Schülerinnen und Schüler landauf landab sind nervös. Januar ist Zeugnis-Zeit. Bald halten sie schwarz auf weiss das geschüttelt, gerundet und meist in ganze und halbe Zahlen gefasste Destillat ihrer Leistung während des letzten Semesters in den Händen, streng geordnet nach Fach und Promotionsrelevanz. Nur am Rande fliessen Leistungsbereitschaft und eigentliches Leistungsvermögen in die Benotung ein. Was wirklich zählt ist das effektiv bewertbare Resultat einer Summe von Prüfungsnoten, in welchen Effizienz und Schläue sicher fast die grössere Rolle spielen. Wer zur rechten Zeit abliefern kann, ist eben im Vorteil.
Etwas abliefern haben in den letzten dreieinhalb Jahren unsere fünf gewählten Exekutivmitglieder müssen. Sie alle scheinen nun in ihrer Selbstbewertung zum Schluss gekommen zu sein, dass das Abgelieferte für die Beförderung in die nächste Legislatur reicht. In ihrem nicht ausgestellten Zeugnis sehen sie für sich ein “definitiv befördert”, auf den Wahlplakaten lesen wir “bisher”. Doch wie sieht die Bilanz der “Bisherigen” kurz vor Notenschluss wirklich aus? Wir versuchen eine Zusammenfassung.
- Hiltmann Christof (seit 2010)
Der Primus inter Pares fällt durch seine hohe Leistungsbereitschaft auf. Kaum ein Geschäft an der Gemeindeversammlung, bei welchem er seine Finger nicht im Spiel hat, mit der Fachmaterie nicht vertraut ist. Im Rechnungswesen kann er mit positiven Budgets und Abschlüssen überzeugen. Den Gemeindefinanzen hat er definitiv seinen Stempel aufdrücken können, auch wenn immer viele äussere Einflüsse auszumachen sind (die er als Landrat aber auch mitzuverantworten hat). In der Gemeindeentwicklung dringen die Grundpfeiler immer weiter in den Boden, auch wenn es noch immer nur Planungsgrundlagen, Mitwirkungsverfahren, Projektstudien, Quartierplanentwürfe und viele Kredite sind. Immerhin mittlerweile so viele Kredite, dass es fast kein zurück mehr gibt. Mit dem Kauf des BLKB-Gebäude und dem Start der ersten Bauetappe im Birspark wird es im 2020 endlich konkret. Die harte Arbeit wird aber voraussichtlich erst in der nächsten Legislatur mit sichtbaren Resultaten belohnt.
- Jaun Desirée (seit 2016)
In das schwierige Erbe ihrer Sammelfächer bzw. ‑departemente hat sie sich erstaunlich gut eingearbeitet. Umso erstaunlicher, wenn man sich die mangelhafte Führungscrew in ihrem Wirkungsbereich anschaut. Nach mehrfachen Ehrenrunden sind nun grosse Strassen- und Leitungsbauprojekte aufgegleist. Gelbe Säcke und grüne Tonnen machen die Abfallbeseitigung etwas farbiger, wohl bald aber auch etwas teurer. Neben den Grundaufgaben schafft sie es schon in ihrer ersten Legislatur, neue Projekte und Themen aufzugreifen, anstatt nur das Pflichtprogramm zu absolvieren. Fair Trade im Dorf, Power+Fairplay im Gemeinderat. Chapeau.
- Meschberger Regula (seit 2012)
Dass man für das “Leben in Birsfelden” mit bescheidenen Mitteln aber viel Einsatz etwas bewegen kann, zeigt ihr Wirken eindrücklich. Vieles hat sich bei den familienergänzenden Angeboten, auf den Spielplätzen und im Alterszentrum getan. Wenn auch leider nicht immer nur Positives, wobei dafür eigentlich v.a. ihr untätiger Vorgänger und das falsche Anreizsystem des Kantons eine grosse Verantwortung übernehmen müssten. Trotzdem: Schwierige Dossiers werden angepackt und proaktiv bewirtschaftet und wasserdichte Lösungsvorschläge präsentiert. Im Gestalten erhält sie deshalb sehr gute Noten.
- Oberbeck Simon (seit 2008)
Ober.…wie bitte?…Ist der auch im Gemeinderat? Der arbeitet doch in der Hafenverwaltung und berät den Chef, wie er politisch Birsfelden über den Tisch ziehen kann. Oder hat er mal ein neues TLF eingeweiht? Und sonst? Als “Medienverantwortlicher” bei den Rheinhäfen könnte man wenigstens etwas Aktivität in den modernen Medien erwarten. Seine Homepage wurde letztmals im 2016 aktualisiert und die CVP, deren Präsident er ist, hat keine richtige eigene Webseite. Offenbar sind seine Leistungen überall unsichtbar. Von nichts kommt nichts. Und darum muss für die Nichtarbeit im Gemeinderatleider das Prädikat “sehr schwach” vergeben werden.
- Schafroth-Bendel Brigitte (seit
18752006)
Auch nach so langer Zeit im Amt bekundet sie nervositätsbedingt Mühe, einen sauberen Vortrag über ein facheigenes Dossier vor interessiertem Publikum (z.B. der Gemeindeversammlung) zu halten. Dass sie sich im Kollegialgremium in Diskussionen zu nicht facheigenen Dossiers überhaupt einbringen kann, ist schwer vorstellbar. Insgesamt erhält man den Eindruck, ihre Fähigkeiten liegen mehr im operativen als strategisch Bereich. Dafür ist sie aber leider im falschen Leistungszug.
Christoph Meury
Jan 28, 2020
Okay, Birsfelden als Fair Trade-City ist eine nette Note und ein funktionierendes Abwassersystem ein Muss. Mehr aber leider nicht! Eine Gemeinde wie Birsfelden braucht entschieden mehr als ein paar dekorative Farbtupfer, oder die Erfüllung des Pflichtprogramms. Birsfelden braucht eine Entwicklungsstrategie, welche in eine prosperierende Zukunft weist. Gesunde Finanzen sind dabei das A & O. Nur, wer die Finanzen im Griff hat und adäquate Einnahmen generieren kann, verfügt über die nötigen Gestaltungsspielräume. Dazu gehört aber auch eine adäquate Wohnpolitik. Eine Wohnbaupolitik, welche in die Zukunft weist und kommenden Generationen genügend und vielfältigen Wohnraum zur Verfügung stellt, ist auch eine nachhaltige und gesunde Sozialpolitik. Es ist das unbestrittene Verdienst von Christof Hiltmann, sowohl im Finanzbereich, wie auch in der Wohnbaupolitik mit einer klaren Strategie angetreten zu sein und die entsprechenden Prozesse, transparent und effizient, in Gang gebracht zu haben. Dabei geht es nicht nur um die vorliegenden Bauprojekte, sondern wesentlich um die partizipative und demokratische Umsetzung. Er hat es verstanden einen grossen Teil der Bevölkerung auf die Reise mitzunehmen und die Gestaltungsräume in offenen Mitwirkungsverfahren zugänglich zu machen. Er moderiert diese Prozesse und leitet Gemeindeversammlungen konstruktiv-kreativ. 2x Chapeau! Da wirkt der restliche Gemeinderat eher stoisch & fantasielos und permanent leicht überfordert.
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PS.: Wenn die StimmbürgerIn der Meinung ist, dass der Hafen und die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung im Hafen für Birsfelden irrelevant ist, dann ist die Wahl von CVP-Mann Simon Oberbeck okay. Er sitzt zwar im Gemeinderat hat aber in Bezug auf Standortförderung und Stadtentwicklung keinen Einfluss. Ihm sind durch die Doppelmandate die Hände gebunden. Er ist eine politische Lame Duck! Durch seine Position als Beauftragter für Kommunikation und Verkehrspolitik der Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) ist er korrekterweise gezwungen bei den jeweiligen Geschäften in den Ausstand zu treten. Ergo nützt er der Politik wenig. Er kann lediglich die Interessen seines Arbeitgebers der SRH vertreten und die stehen grossmehrheitlich diametral zu den Interessen der Gemeinde. Das Hafenareal generiert bei der aktuellen Bewirtschaftung durch die SRH kaum Arbeitsplätze und beschert der Gemeinde nur marginale Steuereinnahmen. Es wäre also an der Zeit, dass die CVP reagiert und ihren Mann abzieht und durch eine unabhängige Person ersetzt. Aber offensichtlich ist der CVP dies egal und sie ist mit dem Status Quo zufrieden. Eine bescheidene politische Position.