­zler

1. Dumm gelaufen
Ich wurde als Mut­ten­z­er gefragt, einen Beitrag zu schreiben und hier eine kurze Rede zu hal­ten. Dumm nur, dass ich zwis­chen Auf­trag und Erledi­gung weg von Mut­tenz nach Liestal zog. Ja gut: ich war ja auch während viel­er Jahre, ein­er von jenen „die in Liesch­tel obe“ …
Mut­ten­z­er ste­hen vor ein­er schwieri­gen Lage: wie viel Freude dür­fen sie am Birs­felder Jubiläum zeigen? Müssen wir Birs­felden nach­trauern? Allzu viel Freude an der Tren­nung wäre auch nicht passend.
In Tat und Wahrheit wis­sen die meis­ten Ein­wohner­in­nen und Ein­wohn­er von Mut­tenz schlicht nicht, dass Birs­felden einst zu „uns“ gehörte.

2. San­tik­laus und Meitlibei
Mit den Grossel­tern reis­ten mein Brud­er und ich oft mit dem Tram nach Birs­felden und spazierten ins Restau­rant Wald­haus. Gele­gentlich fuhren wir mit dem Schiff dort hin.
Im Hard­wald stand eine Block­hütte. Mir wurde erzählt, dass der San­tik­laus in diesem Holzhaus wohnen würde. Das liess jew­eils den Puls ansteigen. Er war aber zufäl­lig nie zu Hause.
Im Wald­haus gab es den üblichen Sirup und ein Gebäck, das uns Buben gross­es Vergnü­gen bere­it­ete: „Meitlibei“ — heute heisst dieses Gebäck ganz kor­rekt „Glücks­bringer“. Es soll an ein Hufweisen erin­nern, was es aber nicht wirk­lich tut, eher an eine Agraffe, einen Hak­en.

3. Ungle­iche Gle­iche
In Birs­felden gab es hin­tere­inan­der zwei Gemein­de­v­er­wal­ter, die bei­de erst Lan­dräte, dann Nation­al­räte waren. Rudolf Gabriel Scheibler von der FDP; dann Fritz Wald­ner von der SP. Rudolf Scheibler war der Gross­vater mein­er Ehep­art­ner­in Mag­dalen Schmid-Scheibler. Der Sohn von Fritz Wald­ner ; Peter Wald­ner heiratete eben­falls eine Scheibler-Tochter.
Meine Frau hat weit mehr Beziehun­gen zu Birs­felden als ich. Auch ihre anderen Grossel­tern (Fam­i­lie Schaub) wohn­ten in Birs­felden.
So neben­bei: meine Frau und ich beschlossen an einem nicht unglaublich roman­tis­chen Ort zu heirat­en. Der Entscheid fiel auf dem Auto­bahn­brück­lein Mut­tenz — Birs­felden!

4. Heim­lich­er Ehren­bürg­er
Heim­lich­er Ehren­bürg­er von Birs­felden ist der Filmemach­er Oswald Kolle. Sein leg­endär­er Aufk­lärungs­film „Das Wun­der der Liebe“ fiel in Basel-Stadt unter die gestrenge Zen­sur. Er durfte jedoch im Basel­bi­et gezeigt wer­den: im Kino Roxy in Birs­felden. Sel­ten strömten so viele Stadt-Basler über die Kan­ton­s­gren­ze. Ganz so aufre­gend war der Film dann doch nicht. Die NZZ berichtete damals, dass an den entschei­den­den Stellen im Film jew­eils die Nacht­tis­chlam­p­en gelöscht wur­den.
Den­noch inter­ve­nierte Lan­drat Hans Ruesch, SP, Mut­tenz im Kan­ton­spar­la­ment gegen den sit­ten­ver­ro­hen­den Streifen auf sauberem Basel­bi­eter Boden.

5. Lehrerz­im­mer als Warte­saal
1988 disku­tierte die SP BL nach dem Rück­tritt von Paul Nyf­fel­er FDP inten­siv über die mögliche Teil­nahme an der Ersatzwahl für den Regierungsrat. Einziger Kan­di­dat damals inner­halb der SP war ich. Die Debat­te ging lange und wurde kon­tro­vers geführt. Der mögliche Kan­di­dat war offen­bar weniger umstrit­ten, es ging um den Grund­satzentscheid. Mag­dalen und ich sassen während der Debat­te im soge­nan­nten „Aus­stand“ im Lehrerz­im­mer des Kirch­matt-Schul­haus­es — gefühlt end­los und spiel­ten Karten. Der leg­endäre Fotograf Kurt Wyss machte davon schöne Bilder, die in der BaZ veröf­fentlicht wur­den. Der Rest der Geschichte ist bekan­nt.

Das alles sind kleine Geschicht­en, die das Leben (in Birs­felden) schrieb. Schön, dass das Buch Team dafür sorgte, dass sie nun aufgeschrieben sind und erzählt wer­den kön­nen. Das ist alles ganz im Sinne von Ger­hard Meier, dem wun­der­baren Dichter aus Nieder­bipp. Meier sagte in den „Amrein­er Gesprächen“ mit Wal­ter Mor­lang:

„Was im Dorf geschieht, geschieht in der Welt, und was in der Welt geschieht, geschieht im Dorf. Im Prinzip. Einzig das Aus­mass ist nicht ganz das­selbe. Darum bin ich ein überzeugter Prov­in­zler, und ich glaube, dass man nur Welt­bürg­er wird über den Prov­in­zler. Man muss den Dienst­weg ein­hal­ten: erst Prov­in­zler, dann Welt­bürg­er.“

Aus meiner Fotoküche 195
Umarmt

Deine Meinung