Oh, wer hätte das gedacht. Der Ausriss der bz (neu mit bräunlichrotem Titel 😉 ) lässt uns wissen, dass die »New York Times« die SVP am äussersten rechten Rand der rechtskonservativen, populistischen Parteien Europas einordnet. Weiter rechts sei nur die »Partei der Freiheit« von Geert Wilders, die andern europäischen Rechtsparteien seien wesentlich linker als die SVP.
Die SVP will keine ausländischen Studien zu diesem Thema kommentieren, auch kenne sie die Datenbasis nicht.
Nun, die Datenbasis stammt von »Manifesto-Projekt« des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Das Manifesto-Projekt befasst sich seit seiner Gründung als Manifesto Research Group/Comparative Manifestos Project (MRG/CMP) mit verschiedenen Aspekten der Struktur und Leistungsfähigkeit von Parteiendemokratien. Im Jahr 2003 erhielt das Projekt den Preis der American Political Science Association (APSA) für den besten Datensatz im Bereich der vergleichenden Politikwissenschaft. Die Daten für dieses »Manifesto-Projekt« sind von jedermann und jederfrau kostenlos abrufbar! Aber die Internetadresse lautet https://manifesto-project.wzb.eu/ und weil am Schluss eu steht kann die SVP natürlich nicht nachschauen …
Die Sprache und der Umgang mit Geschichte verrät, warum eine derartige Zuordnung möglich wurde. Auch wenn Michael Hermann relativiert:
»Die SVP unterscheidet sich von anderen Parteien darin, dass sie nicht nur nationalkonservativ , sondern auch wirtschaftlich stark rechts ist.«
Und weiter meint er, eine weitere Eigenheit des helvetischen politischen Systems verstärke ebenfalls die extreme Polarisierung der SVP: die direkte Demokratie. Hä?
Doch gehen wir zu ein paar Beispielen:
• Im Prozess gegen Ludendorff et al. prägte Adolf Hitler schon 1924 das Wort der »Landesverräter«.
• Nach der Wahl zur Bundesrätin war Frau Widmer-Schlumpf im SVP-Speach eine »Verräterin«.
• Nach dem Bekanntwerden des Rahmenabkommens mit der EU fluchte das Facebook der Jungen SVP: »…. unsere verdammten Landesverräter in Bern …«
• In seinem Vortrag am 29. Juni 2019 in Orbe (VD) schimpfte Adolf Rösti (Parteipräsident der SVP) …
… Das Extrablatt sei von der Presse verschwiegen worden …
… Alle kritischen Berichte der SVP würden als Fake News abgetan …
… In den krimiartigen Wetterprognosen würde Wetter und Klima verwechselt …
… Die FDP habe sich nach links verabschiedet …(oi,oi)
… die Eltern der iPhone‑, iPad‑, Zalando- und Ferienflieger-Kinder ….
Alles Wendungen und Wortschöpfungen, die abwertend über Gegner der SVP berichten oder nicht berichten, die Art wie — nach Robert Misik — die Pseudoliberalen halt eben reagieren.
• Aber nicht nur einzelne Worte und Umdeutungen sind typisch für rechtsextreme Parteien, sondern auch deren Umgang mit Geschichte. In der gleichen Rede:
… die Rede des freisinnigen Bundesrats Pilet-Golaz nach dem Zusammenbruch der französischen Armee am 22. Juni 1940 (die Schweiz war dann von den Achsenmächten umzingelt) wird zum Anlass genommen, den damaligen Bundesrat als »eine Bande von Zauderern und Anpassern, die Hosen ziemlich voll« darzustellen. Dabei wird vergessen, dass es um eine Rede nach einem Konzept des Gesamtbundesrates ging. Und da war nicht nur Pilet-Golaz und Etter, die den Vortrag gehalten haben beteilig, sondern z.B. auch Rudolf Minger (BGB ab 1971 SVP). Im Dezember 1940 kam dann Eduard von Steiger (BGB ab 1971 SVP) dazu, das ist der, der »das Boot ist voll« erfunden hat.
Daraus wird in Röstis Rede dann …
… »genau wie damals zeigt sich nämlich der Bundesrat gegenüber der uns drohenden EU anpasserisch.«
Kann die EU mit Nazi-Deutschland verglichen werden?
… »Gezielt werden in der Systempresse Ängste geschürt.«
Systempresse ist ein belegter Ausdruck der Nationalsozialisten! (siehe Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus,Berlin / New York 1998, S. 599, auch UBH Lesesaal, 51,56a).
Röstis Argumentation, er habe den Ausdruck nicht selbst gewählt, sondern nur aus einem Text zitiert, ist recht schwach. Für seine Rede hatte er drei von sieben Seiten aus diesem Text »gerne« zitiert, wie er sagte.
Zitiert aus dem Artikel »Auf zum Rütlirapport, Ihr Waschlappen« von Isabel Villalon, der vor wenigen Jahren eingebürgerten Spanierin, die ab und an im Blog »insideparadeplatz« einen Hetzartikel schreiben darf. Sie können ihn dort finden, ich mag ihn nicht verlinken.
Bitte achten Sie sich in der nächsten Zeit doch einmal ein bisschen auf die Sprache der Parteien und auf ihren Umgang mit Geschichte, besonders wenn sie um WählerInnenstimmen buhlen, denn im Oktober sind Nationalratswahlen.
Und die Weisheit zur Sache:
Nein, Ueli, ich bring jetzt den von der braunen Liesel nicht schon wieder!