Für mich war es ganz ein­fach Arbeitsver­weigerung und Fes­thal­ten an den Pfrün­den der Par­la­men­tari­er. Doch der Rei­he nach:

Am 4. Okto­ber 2003 stimmte das Volk der Möglichkeit der all­ge­meinen Volksini­tia­tive zu.
Diese sah vor, wie die For­mal­itäten dafür gestal­tet sind und wie bei der Annahme ein­er »all­ge­meinen Volksini­tia­tive« zu Ver­fahren sei.
Als Vorteil wurde genannt:
»Es wurde eine neue Form der Volksini­tia­tive vorgeschla­gen, bei der die Bun­desver­samm­lung bes­timmt, auf welch­er Recht­set­zungsstufe das Anliegen der Ini­tianten ver­wirk­licht wer­den soll. Als gross­er Vorteil des Instru­ments wurde denn auch angeführt, dass dadurch die Bun­desver­fas­sung von «verfassungsunwürdiger» Materie ent­lastet wer­den könne.«

Das rührte offen­bar so sehr an das Selb­stver­ständ­nis von Regierung und Par­la­ment, die es gewohnt waren, dass sie die Geset­ze entwer­fen und ver­ab­schieden, ohne dass das gewöhn­liche Volk reinpfuscht.
Dazu ver­fasste die Staat­spoli­tis­che Kom­mis­sion des Nation­al­rates einen 12seitigen Bericht, in dem sie ihre vielfälti­gen Bedenken anführte und auf einen Verzicht hin arbeit­ete. Zusam­menge­fasst hiess das:
»Abschliessend muss fest­gestellt wer­den, dass die Regelung der Ein­heitsini­tia­tive im Rah­men der gel­tenden Bun­desver­fas­sung in jedem Fall sehr kom­pliziert [Her­vorhe­bung im Orig­i­nal] aus­fällt. Die Volk­srechte soll­ten aber ein­fach zu hand­haben und für jed­er­mann ver­ständlich sein. Die mit der Ein­heitsini­tia­tive ver­bun­de­nen Kom­p­lika­tio­nen dürften dem Ver­ständ­nis der Bürgerinnen und Bürger für das poli­tis­che Leben nicht förder­lich sein (BBl 1991 III 863).«

Da spricht auch etwas mit, das in der let­zten Zeit immer mehr in den Vorder­grund trat und das die Par­la­men­tari­erin­nen und Par­la­men­tari­er offen bar nicht mehr mis­sen möcht­en: Die Arbeit der Lob­by­is­ten zu ihren han­den. Wenn z.B. die Ver­sicherungsin­dus­trie in der Vernehm­las­sung dem Bun­desrat die Geset­ze dik­tiert und dieser sie übernimmt …

Jet­zt also etwas grob gesagt: Der tumbe Stimm­bürg­er, die tumbe Stimm­bürg­erin muss von den all­wis­senden und alles kön­nen­den Par­la­mentsange­höri­gen geschützt werden!

Dazu einige Kom­mentare aus der Literatur:

»… dass es schlecht zum Prinzip der direk­ten Demokratie passen will, wenn man den mit durch­schnit­tlich­er Intel­li­genz begabten Stimm­bürg­er für unfähig hält, in grund­sät­zlichen staat­spoli­tis­chen Fra­gen mitzus­prechen.«1
»Wo Geset­zge­ber und Geset­zesurhe­ber in ein­er Per­son oder in ein­er Gruppe von Per­so­n­en vere­inigt sind, da herrscht der Abso­lutismus in irgen­dein­er Form, das heisst der freie, unge­bun­dene Wille eines einzel­nen oder ein­er Min­der­heit.«1
»Ein zen­traler Ansatzpunkt ist Trans­parenz auf möglichst allen Ebe­nen, die auch geset­zlich ver­ankert sein müsste — zum Beispiel in der Frage, welche Berater oder exter­nen Grup­pen beim Abfassen von Geset­zesvor­la­gen beteiligt sind.«2

1Andreas Linn und Peter Noll in »Stimm­bürg­er und Gesetz«, Ver­lag Felix Hand­schin, Basel
2Lisa Her­zog in »Frei­heit gehört nicht nur den Reichen, Plä­doy­er für einen zeit­gemässen Lib­er­al­is­mus«, C.H.Beck, München

Doch Bun­desrat und Par­la­ment set­zten sich über den Volk­swillen hin­weg und forderten an der Abstim­mung vom 27. Sep­tem­ber 2009 »den Verzicht auf die Ein­führung der all­ge­meinen Volksini­tia­tive« — und man glaubt es kaum — das Volk hat das angenommen!

So hat sich schlussendlich das Volk auch noch selb­st ausgedribbelt.
Doch was ist denn so schlimm an ein­er »all­ge­meinen Volksinitiative«?

Dazu das näch­ste Mal etwas ausführlicher …

 

Aus meiner Fotoküche 3
Lebendige Birs 10

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