Neu gibt es also das (wahr­schein­lich) von Fur­rer-Hugi erfun­de­ne Ethik-Komi­tee. Wir haben schon ein­mal kurz dar­über berich­tet. Das »Ethik-Komi­tee« setzt sich unter ande­rem aus Theo­lo­gen und Kir­chen­po­li­ti­kern zusam­men, die sich vor allem ner­ven, dass sich Kirch­ge­mein­den in den Abstim­mungs­kampf ein­mi­schen. Fragt sich hier auch, was die denn ande­res tun? Wenn man sich da etwas ein­liest, kom­men einem ganz schnell zwei berühm­te Per­sön­lich­kei­ten in den Sinn:

1. Geor­ge Orwell mit sei­nem Roman »1984«.
In die­sem Roman spricht die Obrig­keit und das gläu­bi­ge Volk von Ozea­ni­en »News­peak« oder zu deutsch »Neu­sprech«.
In der klei­nen Gram­ma­tik, die dem Buch ange­hängt ist, steht:
»Die Neu­spra­che war die in Ozea­ni­en ein­ge­führ­te Amts­spra­che und zur Deckung der ideo­lo­gi­schen Bedürf­nis­se des Eng­soz erfun­den wor­den. Sie hat­te nicht nur den Zweck, ein Aus­drucks­mit­tel für die Welt­an­schau­ung und geis­ti­ge Hal­tung zu sein, die den Anhän­gern des Eng­soz allein ange­mes­sen war, son­dern dar­über hin­aus jede ande­re Art des Den­kens auszuschalten.«
So wur­de dann aus Zwangs­la­ger ein Lust­la­ger, aus dem Kriegs­mi­nis­te­ri­um ein Frie­dens­mi­nis­te­ri­um. Auch gab es das Pro­le­fut­ter, womit man die arm­se­li­gen Lust­bar­kei­ten und die ver­lo­ge­nen Nach­rich­ten mein­te, mit denen die Mas­sen von der Par­tei abge­speist wurden.

2. Donald Trump und sei­ne Fake News und Alter­na­ti­ven Fakten
Unter­des­sen wis­sen alle, was Fake News sind. Und alle wis­sen auch, dass nicht der gros­se Donald das Wort »Alter­na­ti­ve Fak­ten« in Umlauf gebracht hat, son­dern sei­ne Pres­se­spre­che­rin. Also nicht ein­mal das hat er allei­ne geschafft.

Neu ein­ge­reiht in die­se Grup­pe haben sich nun …

3. Fur­rer-Hugi mit sei­nem Ethik-Komi­tee
Die »Wer­be­agen­tur der Kon­zer­ne« scheint nun mit einer Kom­bi­na­ti­on der bei­den Trump’schen Wort­schöp­fun­gen zu arbei­ten. Schau­en wir doch ein­mal ein biss­chen in die »Sta­tu­ten« die­ses Komi­tees hin­ein. Blau die Anti-KVI-Ethik, schwarz das Gegenargument:

Wie Bundes‑, Natio­nal- und Stän­de­rat lehnt auch das Ethik-Komi­tee die extre­me Initia­ti­ve ent­schie­den ab, weil die­se über das Ziel hin­aus­schiesst und ein zu gros­ses Expe­ri­ment dar­stellt. Das Par­la­ment hat aber einen indi­rek­ten Gegen­vor­schlag beschlos­sen, der auto­ma­tisch in Kraft tritt, wenn die Volks­in­itia­ti­ve abge­lehnt wird. Die­sen unter­stützt das Ethik-Komitee.
Nun: So ein­deu­tig war das Abstim­mungs­re­sul­tat in den Räten doch nicht. Und es brauch­te vie­le Kniffs und Tricks von Natio­nal­rat Rue­di Noser und Bun­des­rä­tin Karin Kel­ler-Sut­ter, bis sie das geschafft hatten.

Das Ethik-Komi­tee ist gegen die KVI, weil nur Schwei­zer Unter­neh­men für ihre Lie­fe­ran­ten in Dritt­welt­län­dern haf­ten, wäh­rend Fir­men aus dem Aus­land unkon­trol­liert Waren oder Dienst­leis­tun­gen in die Schweiz expor­tie­ren dürfen.
Dass im Aus­land ganz ähn­li­che Bestre­bun­gen im Gan­ge sind, z.B. in Deutsch­land, in Kana­da und auch in der EU, wird natür­lich unterschlagen.

Die KVI ist eine «Anti-Ent­wick­lungs­län­der-Initia­ti­ve», weil sich Schwei­zer Unter­neh­men aus heik­len Län­dern zurück­zie­hen und Inves­ti­tio­nen strei­chen müss­ten. Dies ver­grös­sert die Armut vor Ort und ist nicht im Inter­es­se die­ser Länder.
Wenn Unter­neh­men Inves­ti­tio­nen strei­chen müss­ten, weil ihr Ver­hal­ten in einem Land unethisch ist, ist ja schon alles gesagt. Ganz neu ist auch, dass sich die­se Krei­se plötz­lich um das Wohl von Ent­wick­lungs­län­dern kümmern.

Ein Bericht des Bun­des­rats vom Win­ter 2018 zeigt, dass Unter­neh­men ihre Ver­ant­wor­tung sehr wohl wahr­neh­men: 80 Pro­zent der Schwei­zer Gross­un­ter­neh­men ver­fü­gen über eine Men­schen­rechts­po­li­tik gemäss den UNO-Vor­ga­ben. Fir­men haf­ten in unse­rem Land zudem bereits nach gel­ten­dem Recht selbst­ver­ständ­lich für Schä­den, die sie in der Schweiz ver­ur­sa­chen. Und Schwei­zer Unter­neh­men haf­ten auch heu­te schon nach dem Recht des aus­län­di­schen Staa­tes, wenn sie im Aus­land einen Scha­den ver­ur­sa­chen. Für sol­che Haf­tungs­kla­gen sol­len aber wei­ter­hin die Gerich­te im Aus­land, wo der Scha­den ent­stan­den ist, zustän­dig sein und nicht die Schwei­zer Gerichte.
Es sind ja auch 99,9% der Schwei­zer anstän­di­ge Leu­te, die weder betrü­gen, steh­len noch mor­den. Und trotz­dem haben wir Geset­ze, die dies verbieten.
Zudem ist es eben in vie­len afri­ka­ni­schen, asia­ti­schen und süd­ame­ri­ka­ni­schen Staa­ten nicht mög­lich Fak­ten ein­zu­kla­gen, weil die Geset­ze die­ser Staa­ten nicht genü­gen oder weil oft auch die Gerich­te kor­rupt sind.

Die meis­ten Unter­neh­men gehen Pro­ble­me im Dia­log mit Betrof­fe­nen und im Hin­blick auf koope­ra­ti­ve Lösun­gen an. Die­se zwar nicht per­fek­te, aber bewähr­te Stra­te­gie wird durch die KVI tor­pe­diert. Das führt zu Gerichts­pro­zes­sen statt kon­struk­ti­vem Dialog.
Die KVI tor­pe­diert kei­ne koope­ra­ti­ven Lösun­gen, wenn sie im Rah­men der Geset­ze und ohne Kor­rup­ti­on zu Lösun­gen kommen.

Die absur­de Haf­tungs­aus­deh­nung und die Beweis­last­um­kehr machen die Initia­ti­ve zu lukra­ti­vem Juristenfutter.
Aber wie schon von der Ethik-Kom­mis­si­on gesagt, haben 80% ja nichts zu befürch­ten. War­um eigent­lich nur 80%?

Unter­neh­men sol­len gera­de­ste­hen für Schä­den, die sie anrich­ten. Es ist aber unge­recht und nicht ziel­füh­rend, wegen ein­zel­ner schwar­zer Scha­fe der gan­zen Wirt­schaft ein Kor­sett anzu­le­gen, in dem sie kaum mehr atmen kann.
Ein Kor­sett drückt nur, wenn man zu dick ist.

Es ist rechts­im­pe­ria­lis­tisch, die Ein­hal­tung von Men­schen­rech­ten und Umwelt­schutz an Schwei­zer Gerich­te gemäss Schwei­zer Recht zu dele­gie­ren. Damit wird ande­ren Staa­ten signa­li­siert, ihre Geset­ze und ihre Rechts­pfle­ge sei­en untaug­lich. Es ist eine Anmas­sung, mit unse­ren Rechts- und Moral­vor­stel­lun­gen aus der Fer­ne über die Situa­ti­on für Men­schen und Umwelt in ande­ren Län­dern rich­ten zu wollen.
Das ist wie­der mal raf­fi­nier­te Ablen­kung: Leu­te, die mit dem Sys­tem des Neo­li­be­ra­lis­mus seit Jah­ren einen Wirt­schafts­im­pe­ria­lis­mus von nie gewe­se­nem Aus­mass betrie­ben haben und ihn wei­ter­hin betrei­ben wol­len, und sich so mas­siv an den Län­dern der süd­li­chen Hemi­sphä­ren berei­chern, wer­fen den KVI-Leu­ten Impe­ria­lis­mus auf recht­li­cher Ebe­ne vor?
Die­se Aus­sa­ge zeugt von einem unglaub­li­chen Zynis­mus. Mit der KVI rich­ten wir nicht über die Situa­ti­on von Men­schen und Umwelt in andern Län­dern, son­dern wir hel­fen, dass die­se Men­schen end­lich ein men­schen­wür­di­ges Dasein füh­ren kön­nen und dass die Kon­zer­ne end­lich für die ver­ur­sach­ten Umwelt­schä­den gera­de ste­hen müs­sen. Die Betrof­fe­nen wären dank­bar, wenn sie end­lich dank einem kor­rup­ti­ons­frei­en Schwei­zer Gericht zu ihrem Recht kämen. Und das wäre viel­leicht ein Anreiz für die Staa­ten, ihre Geset­ze und ihre Rechts­pfle­ge etwas genau­er unter die Lupe zu nehmen.

Indem ihnen die ein­schlä­gi­gen Ver­fah­ren ent­zo­gen wer­den, wird den Län­dern im Süden die Mög­lich­keit genom­men, eine Rechts­kul­tur zu ent­wi­ckeln, die heu­ti­gen Stan­dards ent­spricht. Dies liegt nicht im Inter­es­se ihrer Bevölkerung.
Das Pro­blem der Rechts­ent­wick­lung in vie­len Län­dern ist nicht die KVI, son­dern die Rechts­ver­hin­de­rung durch Kor­rup­ti­on der dor­ti­gen Rechts­kul­tur und der Regie­run­gen durch die Gross­kon­zer­ne. Es steht allen Men­schen frei in ihren Hei­mat­län­dern zu kla­gen, die KVI ver­hin­dert das nicht.

Men­schen­rech­te und Umwelt­schutz sind inter­na­tio­na­le The­men, so dass es inter­na­tio­na­le Vor­ga­ben von UNO und OECD braucht. Bei einer Annah­me des Gegen­vor­schlags des Stän­de­ra­tes setzt die Schweiz auf ein inter­na­tio­nal abge­stimm­tes Vorgehen …
… das bis heu­te kaum zustan­de kommt, weil es genau von den Lob­by­is­ten der Gross­kon­zer­ne ver­hin­dert wird.

Eigent­lich ver­langt die Konzernverantwortungsinitiative
kei­ne spe­zi­el­le Ethik.
Sie ver­langt ein­fach nur Anstand!

 

Jetzt muss sogar der Teufel dran glauben :-)
Barry, sein Rettungsfässchen und die KVI

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