Abseits der täglichen Meldungen in den Medien, welche Seite im Ukrainekrieg wo und warum gerade einen kleinen Geländegewinn oder ‑verlust zu verbuchen hat, findet sich ab und zu ein Artikel, der etwas mehr in die Tiefe zu gehen versucht. Dieser Artikel des Autors Jörg Baberowski in der taz ergeht sich allerdings nicht in Mutmassungen und Spekulationen, wer, wo und wann zur russischen Aggression beigetragen hat, oder wie diese Aggression nun zu interpretieren sei. Es ist einfach eine illusionslose Analyse, warum Krieg früher oder später immer in Kriegsverbrechen und Verletzung der Menschenwürde und ‑rechte münden muss.
Einer, der das schon im 18. Jahrhundert erkannt und beklagt hat, als Krieg noch mit Heldenmut und Tapferkeit assoziiert werden konnte, war Matthias Claudius (“Der Mond ist aufgegangen …”):
’s ist Krieg
‘s ist Krieg! ‘s ist Krieg!
O Gottes Engel wehre,
Und rede Du darein!
‘s ist leider Krieg -
und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!
Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blaß,
Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen,
Und vor mir weinten, was?
Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
In ihrer Todesnot?
Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute,
So glücklich vor dem Krieg,
Nun alle elend, alle arme Leute,
Wehklagten über mich?
Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten
Freund, Freund und Feind ins Grab
Versammelten und mir zu Ehren krähten
Von einer Leich herab?
Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
‘s ist leider Krieg — und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!
ueli kaufmann
Jul 9, 2022
Und im 20. Jahhrhundert schon lakonischer:
Auf der Mauer Stand mit Kreide:
Sie wollen den Krieg.
Der es geschrieben hat ist schon gefallen.
Bertolt Brecht.