Maries Wei­h­nacht­szeit

Win­ter 1944. Es ist sehr kalt, der Krieg ist noch nicht vor­bei. Marie wohnt bei den Grossel­tern im Fri­bour­gis­chen. Sie sind für die kleine Marie Mama und Papa. Mama und Papa sind arme Leute, aber zu essen gibt es immer. Papa ist Schmied und Mama ist im Dorf und Umge­bung Hebamme.
Es ist Wei­h­nacht­szeit und Marie freut sich, je näher Wei­h­nacht­en kommt. In der Schule lernt sie fleis­sig Wei­h­nacht­slieder. Sie hat einen weit­en Schul­weg und muss durch den hohen Schnee stapfen.
Wenn sie nach Hause kommt, ist oft nie­mand daheim. Mama musste zu ein­er Geburt. Marie ist sich das gewohnt und weiss, was zu tun ist: Hüh­n­er füt­tern und den Kochherd anfeuern.
Mama backt und es duftet her­rlich nach feinen Zimt­stärn­li, Mäilän­der­li und Brätzeli. Papa besorgt den Wei­h­nachts­baum. Er sel­ber besitzt zwar keinen Wald, dafür aber die zwei Nach­bars­bauern. Von welchem Wald der schöne Baum kommt, weiss nur Papa.
Etwa drei Tage vor Wei­h­nacht­en spürt Marie die Vor­freude. Der Baum wird mit vielem, sehr altem Wei­h­nachtss­chmuck geschmückt und am Schluss noch mit Engelshaar verziert.
Marie hat oft Wun­schträume. Vielle­icht kann sie ein­mal das Christkind sehen, mit ihm sprechen und ihm seine Sor­gen erk­lären. Vor dem Haus legt sie Heu und Rüe­bli parat, denn das Christkind kommt bes­timmt mit einem Esel. Das Heu ist jedes Mal durch­wühlt und die Rüe­bli sind weg.
Wie manch­es Kind macht sich auch Marie Gedanken, was das Christkind wohl brin­gen wird. Gerne hätte sie ein­mal auch so schöne Win­ter­stiefel wie Cou­sine Lil­ly aus Genf. Maries Holzschuhe sind ja nicht so warm, aber auf dem Schnee rutschen sie wie Schlittschuhe.
Es ist Wei­h­nacht­en, Mama backt einen feinen Zopf für das Wei­h­nacht­sessen, dazu gibt es Hamme und Gif­fer­stee. Papa räumt für das Christkind den Schnee vor dem Haus weg. Es dunkelt und Marie freut sich auf das, was kommt. Heute wird im Stübli gegessen. Papa geht zu den Hüh­n­ern, um den Stall zu schliessen. Kurz bevor er wieder hereinkommt, hört Marie plöt­zlich ein feines Klin­geln. Mama sagt: «Chumm, mir ga ga gugge.» In der guten Stube ist das Fen­ster offen und der Vorhang bewegt sich noch. Das Christkind war da und sog­ar ein paar Päck­li liegen unter dem Tan­nen­baum.
Marie freut sich über die schöne rote Kappe, Papa bekommt Sock­en und Mama ein warmes Hal­stuch.
Mama stimmt das Lied «Stille Nacht» an, Papa singt «Douce Nuit, Sainte Nuit». Bei eisigem Wet­ter und klir­ren­dem Schnee besuchen Mama, Papa und Marie die Mit­ter­nachtsmesse.
Wei­h­nacht­szeit, fro­he Zeit.

Astrid Wälch­li

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