Die von 1845 bis 1875 in Solothurn erschienene humoristische Zeitschrift “Der Postheiri” liess es sich nicht entgehen, die Einführung von Franken und Rappen zu kommentieren, — hier in einer Karikatur aus dem Jahr 1850, die das Verschwinden der kantonalen Embleme im Schmelzofen der neuen Einheitswährung zeigt. Im gleichen Jahr präsentierte “Der Postheiri” auch eine bodenständige und währschafte Alternative zu der edlen Landesmutter …
Damit es der ab 1875 stehenden Helvetia nicht langweilig wurde, liessen sie Karikaturisten in immer neuen Varianten auferstehen. Hier ein paar Beispiele:
1923 präsentierte der Nebelspalter die Helvetia im Zusammenhang mit einer Alkoholvorlage mit einer Schnapsnase. Es ging darum, Kantonen und Gemeinden das Recht zu geben, den Verkauf alkoholischer Getränke zu verbieten. Die Vorlage scheiterte, und der Nebelspalter kommentierte: … und die, die lärmen mit lautem Geschrei, sind meist in erster Linie dabei. Drum wollen wir lieber lächelnd gestehn, dass wir alle gern einen trinken gehn.
Ältere Semester erinnern sich vielleicht noch an den “Stützlisex-Skandal”, als ein Zürcher Barbesitzer auf die Idee kam, eine Peepshow zu eröffnen, bei der man nach dem Einwerfern eines Einfrankenstücks für eine Minute lang eine sich auf einer Drehbühne räkelnde nackte Schönheit bewundern konnte. Die Stadt liess die Show einige Jahre zu, Gody Müller wurde Millionär, verjubelte das Geld und starb mausarm. Die Kleinbasler Zeitung “Vogel Gryff” liess es sich anlässlich einer geplanten Peepshow auch in Basel nicht nehmen, unsere Helvetia dementsprechen umzukostümieren.
1985 karikierte der Brückenbauer Helvetia als treue Wächterin einer Wohlstandsschweiz, die damals das Bankgeheimnis noch mit Zähnen und Klauen zu verteidigen suchte. Ein paar Jahre später folgte eine Karikatur der Zeitung aus der Romandie “La Suisse” zur der damit verbundenen Geldwäschereiproblematik.
1991 schliesslich machte der Nebelspalter den Vorschlag für eine Sondermünze im Zusammenhang mit dem P 26-Skandal:
In den Jahren 1989 und 1990 erschütterte eine Kaskade von Affären das Vertrauen in die Politik und in die Landesbehörden der Schweiz. Die Enttarnung der geheimen Organisationen P‑26 und P‑27 stand nicht am Anfang, sondern am Ende dieser Serie. Auslöser war der Skandal um die erste Schweizer Bundesrätin und Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) Elisabeth Kopp. Die Vorkommnisse um Frau Kopp und ihren Ehegatten führten zur Einsetzung der Parlamentarischen Untersuchungskommission «PUK EJPD», die bei ihrer Tätigkeit auf 900’000 Fichen (Karteikarten) stiess, welche die Bundespolizei über Personen und Organisationen im Geheimen angelegt hatte (→ Fichenskandal). Da auf einigen der Fichen Querverweise zum Militärdepartement gefunden wurden, wurden Forderungen nach einer Ausdehnung der Untersuchung auf das EMD laut.
Noch vor der Einsetzung der PUK EMD publizierte die «Schweizer Illustrierte» im Februar 1990 einen Artikel über die «Geheimarmee der EMD-Spione». In der Folge erschienen auch in weiteren Medien Beiträge zu diesem Thema. Dabei wurden die Geschichten aus der Zeit von Oberst Albert Bachmann wieder aufgewärmt. Teile der Schweizer Öffentlichkeit reagierten empört, als durch die Medien verbreitet wurde, dass Waffendepots angelegt und Personen für den Widerstand ausgebildet worden seien. Um die Vorwürfe abzuklären, einigten sich die Bundesratesparteien auf die Einsetzung einer PUK für das EMD. (Wikipedia)
(sämtliche Bilder aus Georg Kreis, Helvetia)
Nächste Folge wie immer am kommenden Donnerstag, den 6. Dezember.
An anderen Serien interessiert?
Wilhelm Tell / Ignaz Troxler / Heiner Koechlin / Simone Weil / Gustav Meyrink / Narrengeschichten / Bede Griffiths / Graf Cagliostro /Salina Raurica / Die Weltwoche und Donald Trump / Die Weltwoche und der Klimawandel / Die Weltwoche und der liebe Gott /Lebendige Birs / Aus meiner Fotoküche / Die Schweiz in Europa /Die Reichsidee /Vogesen / Aus meiner Bücherkiste / Ralph Waldo Emerson / Fritz Brupbacher / A Basic Call to Consciousness / Leonhard Ragaz / Christentum und Gnosis / Helvetia — quo vadis? / Aldous Huxley / Dle WW und die Katholische Kirche /