Ein Kom­men­tar in drei Teilen

Vor­ab:
Wir leben in einer Zeit, in der poli­ti­sche Par­tei­en wie­der ver­teu­felt wer­den. Alles schon da gewe­sen. Die Fol­gen für die Demo­kra­tie sind bekannt. Staats­tra­gen­de Par­tei­en wie die FDP und die SP, schaf­fen sich offen­bar der­zeit ver­bal frei­wil­lig ab. Darum:
Am 3. April 2018 erschien in der Nord­west­schweiz ein Arti­kel, der so nicht ste­hen gelas­sen wer­den darf. In einem 1. Teil gehen wir auf den Inhalt ein. In einem 2. Teil zei­gen wir ein paar Bil­der, damit sich der geneig­te Leser in die beweg­te  Zeit ein­füh­len kann, im 3. Teil schluss­end­lich ein paar Gedan­ken zur Wort­wahl des Jour­na­lis­ten. Hier der aus­lö­sen­de Artikel.

 

Teil 1: Mit­glied oder Mitläufer
Petra Gös­si, Prä­si­den­tin der FDP Schweiz: „Ich will dass sich die FDP zu einer Bewe­gung der Zukunft ent­wi­ckelt.“ Eine „Bewe­gung für alle Men­schen in der Schweiz, die eine frei­heit­li­che Poli­tik wollen“.

Soweit, so gut. Nur, wir wis­sen, dass es die demo­kra­tisch orga­ni­sier­ten poli­ti­schen Par­tei­en sind, die die Demo­kra­tie tragen.
Demo­kra­tisch orga­ni­sier­te Ver­ei­ne, die durch deren Mit­glie­der kon­trol­liert  und ali­men­tiert wer­den (Mit­glie­der­bei­trä­ge, Man­dats­steu­ern, Spen­den), die einen gewähl­ten Prä­si­den­ten, einen Kas­sier, einen Revi­sor und einen Vor­stand haben, juris­tisch fass­ba­re Per­so­nen, die das Trei­ben in der Par­tei ver­ant­wor­ten. Bewe­gun­gen sind juris­tisch nicht fass­ba­re Ansamm­lun­gen von Gleich­ge­sinn­ten, nicht etwa von Mit­glie­dern, son­dern von Mit­läu­fern getra­gen wer­den. Dass sich das „FDP Urge­stein” Chris­ti­an Wan­ner selbst und stolz in der Nord­west­schweiz als Mit­läu­fer outet?, sein Problem.

Bewe­gun­gen die Ich erlebt habe (teils als Mit­läu­fer, Mit­glie­der gibt’s ja nicht, teils als Beob­ach­ter (Bewe­gung, phy­si­ka­lisch das Beob­ach­ten der Stand­ort Ver­än­de­rung eines Objekts/Subjekts von A nach B):

Die Hip­pie-Bewe­gung,
die 68er-Bewegung,
die Ostermarsch-Bewegung,
die Anti-Atom-Bewegung,
die Oekumenische-Bewegung,
die Anti-AKW-Bewe­gung, und neu:
Die Tea-Party-Bewegung,
die Identitäre-Bwegung,
die Gülen-Bewegung,
die Brexit-Bewegung,
Pegida,
usw.

Fra­ge: Wol­len sich die FDP und die SP sang- und klang­los von der Arbeit und dem Anse­hen der staats­tra­gen­den poli­ti­schen Par­tei­en frei­wil­lig ent­fer­nen und sich ein­rei­hen in ein Kon­glo­me­rat von Beweg­ten, die Ver­ant­wor­tung für den Staat ableh­nen oder, wie die Geschich­te zeigt, missbrauchen?
Bei der FDP haben wie das ja schon so oder ähn­lich gehört: „Mehr Frei­heit, weni­ger Staat“. Also: Kei­ne Überraschung.
Bei der SP sind das rela­tiv neue Töne, auf deren Her­kunft ich den Prä­si­den­ten der SP BL schon intern hin­ge­wie­sen hat­te. Den­noch schreibt Adil Kol­ler (Prä­si­dent der SP Basel­land) vor eini­gen Tagen auf Face­book zum ange­kün­dig­ten NR-Abschied von Susan­ne Leu­ten­eg­ger Ober­hol­zer: „Und ich bin glück­lich, dass wir als Bewe­gung auch in Zukunft auf ihr immenses Wis­sen zäh­len kön­nen. Vie­len Dank lie­be Susan­ne!“ Man beach­te: Bewe­gung, nicht Par­tei. Vie­len Dank lie­ber Adil.

 

2: Teil: Bil­der zur Bewegung

Post­kar­te aus Mün­chen, 1936

Mai 1945, Ame­ri­ka­ni­sche Sol­da­ten beim Sam­meln von Sou­ve­nirs und/oder Devotionalien.

Der fei­er­li­che Staats­akt vor der Feld­herrn­hal­le in Mün­chen in Anwe­sen­heit des Füh­rers für die 7 Opfer des Anschlags im Bür­ger­bräu­kel­ler. Der Füh­rer erweist den Toten die letz­te Ehre.
Foto Wag. 11.11.1939

 

3. Teil: Abge­half­ter­te Parteien?
Das gab es noch nie. Aus einer staats­tra­gen­den Par­tei soll eine Bewe­gung wer­den. Auch Ver­tre­ter einer ande­ren staats­tra­gen­den Par­tei pala­vern seit gerau­mer Zeit über Bewegungen.
Es wird sich wohl kei­ner erin­nern. Vor rund 100 Jah­ren ging es damals in Mün­chen los. Mün­chen wur­de zur „Haupt­stadt der Bewe­gung“. Die Beweg­ten grün­de­ten spä­ter eine Par­tei. Nicht umge­kehrt. Die Par­tei mit den 5 Buch­sta­ben. Sie­he oben.

Und wei­ter gibt es (noch?) die vier­te Gewalt in unse­rer demo­kra­ti­schen Schweiz, die Presse?
Jour­na­lis­ten haben eine eige­ne Mei­nung und kön­nen mit Spra­che umge­hen, so auch Sven Alter­matt,  soll­te man mei­nen. Zuerst sei­ne Behaup­tung: “Eine Par­tei, die etwas auf sich hält, nennt sich heu­te Bewegung.”
Das mag wohl stim­men, aber dann den Kom­men­tar dazu, „das töne frisch, unkom­pli­ziert, unab­hän­gig,“ ist der ers­te Miss­griff. Für mich tönt es alt­ba­cken, undurch­schau­bar und abhän­gig. Aber damit müs­sen wir leben, nicht alle haben das glei­che Musikgehör.
Fal­sche Töne und unge­wohn­te Ryth­men. Jetzt wird es aber uner­träg­lich, “eben abge­half­tert”.

„Wah­rigs Syn­onym­wör­ter­buch” schreibt zu: abge­half­tert

ugs. für:      “aus­ge­dient, abge­dankt, abge­setzt, verwahrlost,
                       sei­ner Stel­lung beraubt, abge­ris­sen, mitgenommen”;
abwer­tend:  “her­un­ter­ge­kom­men, verlottert”;
derb:             “abge­fuckt“

Wir fra­gen uns, ist das die Mei­nung der Nord­west­schweiz zu den Schwei­zer Par­tei­en? Ist die Mei­nung, die “Alt­par­tei­en” hät­ten abge­dankt, sei­en abgefuckt?
Ist es die Mei­nung des Verfassers?
Gibt es noch eine kor­ri­gie­ren­de Schluss­re­dak­ti­on bei der Nordwestschweiz?

Ich fra­ge mich ernst­haft: Wie ernst meint der Mann das? Ist das ein Datums­be­ding­ter Scherz. Auf den ich hier rein­ge­fal­len bin. Lässt sich die FDP sol­ches gefallen?

Und die Weis­heit zur Bewegung:

d zyt & ds glück & bär­ge vo gäut
zieh nümm a mir verby
I schtah z vor­derscht oder lou­fe mit
gäng we’s öppis gra­tis git
Patent Och­s­ner

 

 

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