In sei­nem letz­ten Welt­wo­che-Edi­to­ri­al hat Roger Köp­pel im Hin­blick auf das Wahl­re­sul­tat unter dem Titel “Angst regiert” ein paar inter­es­san­te Aus­sa­gen getä­tigt. Sein Edi­to­ri­al beginnt so:
“War­um hat vor nur vier Jah­ren die SVP mas­siv gewon­nen, rekord­mäs­sig abge­räumt? Die Ant­wort ist ein­fach: weil sie die Angst vor einer Migra­ti­ons­ka­ta­stro­phe meis­ter­haft beschwörte.
War­um haben nur vier Jah­re spä­ter die Grün-Roten und Grün­li­be­ra­len dras­tisch zuge­legt, wäh­rend die zuvor sieg­rei­che SVP wie­der absack­te? Ganz ein­fach: weil die Grü­nen die Angst vor einer Kli­ma­ka­ta­stro­phe meis­ter­haft beschwör­ten.

Damit legt Köp­pel den Fin­ger auf einen ent­schei­den­den Punkt: Die Bezie­hung zwi­schen Macht und Angst. Wer Macht aus­üben will, muss ler­nen, auf der “Angst­kla­via­tur” der Men­schen zu spie­len. Der SVP ist das bis vor kur­zem offen­sicht­lich ganz gut gelungen.

Jetzt aber den Grü­nen die glei­che Stra­te­gie zu unter­stel­len, ist doch etwas sehr bil­lig. Ich behaup­te jetzt ein­fach mal, dass man sie durch­aus auch — ohne irgend­wel­che Angst — gewählt haben könn­te, weil man sich für die Zukunft unse­res wun­der­vol­len blau­en Pla­ne­ten ver­ant­wort­lich fühlt und sich dem­entspre­chend enga­gie­ren wollte.

Köp­pel fährt dann fort:
“Wah­len gewinnt, wer die Ängs­te der Wäh­ler beherrscht, wer sie nutzt und kontrolliert.”

Ange­sichts des gros­sen Erfolgs der SVP in den letz­ten Jah­ren müss­te man die­sen Satz aller­dings etwas umfor­mu­lie­ren: “Wah­len gewinnt, wer bei den Wäh­lern Ängs­te erzeugt und sie dann nutzt und kontrolliert.”

Der Kogni­ti­ons­psy­cho­lo­ge Rai­ner Maus­feld hat die­se Stra­te­gie in zwei Büchern glas­klar und meis­ter­haft beschrie­ben: “War­um schwei­gen die Läm­mer?” — und ganz neu “Angst und Macht: Herr­schafts­tech­ni­ken der Angst­er­zeu­gung in kapi­ta­lis­ti­schen Demo­kra­tien”.

Um es gleich vor­weg­zu­neh­men: Maus­feld ord­net die­se Angst-Stra­te­gie in sei­nen Büchern nicht nur irgend­wel­chen rechts­kon­ser­va­ti­ven oder popu­lis­ti­schen Inter­es­sen­grup­pen zu, son­dern gräbt sehr viel tie­fer, indem er z.B. die Aus­wir­kun­gen des neo­li­be­ra­len Welt­bilds unter­sucht und die Fra­ge stellt, wer es aus wel­chen Grün­den ent­wor­fen hat und an sei­nem Fort­be­stand inter­es­siert ist.

Wer sich nicht gleich in die Lek­tü­re erwähn­ter Wer­ke stür­zen möch­te, kann sich den einen oder andern Vor­trag Maus­felds auf You­tube anschau­en. Der Mann spricht nüch­tern und klar und ana­ly­siert jen­seits aller Kli­schees und Schlag­wor­te, — kurz: ein ech­ter Wis­sens­ge­winn für mün­di­ge Bür­ger/-innen :-),

 

So schön!
Mattiello am Mittwoch 43/19

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