WOZ: »Irgend­wann ver­schwand ein Wort aus der öffent­li­chen Debat­te: »Lüge«. Wenn ein Poli­ti­ker oder eine Poli­ti­ke­rin heu­te Din­ge erzählt, die offen­sicht­lich nicht stim­men, heisst es, die­ser oder jene habe die »Unwahr­heit« gesagt. Es ist das schärfs­te aller mög­li­chen Urtei­le. Denn Lügen sind schwie­rig nach­zu­wei­sen, und sie tra­gen einen schwe­ren Vor­wurf in sich. Was die bei­den Begrif­fe unter­schei­det, ist die Inten­ti­on dahin­ter. Wer vor­sätz­lich das Fal­sche sagt, lügt; wer falsch liegt, aber glaubt, das Rich­ti­ge zu sagen, sagt die Unwahrheit.«

Als Vor­ste­he­rin des Eid­ge­nös­si­schen Jus­tiz- und Poli­zei­de­par­te­ment (EJPD) soll­te KK eigent­lich zumin­dest über die not­wen­di­gen Res­sour­cen ver­fü­gen um nicht juris­ti­schen Stuss zu erzäh­len. Das und vie­les ande­re ver­gass sie all­zu­oft in ihrem Schat­ten­kampf gegen die KVI. Ob sie wider bes­se­res Wis­sen han­del­te, weiss ich nicht. Aber ich ver­mu­te es.

»Befra­gun­gen zei­gen, dass die Schwei­zer Bevöl­ke­rung ihrer Regie­rung nie so fest ver­trau­te wie im Jahr 2020. Es war die­ses Kapi­tal, das die Jus­tiz­mi­nis­te­rin ein­setz­te, als sie gegen die KVI pole­mi­sier­te. Und es war das Kapi­tal, das sie dabei verspielte!«

♦ KK konn­te oder woll­te Zivil­recht und Straf­recht nicht unterscheiden.

♦ KK erzähl­te das Bei­spiel eines Solo­thur­ner Phar­ma­her­stel­lers, der nach der Annah­me der KVI sei­ne 11 000 Zulie­fe­rer über­prü­fen müs­se. Dabei ist in der Initia­ti­ve klar fest­ge­hal­ten, dass die Haf­tung nur für Unter­neh­men gilt, über die eine Schwei­zer Gesell­schaft die wirt­schaft­li­che oder recht­li­che Kon­trol­le ausübt.

♦ KK sprach von 80 000 KMUs, die poten­zi­ell betrof­fen sei­en, obwohl die KVI nur für Kon­zer­ne und für Fir­men, die im Hoch­ri­si­ko­seg­ment geschäf­ten, gel­ten soll.

♦ KK kann­te offen­bar den Gesetz­ge­bungs­pro­zess der Schweiz nach Initia­ti­ven (noch) nicht. Sie muss dem Par­la­ment eine Geset­zes­vor­la­ge machen, die das Par­la­ment anschlies­send behan­delt. Da kann sie die KMUs nach Strich und Faden schonen.

♦ KK behaup­te­te, die KVI wür­de die Beweis­last umkeh­ren, sie sei welt­weit ein­zig­ar­tig, wür­de zu einer Kla­ge­wel­le vor klei­nen Schwei­zer Bezirks­ge­rich­ten führen.
Nichts davon hält einer Über­prü­fung stand: Schwei­zer Staats­recht­le­rIn­nen und Exper­tIn­nen für inter­na­tio­na­les Recht haben jede ein­zel­ne die­ser Behaup­tun­gen wider­legt. Und weiter:

♦ KK behaup­te­te, die KVI sei eine Ein­mi­schung in das Recht frem­der Staaten.
Da die Pflich­ten für Unter­neh­men mit Haupt­sitz in der Schweiz gel­ten, han­delt es sich nicht um Ein­mi­schung in ande­re Rechts­ord­nun­gen. Es sind inter­ne Regeln mit extra­ter­ri­to­ria­len Wir­kun­gen. Sol­che Regeln wür­den nicht nur inter­na­tio­nal seit lan­gem akzep­tiert, son­dern die UNO-Leit­prin­zi­pi­en zu Wirt­schaft und Men­schen­rech­ten schla­gen sie sogar aus­drück­lich vor.

♦ Die Initia­ti­ve ver­let­ze weder die Sou­ve­rä­ni­tät ande­rer Staa­ten noch füh­re sie zu einer Umkehr der Beweis­last. Die Unter­neh­men wür­den nicht ver­pflich­tet, in ande­ren Län­dern zur Ver­bes­se­rung der Men­schen­rech­te und der Umwelt bei­zu­tra­gen. Sie müss­ten aber über ange­mes­se­ne Sorg­falts­prü­fun­gen dar­auf ach­ten, Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und Umwelt­schä­den zu ver­mei­den. Sag­ten die Expertinnen.

♦ Auch die in der Initia­ti­ve vor­ge­se­he­nen Sorg­falts­prü­fungs­pflich­ten sind inter­na­tio­nal abge­stützt. Damit ver­bun­den sei aber nicht eine Garan­tie, dass Men­schen­rech­te oder Umwelt­schä­den in jedem Fall ver­mie­den wer­den könn­ten. Auch gebe es damit kei­ne Pflicht, zur Ver­bes­se­rung der Men­schen­rech­te und der Umwelt in ande­ren Län­dern bei­zu­tra­gen. Viel­mehr gehe es dar­um, in den eige­nen Akti­vi­tä­ten Ver­stös­se gegen die­se ele­men­ta­ren und inter­na­tio­nal aner­kann­ten Stan­dards zu ver­mei­den bzw. ihnen vor­zu­beu­gen. Sag­ten die Expertinnen.

♦ KK sag­te, die Initia­ti­ve füh­re zu einer Umkehr der Beweis­last. Auch wenn der Wau­wau einen ande­ren Men­schen beisst, kann der Hun­de­hal­ter durch die Umkeh­rung der Beweis­last sich schüt­zen, in dem er beweist, dass er die not­wen­di­ge Sorg­falts­pflicht erfüllt hat!

Also, ich behaup­te, dass die Pinoc­chio­na­se durch­aus gerecht­fer­tigt ist. Und sie wäre auch für vie­le ande­re, wie etwa Bun­des­rat Ueli Mau­rer, Natio­nal­rä­tin Schnei­der-Schnei­ter durch­aus angebracht.

Titel­bild: © Mela­nie Duche­ne, Schaff­hau­ser Nach­rich­ten, sicht­bar leicht verändert.

 

Kleine Nachlese zur KVI: War Jesus ein Linker? 3
Tür.li 11 (2020)

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