War es eine Fol­ge die­ser “North-Kings-Diens­ta­ge” oder ein­fach ein wei­te­rer Schritt im Rei­fe­pro­zess von Huxley?:
Um 1952 kon­tas­tier­te Maria etwas, das auch ande­re Mit­te der 1950er-Jah­re bei ihm beob­ach­te­ten, beson­ders die­je­ni­gen, die Hux­ley län­ger nicht gese­hen hat­ten. Aldous wirk­te wie ver­wan­delt, aus Mari­as Sicht qua­si ver­klärt. Unter­schwel­lig sei die­se Wand­lung seit lan­ger Zeit im Gan­ge gewe­sen, aber nun an die Ober­flä­che “explo­diert”. Sein Äus­se­res habe sich ver­än­dert und sei­ne Hal­tung zur Welt sei eine völ­lig ande­re gewor­den. Er tref­fe eige­ne Ent­schei­dun­gen, set­ze sich durch, sei kon­se­quent in sei­ner Routine.
All das wür­de nicht allein von sei­nen phi­lo­so­phi­schen Inter­es­sen kom­men, son­dern aus sei­ner täg­li­chen Pra­xis. … Die Ände­rung sei so durch­grei­fend, dass man mei­ne, mit einer neu­en Ver­si­on des­sel­ben Man­nes zu tun zu haben. Aldous wür­de plötz­lich robust, kräf­tig, jung und unver­letz­lich wie nie zuvor wir­ken. Sei­ne Sanft­heit sei jetzt von Sou­ve­rä­ni­tät unter­mau­ert und er wür­de mit einer Erfüllt­heit leuch­ten, die eine zutiefst beru­hi­gen­de Wirk­dung habe. (Rasch / Wag­ner, Aldous Huxley)

Um die­se Zeit arbei­te­te Hux­ley an einem wei­te­ren Roman- und Film­pro­jekt: “Die Teu­fel von Lou­dun” und “Gan­dhi”. Das Film­pro­jekt schei­ter­te, obwohl der unga­ri­sche Pro­du­zent Gabri­el Pas­cal vom indi­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Neh­ru das schrift­li­che Ein­ver­ständ­nis dafür bekom­men hat­te, der Roman hin­ge­gen wur­de zu einem wei­te­ren gros­sen schrift­stel­le­ri­schen Erfolg und wur­de spä­ter sowohl ver­filmt und als Oper zur Auf­füh­rung gebracht.
Hux­ley schil­dert dar­in einen berühm­ten Hexen­pro­zess in Frank­reich des 17. Jahr­hun­derts, als der katho­li­sche Pries­ter Urbain Gran­dier auf Betrei­ben von Kar­di­nal Riche­lieu ange­klagt wur­de, die Non­nen des Ursu­li­nen­klos­ters von Lou­dun ver­hext zu haben. Er wur­de zum Tode ver­ur­teilt, schreck­lich gefol­tert und schliess­lich verbrannt.

Inzwi­schen hat­te sich die poli­ti­sche Atmo­sphä­re in den USA ver­düs­tert. Die Kom­mu­nis­ten­hatz unter Sena­tor Joseph McCar­thy nahm defi­ni­tiv Fahrt auf
und betraf nun ins­be­son­de­re auch Hol­ly­wood. Die Insti­tu­ti­on mit dem ame­ri­ka­nischs­ten aller Namen, das Komi­tee für uname­ri­ka­ni­sche Umtrie­be (HUAC), gab es zwar schon seit Ende der 1930er-Jah­re, aber mit den sin­ken­den Tem­pe­ra­tu­ren des Kal­ten Krie­ges nahm die von bestimm­ten kon­ser­va­ti­ven Kräf­ten geför­der­te Kom­mu­nis­ten­hys­te­rie solch uner­träg­li­che For­men an, dass Arthur Mil­ler 1953 als Gegen­re­ak­ti­on sein Dra­ma “Hexen­jagd” auf die Büh­ne brach­te. Die Dra­ma­ti­sie­rung der Hexen­pro­zes­se von 1693 in Salem, Mas­sa­chu­setts, war eine unmiss­ver­ständ­li­che Atta­cke auf den McCar­thy­is­mus. Es ist kein Wun­der, dass Hux­leys “The Devils of Lou­dun”…, in dem es auch um Miss­brauch von poli­ti­scher Gewalt unter dem Deck­man­tel einer Teu­fels­aus­trei­bung geht, eben­falls sofort als alle­go­ri­sche Ankla­ge des HUAC gese­hen wurde. (…)

Tho­mas Mann, Hanns Eis­ler und Ber­tolt Brecht waren schon 1947 vor das Komi­tee zitiert wor­den, wor­auf Brecht noch am nächs­ten Tag das Land in Rich­tung Zürich ver­las­sen hat­te. Seit 1948 gab es eine stän­dig wach­sen­de schwar­ze Lis­te, und eil­fer­ti­ge Hol­ly­wood-Stu­di­os und ‑pro­du­zen­ten beschäf­tig­ten Film­schaf­fen­de von die­ser Lis­te nicht weiter.

Wäh­rend sei­nem Freund Char­lie Chap­lin der anti­kom­mu­nis­ti­sche Wind so scharf ent­ge­gen­schlug, dass ihm 1952 nach einer Euro­pa­tour für sei­nen Film Ram­pen­licht zunächst die Wie­der­ein­rei­se ver­wei­gert wur­de, hat­te Hux­ley bis­lang eini­ger­mas­sen Glück gehabt. (Rasch / Wag­ner, Aldous Huxley)

Obwohl das FBI wegen sei­nes pazi­fis­ti­schen Enga­ge­ments schon bei der Ein­rei­se 1937 eine Akte über ihn ange­legt hat­te, bewahr­te ihn offen­sicht­lich sei­ne immer wie­der deut­lich  geäus­ser­te Ableh­nung des Sta­li­nis­mus  von einer schär­fe­ren Verfolgung.

Fort­set­zung am kom­men­den Sams­tag, den 13. Juli

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