Ich weiss nicht, wie viele Schweizer bis ins Jahr 1670 ihren Stammbaum zurückverfolgen können. Genaue Daten besitze auch ich nicht. Allenfalls die Namenstage von Heiligen, aber die wiederholen sich ja jährlich, ich finde wohl den Tag, das Jahr aber lässt sich nur schätzen. Bei den Heiligen gehörte keiner meiner Vorfahren dazu, das wüsste ich.
Damals verteilten die Banken und andere Betriebe noch nicht Kalender und Stifte mit Logo zum neuen Jahr, allenfalls Heiligenbildchen. In den Kirchenbüchern ist meine Familie erst ab 1733 verurkundet. Es gab auch noch keine Fremden- oder Bundespolizei, die fichierten und Buch führten. Ob der Landpfarrer im luzernischen Entlebuch dannzumal schreiben konnte, wissen wir auch nicht.
Was hingegen sicher ist, die Blochers und Schluers und Estermanns und Köppels und zahlreiche andere SVP-Mitglieder können den Schweizerpass noch nicht so lange besitzen. Weiter bleibt die Frage offen, ob sie erleichtert eingebürgert wurden, oder das, in einzelnen Gemeinden erniedrigende Vorführungsverfahren über sich ergehen lassen mussten.
Haben Sie sich selbst schon einmal gefragt, in welcher Generation Ihre Familie eingebürgert wurde?
Eingekauft? Eingeheiratet? Eingeschleimt? Eingewandert? Eingeladen? Eingebürgert?
Erleichterte Einbürgerung bedeutet, dass das Strafregister makellos sein muss, dass keine Betreibung vorliegt, dass im Leumundszeugnis nichts Negatives bekannt ist, dass die Steuern bezahlt sind und der Wohnsitz bekannt. Andernfalls wir das Gesuch gar nicht behandelt.
Mehr finden Sie im Abstimmungskuvert. Lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie…
Für jemanden, der hier bereits die gleiche Schule wie seine Eltern besucht hat, der eine Lehre absolviert oder studiert hat, der die Pizzeria seines Nono in dritter Generation weiterführt, benötigt man keinen Einbürgerungstest. Dazu braucht es nicht hämische Nachbarn, die sich über Kinderlärm beschweren, lautes Singen oder grillieren im Garten nach 22.00, Autowaschen am Sonntag, übertreten des Waschküchenplans. Nachbarn, die mit einer solchen Bemerkung das Einbürgerungsverfahren zur Ablehnung führen können.
Man sollte diese Nachbarn einem Deutschtest unterziehen, man könnte dann leicht feststellen, dass gefühlte 80% der Deutschschweizer allenfalls wissen, dass die Deutsche Sprache 4 Fälle kennt, dass die Deutsche Sprache 3 Vergangenheitsformen kennt, aber keine Ahnung haben, wie diese korrekt angewendet werden. Weil diese Nachbarn selbst ihre Sprachunsicherheit kennen, schreiben sie auf Facebook und in ihren SMSs in Dialekt, ohne eine Ahnung zu haben, dass es auch hier durchaus verbindliche Regeln gibt. Für die anderen Landessprachen (zwei weitere stehen mir zu Kommunikation zu Verfügung), fehlt mir aber die Kompetenz zu einem Urteil.
Zudem haben die einzelnen Bürgergemeinden einen grossen Spielraum, die Einbügerungskosten selbst festzulegen. Ich spreche hier von Kosten, nicht von Gebühren, die allerorts mehr oder weniger gleich anzusetzen sind. Ob es heute noch möglich ist, dass z.B. ein russischer Milliardär der Bürgergemeinde anbietet, einen Sportplatz für Schüler und Vereine der Gemeinde zu finanzieren, einen Skilift zu bauen oder das Hallenbad zu sanieren, weiss ich nicht. Solche Geschichten aber werden immer noch erzählt. Die Einbürgerung jedenfalls war in solchen Situationen mit Handschlag gebongt.
Die Terzos und Quartos aus Italien sind die grösste Gruppe, die bei einem JA zur erleichterten Einbürgerung “profitieren” könnten. Enkel, Urenkel und Ururenkel der Italiener, die seit 140 Jahren in die Schweiz geholt wurden um unseren Wohlstand zu mehren, Passstrassen, Tunnels und Brücken zu bauen. Italiener, die sich vielleicht noch erinnern können, wie ihre Grosseltern dereinst vor Schwarzenbach gezittert haben. Darum als „Dessert“ zu diesem lang gewordenen Text ein paar Lieder, die schon damals die Situation besungen haben.
1. naiv und romantisch
2. verächtlich und blöd
3. kritisch und realistisch
Ich denke, eine Abstimmungsempfehlung erübrigt sich.
Alex Gasser
Jan 19, 2017
Lieber Ueli
Da will ich dir doch nacheifern.
Eintrag im Gemeindebuch Diepoldsau:
Johann Gasser, Schuhster von Beruf, geb. 25. September 1772, gestorben 12. Februar 1857
Weiter zurück bin ich leider noch nicht gekommen, weil früher die Daten nur in den Kirchenbüchern erfasst wurden. Vermutlich kommen zwei Zweige in Frage:
Gasser nach Siegel des Conrad Gasser, Landammann Alberschwendi, Vorarlberg oder nach Siegel des Matheus Gasser,Landammann zu Feldkirch.
ueli kaufmann
Jan 19, 2017
Aber darum geht es doch gar nicht. Es ist nicht interessant, wer seinen ältesten Uropahn hat, sondern darum, ob die erleichterte Einbürgerung auch in dritter Generation hier Geborener und Aufgewachsener das gleiche Recht zugebilligt wird, wie angeheirateten ausländischen Ehepartnern schon nach 6 Jahren.
Franz Büchler
Jan 22, 2017
Wo ein Wille ist, darf der Weg nicht unendlich sein. Die Schweiz sieht sich als Willensnation. Was die Schweiz zusammenhält ist nicht die gemeinsame Abstammung, sondern die Idee einer umfassenden Demokratie mit freien und gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern.
Wo wären sonst all die Blochers, Schlüers und noch weitere SVP-Schweizergemachte?
annacarla
Jan 19, 2017
Die Einbürgerung habe ich hinter mir, haben meine Eltern erledigt. Sie bezahlten damals ca. 250.- pro Familienmitglied an Gebühr und dazu 10% des letzten steuerbaren Einkommens.
Dafür dürfen sie sich jetzt jedes Jahr 1 m³ Brennholz zu einem Vorzugspreis im Gemeindewald abholen. Inzwischen heizen sie mit Oel und wohnen schon lange in einer anderen Gemeinde.
Dass Herr Kaufmann und Herr Gasser nur Väter und Opas erwähnen?
Hat nicht jeder auch eine Mama und eine Nonna, oder war das vor 300 Jahren anders?
hasira
Jan 19, 2017
Ist doch klar: Vor 300 Jahren wurden die Kinder doch noch vom Storch gebracht!
ueli kaufmann
Jan 19, 2017
Schön. Damals gab es ja auch noch überall Störche, nicht nur im Zolli und den langen Erlen.
Franz Büchler
Jan 29, 2017
http://www.matthiaszehnder.ch/wp-content/uploads/2017/01/Wochenkommentar_170120.pdf
Franz Büchler
Jan 20, 2017
Es war schon immer so, dass sich die Reproduktion den Umständen anpasste. Was bei der grossen Blackout-Übung von SRF leider auch nicht thematisiert wurde: Nach grossen Blackouts (Stromausfällen) gab es nach 9 Monaten immer wieder Überraschungen …
Franz Büchler
Jan 30, 2017
Nicht ganz in eigener Sache:
Operation Libero organisiert eine Podiumsdiskussion zum Thema Erleichterte Einbürgerung der 3. Generation am Mittwoch, 1. Februar um 19:30 Uhr im Restaurant Kaserne in Liestal, Kantinenweg 6. Das Podium verspricht eine spannende Diskussion!
Im Ring stehen: SVP- Nationalrat Andreas Glarner auf der NEIN-Seite (das ist der, der einen Stacheldrahtzaum um die Schweiz bauen will*), sowie Marc Bürgi, Präsident BDP Baselland und Einwohnerrat Pratteln und Libero Stefan Egli, Co-Kampagnenleiter für die erleichterte Einbürgerung auf der JA-Seite. Als Ringrichter und Moderator konnte der ehemalige Tele Basel Moderator Adrian Gaugler gewonnen werden.
*Vom Projekt Zaun musste Abstand genommen werden, da sämtlicher Stacheldraht nun an der mexikanischen Grenze gebraucht wird.