Zwar kommt dieser Kommentar zum BL-Sparpäckli schon etwas verspätet. Aber hey, immer noch schneller als die Reaktion der Oppositionspartei SP! Ob sie von den bürgerlichen Sparprofis Schweigegeld kassiert hat?
Wobei wir schon beim Thema wären: Vom Sparen reden, das können sie eigentlich recht gut, die «Bürgerlichen». Doch Profis sind sie darin offensichtlich nicht. Sonst hätten sie nämlich Vorschläge präsentieren müssen, die sich realistischerweise auch umsetzen lassen. Oder eine tatsächliche «neue Finanzstrategie», wie sie es grossartig nennen. Doch so wird es wohl kaum was.
Beginnen wir mit Sparprofi Nr. 1: Nach etwa einer Woche im Amt weiss Frau Gschwind bereits, wo sie wieviel abschränzen kann. Rechnen ist ja schliesslich einfach, denn das hat sie in der Schule gelernt. Bis 2019 sollen so jährlich über 50 Mio. Franken weniger in Bildung und Kultur fliessen; fast 30 Mio. weniger rheinabwärts nach Basel-Stadt. Noch nicht eingerechnet in diesen Zahlen sind die 10% Personalreduktion, die in allen Kantonsbereichen angestrebt wird. Die BaZ hat es ausgerechnet: Mit einer linearen Hochrechnung auf den Stand 2015 wären das zusätzlich 128 Stellen oder über 10 Mio. an Personalkosten im Bereich der Sekundar- und Mittelschulen. Die Primarschulen gehören in die Gemeindehoheit und wären vorderhand nicht betroffen. Ob Frau Gschwind damit und dem sich abzeichnenden Widerstand der Lehrerschaft gerechnet hat, wissen wir nicht (Vermutung: Nein). Die Starke Schule hat bereits Opposition angekündigt. Allerdings nicht im Bereich der Universität. Wiedemann ist halt Sek-Lehrer und die Uni ist ihm schnurz.
Der nächste (wir gehen nach dem Datum des Amtsantritts) und grösste Sparprofi ist der Finanzminister selbst. Spar- und Entlastungspakete sind von gestern. Unter Lauber heisst es «Finanzstrategie 2016 — 2019». Und ehrlich gesagt, wirkt die ganze Strategie leider so, als ob er einfach Deifizitbremse und Steuererhöhungen verhindern muss, bis die angestrebte Aufgabenneuverteilung Kanton-Gemeinden den Kanton genügend entlastet. Informationen und Vorschläge zu dieser Neuordnung wurden übrigens auf das zweite Quartal 2015 versprochen… Doch schauen wir uns doch mal an, was die nun vorliegende Finanzstrategie für die Gemeinden an Überraschungen bereit hält: Da wären einmal die bereits versprochenen Millionen für die Rückerstattung der Pflegenormkostendifferenz, auf die nun verzichtet werden soll. Dieses Geld geht wohl flöten. Dafür kommen mehr Steuereinnahmen! Der Selbstbehalt beim Krankheitskostenabzug und die Begrenzung des Fahrkostenabzugs lohnt sich nicht nur für den Kanton (+ 23,4 Mio.), sondern dürfte sich dank der simplen Prozentsatzberechnung der Gemeindesteuern auch positiv auf die Gemeinderechnungen auswirken. Ob’s reicht, um die übrigen, gut versteckten Massnahmen auszugleichen?
Sparprofi Nr. 3 ist Herr Weber. Er weiss, dass die Gesundheitskosten vorderhand wegen dem Kantonsspital explodiert sind. Aber verstanden hat diese Zahlen in Liestal leider niemand. Darum wird erst einmal mit dem Nachbarn fusioniert. Vielleicht finden es dann die Basler heraus (so sie denn die Fusion nach Gschwinds Uni-Klatsche noch wollen). Und dann kann man auch später noch irgend etwas streichen, auch wenn es nur eine weitere Geburtenabteilung ist. Die Demografie spricht laut Weber angeblich dagegen, dass man im Gesundheitsbereich überhaupt sparen kann. Bei den Schulen trotz höheren Geburtenzahlen allerdings nicht. Spannend!
In der Summe recht wenig sparen muss bzw. kann Sparprofi Nr. 4. Doch gar nicht easy dürfte für Reber der generelle Stellenabbau werden. Über hundert Polizisten und Gerichtsmitarbeiterinnen weniger! Hoffen kann er nur, dass die Frankenstärke auch im Einbruchtourismus zu einem Buchungsrückgang führt. Bereits kommende Wintersaison werden wir es sehen.
Schliesslich bleibt uns noch Sparprofi Nr. 5. Mit der radikalen U‑Abo-Subventionskürzung beweist Pegoraro eindrücklich, dass sie gerne Erfolgsmodelle abschafft, selber aber keines ist. Die buchhalterisch wirksame Änderung der Abschreibepraxis auf Gebäuden (40 statt 30 Jahre) mag für den Moment die Rechnung entlasten, belastet dann aber später irgendwann einmal ihre Nachfolge. Darüber nachzudenken wäre ohnehin keine allzu schlechte Idee…
Und die Weisheit zur Sache:
»Der Staat wird sehr schlank, die Politiker haben ihm Magersucht verordnet. Magersucht ist tödlich.«
Peter Bichsel
Meschberger Peter
Jul 16, 2015
Lieber Florian, deine Artikel lese ich immer sehr gerne und mit Genuss. Aber hier bist du über die Kurve hinaus gerast. Die SP Baselland war wohl die erste BL-Partei, welche sich zu diesem “Spar”-Unsinn geäussert hat, nämlich gleich am 8. Juli 2015, nach Veröffentlichung der Regierungsvorlage, und das erst noch sehr kritisch. Der Text ging an alle Medien in der Region, welche ihn zum Teil gar abgedruckt hatten. Mit der unangebrachten Bemerkung betr. “Schweigegeld” ist dir hier das Steuer vollends entglitten. Der Text kann übrigens auf der Homepage der SP BL nachgelesen werden. Vielleicht findet dann diese SPBL-Stellungnahme doch noch dein Wohlwollen…
Herzliche Grüsse aus dem — auch heissen — Südfrankreich.
florian dettwiler
Jul 17, 2015
Lieber Peter,
Du hast recht, da habe ich mich vertan. Ich hatte den “Raubkatzen”-Text stilistisch halt den JUSO zugeordnet. Und das ist wahrscheinlich das Problem der SP: Die JUSO sind weit wahrnehmbarer und aktiver als die Mutterpartei. Und das in einer Sache, auf die man sich hätte vorbereiten können. So wie die z.B. Grünen, eine <10%-Partei, die kurz darauf ihre eigene Finanzstrategie präsentiert haben. Gut, ich bin auch kein Fan von denen, die am lautesten kirchmayrn bzw. rufen. Aber was bis jetzt von der SP gekommen ist, ist nahe bei “Nichts”. Und das in einem ganz heissen Thema… Gruess in den Süden Frankreichs
hasira
Jul 17, 2015
Opposition muss gelernt sein …