Heu­te ste­hen sich in der Fra­ge, was Bewusst­sein ist, zwei Posi­tio­nen dia­me­tral gegenüber:
die Ver­tre­ter eines mate­ria­lis­ti­schen Welt­bil­des — zu denen die gros­se Mehr­zahl der Gehirn­for­scher und Neu­ro­bio­lo­gen zählt — betrach­ten das mensch­li­che Bewusst­sein als ein Epi­phä­no­men unse­rer Gehirn­tä­tig­keit, sozu­sa­gen “die Frucht” von hoch­kom­ple­xen Pro­zes­sen, die in unse­rem Gehirn ablau­fen. Bei unse­rem Tod Wie du dir deine Leuchtkraft zurückeroberst — Kathrin Schmidterlischt die Tätig­keit des Gehirns und damit auch unser Bewusst­sein. Was ein­mal ein “Ich” war, ver­sinkt im Nichts.
die Ver­tre­ter eines spi­ri­tu­el­len Welt­bil­des sehen im Bewusst­sein den Urgrund allen Seins — und dazu gehö­ren auch die mate­ri­el­len Wel­ten. Müs­sig zu erwäh­nen, dass alle Reli­gio­nen in die­sem Welt­bild wur­zeln. Aus die­ser Sicht hat unser Gehirn bild­lich gespro­chen die Funk­ti­on eines Radio­emp­fän­gers, der in der Lage ist, bestimm­te Fre­quen­zen zu emp­fan­gen — und vie­le ande­re eben nicht. Das Gehirn pro­du­ziert also das Bewusst­sein nicht, son­dern arbei­tet als “Fre­quen­zen-Fil­ter”.

Es erstaunt nicht, dass Hux­ley ein dezi­dier­ter Anhän­ger der zwei­ten Sicht war, und sei­ne Erfah­run­gen mit Mes­ka­lin bestärk­ten ihn darin:
Jeder Mensch ist in jedem Augen­blick fähig, sich all des­sen zu erin­nern, was ihm je wider­fah­ren ist, und alles wahr­zu­neh­men, was irgend­wo im Uni­ver­sum geschieht. Es ist Auf­ga­be des Gehirns und des Ner­ven­sys­tems, uns davor zu schüt­zen, von die­ser Men­ge größ­ten­teils unnüt­zen und belang­lo­sen Wis­sens über­wäl­tigt und ver­wirrt zu wer­den, und sie erfül­len die­se Auf­ga­be, indem sie den größ­ten Teil der Infor­ma­tio­nen, die wir in jedem Augen­blick auf­neh­men oder an die wir uns erin­nern wür­den, aus­schlie­ßen und nur die sehr klei­ne und sorg­fäl­ti­ge getrof­fe­ne Aus­wahl übrig­las­sen, die wahr­schein­lich von prak­ti­schem Nut­zen ist.

Unser aktu­el­les Bewusst­sein ist also sorg­fäl­tig aus­ta­riert, um unse­re zeit­wei­li­ge Exis­tenz auf die­sem Pla­ne­ten namens Erde zu ermöglichen.

Gemäß einer sol­chen Theo­rie ver­fügt poten­ti­ell jeder von uns über das größt­mög­li­che Bewußt­sein. Aber da wir leben­de Wesen sind, ist es unse­re Auf­ga­be, um jeden Preis am Leben zu blei­ben. Um ein bio­lo­gi­sches Über­le­ben zu ermög­li­chen, muß das größt­mög­li­che Bewußt­sein durch den Reduk­ti­ons­fil­ter des Gehirns und des Ner­ven­sys­tems hin­durch­flie­ßen. Was am ande­ren Ende her­aus­kommt, ist ein spär­li­ches Rinn­sal von Bewußt­sein, das es uns ermög­licht, auf die­sem unse­ren Pla­ne­ten am Leben zu bleiben.

Um die Inhal­te des auf die­se Wei­se redu­zier­ten Bewußt­seins begriff­lich zu fas­sen und aus­zu­drü­cken, hat der Mensch Sym­bols­ter­ne und unend­li­che Phi­lo­so­phien erfun­den und immer­wäh­rend erwei­tert, wel­che wir Spra­che nen­nen. Jeder Mensch ist zugleich Nutz­nie­ßer und das Opfer der sprach­li­chen Tra­di­ti­on, in die er hin­ein­ge­bo­ren wur­de − der Nutz­nie­ßer inso­fern, als die Spra­che Zugang zu den gespei­cher­ten Infor­ma­tio­nen über die Erfah­run­gen ande­rer Men­schen gewährt; das Opfer inso­fern, als sie ihn in dem Glau­ben, die­ses redu­zier­te Bewußt­sein sei das ein­zig mög­li­che Bewußt­sein. Was in der Spra­che der Reli­gi­on >von die­ser Welt< genannt wird, ist das Uni­ver­sum des redu­zier­ten Bewußt­seins, das sich in Spra­che aus­drückt und sozu­sa­gen mit Hil­fe von Spra­che fest­ge­schrie­ben wurde.

Spra­che also als wich­ti­ges Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel einer­seits, als men­ta­les “Gefäng­nis” ande­rer­seits. So kam der Benjamin Lee Whorf - Wikipediaame­ri­ka­ni­sche Lin­gu­ist Ben­ja­min Lee Whorf auf­grund sei­ner Stu­di­en zu indi­ge­nen Spra­chen in Nord­ame­ri­ka — ins­be­son­de­re der Hopi — zum Schluss, dass Spra­che unser Bewusst­sein viel stär­ker steu­ert und ein­engt, als uns lieb ist:
Die Sapir-Whorf-Hypo­the­se beschäf­tigt sich in ers­ter Linie damit, wie Spra­chen Gedan­ken beein­flus­sen. Sie sagt, dass die Spra­che, die eine Per­son spricht, den Weg ihres Den­kens beein­flusst. Die Struk­tur der Spra­che beein­flus­se also die Wahr­neh­mung der Umwelt. Dies beein­flus­se auch wis­sen­schaft­li­che For­schung, da die unter­schied­li­chen Fach­be­rei­che unter­schied­li­che Sprach­struk­tu­ren ent­wi­ckeln. Aber auch das Ver­ständ­nis von Raum und Zeit wirkt sich, so Whorf, auf das Ver­ständ­nis phy­si­ka­li­scher Theo­rien wie bei­spiels­wei­se der moder­nen Rela­ti­vi­täts­theo­rie aus. In der Spra­che der Hopi sei es auf­grund der sprach­lich nicht vor­han­de­nen Tren­nung von Raum und Zeit weit­aus ein­fa­cher, die Rela­ti­vi­täts­theo­rie nach­voll­zie­hen zu kön­nen. (Wiki­pe­dia).

Wir blei­ben auch am kom­men­den Sams­tag, den 7. Sep­tem­ber bei die­sem Thema.

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