Ältere Semster wie der birsfaelder.li-Schreiberling können sich wahrscheinlich noch gut an die 60er und 70er-Jahre erinnern, als ein paar Ausläufer der Hippie- und Drogenkultur der amerikanischen Westküste auch die biedere Eidgenossenschaft erreichte. Das sei am Beispiel des amerikanischen Psychologen Timothy Leary kurz exemplifiziert:
Leary experimentierte ebenfalls schon anfangs der 60er-Jahre — sicher von Huxley’s “The Doors of Perception” angeregt — mit Psylocibin und Mescalin, und natürlich auch mit dem damals noch mehr oder weniger frei zugänglichen LSD, das Albert Hofmann 1943 als Sandoz-Chemiker entdeckt hatte. Er entwickelte sich zu einem eigentlichen Drogen-Guru, der mit seinem Slogan “Turn on, Tune in, Drop out” , “Mach dich an, Stell dich um”, spring ab” die vollständige Freigabe bewusstseinsverändernder Drogen forderte. Das hatte zur Folge, das ihn der amerikanische Präsident Richard Nixon zu “einem der gefährlichsten Männer der Welt” und “zum gefährlichsten Mann Amerikas” hochstilisierte. Leary wanderte ins Gefängnis, konnte fliehen und gelangte schliesslich in die Schweiz, wo er u.a. von Sergius Golowin, dem Berner Historiker, Stadtoriginal und Magier betreut wurde. Leary wurde zwar von der Schweiz nicht in die USA ausgeliefert, durfte aber auch nicht bleiben und zog weiter nach Afghanistan, wo ihn der lange Arm der US-Justiz doch noch erreichte.
Zum Unterschied im Umgang mit bewusstseinserweiternden Drogen zwischen Leary und Huxley: Er hatte
… einen anderen Ansatz als Aldous Huxley, der schon 1953 mit Meskalin experimentiert und seine Erfahrungen in dem einflussreichen Text Die Pforten der Wahrnehmung veröffentlicht hatte. Huxley befürwortete den experimentellen Einsatz von Meskalin ausschließlich für einen kleinen Kreis Intellektueller, Künstler und religiöser Menschen, nicht für die Allgemeinheit. Eine ausschließlich therapeutische Anwendung von LSD, in geschütztem Umfeld und mit medizinischer Begleitung, schuf Stanislav Grof als „Psycholytische Psychotherapie“.
Timothy Leary sah psychedelische Drogen als Mittel zur „Neu-Programmierung“ des Gehirns, d. h. (in seiner Terminologie) der Aufhebung vorhandener Konditionierungen und der gleichzeitigen Öffnung für neue Konditionierungen. Leary betonte den Einfluss von „Set“ (innere Einstellung des Konsumenten zum Zeitpunkt des Rausches), „Setting“ (Umgebung und Umfeld bei der Sitzung) und Dosis auf den Wirkungsverlauf halluzinogener Drogen. Nach Leary kann durch günstiges Set und Setting das Entstehen von Psychosen durch Psychedelika verhindert werden. Leary hat also niemals einen unkontrollierten Drogenkonsum gutgeheißen (auch wenn er so missverstanden wurde), welcher schnell fatale Folgen zeigen kann. Vielmehr verlangte er einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen und befürwortete Experimente unter professioneller Führung. (Wikipedia)
Der im Wikipedia-Artikel erwähnte tschechische Psychiater Stanislav Grof, der in die USA auswanderte, machte insofern eine interessante Entwicklung durch, als er nach dem strikten Verbot des LSD-Konsums 1966 nach alternativen Techniken suchte, die ebenfalls zu einem ähnlichen Zugang zu erweiterten Bewusstseinszuständen führen könnten. Er fand sie im sog. “Holotropen Atmen”. Die Technik wird heute in der Schweiz an verschiedenen Orten angeboten und ist sehr effektiv, wie der birsfaelder.li-Schreiberling aus eigener Erfahrung bestätigen kann.
In der nächsten Folge am Samstag, den 17. August wenden wir uns dem Buch “Die Pforten der Wahrnehmung” von Aldous Huxley zu.
An anderen Serien interessiert?
Wilhelm Tell / Ignaz Troxler / Heiner Koechlin / Simone Weil / Gustav Meyrink / Narrengeschichten / Bede Griffiths / Graf Cagliostro /Salina Raurica / Die Weltwoche und Donald Trump / Die Weltwoche und der Klimawandel / Die Weltwoche und der liebe Gott /Lebendige Birs / Aus meiner Fotoküche / Die Schweiz in Europa /Die Reichsidee /Vogesen / Aus meiner Bücherkiste / Ralph Waldo Emerson / Fritz Brupbacher / A Basic Call to Consciousness / Leonhard Ragaz / Christentum und Gnosis / Helvetia — quo vadis? / Aldous Huxley / Dle WW und die Katholische Kirche / Trump Dämmerung