Eigentlich müsste der korrekte Titel heissen:
Der »Staatsvertrag zwischen den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft betreffend die Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft zu einer Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unter dem Namen “Schweizerische Rheinhäfen” (“Ports Rhénans Suisses”, “Swiss Rhine Ports”) (Rheinhafen-Vertrag)« wird geboren.
Da hatte sie nun seit 1941 einen Hafen, die Gemeinde Birsfelden. Und der Hafen stand 1941 mit dem ersten Kohleschiff erst ganz am Anfang. Der weitere Ausbau erfolgte Stück für Stück, respektive Baurecht um Baurecht, verwaltet vom Kanton Basel-Landschaft.
Etwas, das bald am Anfang anstand, war Verwaltung und Administration des Hafens. Z.B. auch die Organisation des Schiffverkehrs, denn der funktionierte von Basel an rheinaufwärts als »Einbahnstrasse«. Erst nach der Ferigstellung des Kraftwerks wurde der Rhein bis zur Johanniterbrücke so ausgetieft, dass er in beiden Richtungen gleichzeitig befahren werden konnte.
Die Gesamtheit der Anlagen (Au, Birsfelden, St. Johann und Kleinhüningen) wurden als »Rheinhäfen beider Basel« bezeichnet. Durch Vereinbarungen 1946 und 1959 hatte der Kanton Basel-Landschaft dem Basler Rheinschifffahrtsamt die Direktion der Landschäftler Häfen und auch die Bearbeitung der den Kanton betreffenden Fragen der Rheinschifffahrt übertragen.
Und damit war ja alles in Butter. Oder? Sicher nicht, denn Birsfelden war ja für die ganze Infrastruktur wie Wasser, Abwasser, Strassen, Feuerwehr, etc. verantwortlich.
Und so kommen wir zum Parlament, dem Landrat. Am 19. Juni 1997 reichte Peter Meschberger im Landrat ein Postulat ein:
1997-132 Postulat von Peter Meschberger, SP:
Schaffung einer einzigen überkantonalen Rheinhafenverwaltung
In den beiden Halbkantonen bestehen zwei getrennte Rheinhafenverwaltungen und zwei unterschiedliche kantonale Rheinhafengesetze. Dies führt neben grossem Aufwand auch dazu, dass die Standorte sich konkurrenzieren und eine gemeinsame Planung für den schweizerischen Teil des Oberrheins schwierig macht.
Der Transport auf dem Rhein wird konkurrenziert durch den Transport auf Schiene und Strasse. Mit einer kostengünstigen Administration und einer gemeinsamen Planung und Organisation aller drei Häfen könnte Einiges getan werden, um die Attraktivität der Rheinschiffahrt zu verbessern.
Wir bitten darum die Regierung zu prüfen,
- ob es mögliche wäre alle drei Rheinhäfen durch den Kanton Basel-Landschaft zu verwalten und
- ob es möglich wäre, die kantonalen Rheinhafen-Gesetzgebungen von Basel-Stadt an die von Basel-Landschaft anzugleichen,
- zu berichten, welche Vor- und Nachteile auf die regionale und schweizerische Wirtschaft eine Zusammenlegung hätte,
- welche [finanziellen Folgen sich ergeben würden.
Wenn der gute Peter Meschberger geahnt hätte, welche Lawine er mit seinem Postulat losgetreten hat, ob er wohl das Postulat eingereicht hätte? Es wurde nämlich erst 10 Jahre später mit dem Staatsvertrag beantwortet. Gefragt, was er dazu meine, sagte er:
»Wenn Politik so einfach wäre, könnte man sie ja gleich sein lassen.
Bekanntlich war ich von 1975 bis 1983 und dann wieder von 1995 bis 2003 Mitglied des Landrates. Und in dieser Zeit habe ich wenige derartige Vorstösse im Landrat eingereicht. Aber alle waren bis aufs Hinterste durchdacht. Alle Vor- und Nachteile wurden gegeneinander aufgewogen. Und erst wenn ich 100-prozentig hinter der Forderung und allen möglichen Konsequenzen stehen konnte, habe ich sie eingereicht. So habe ich es auch in all meiner Zeit als Gemeindepolitiker gehalten.
Wenn du eine echte Antwort auf deine Frage willst, dann benötige ich mehr als nur einen oder zwei Sätze. Das hat eben auch eine längere Geschichte. Sie dürfte auch etwas interessanter und aufschlussreicher sein, als offenbar vermutet. Also wenn du willst, schreibe ich diesen Aufsatz gerne.«
Wir kommen gerne in einem der nächsten Beiträge auf dieses Angebot zurück.
Andere Parlamentarier hatten andere Anliegen, die sich zum Teil schon auf den angedrohten »Staatsvertrag über die Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft zu einer Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unter dem Namen «Schweizerische Rheinhäfen» («Ports Rhénans Suisses», «Swiss Rhine Ports») (Rheinhafen-Vertrag)« (nachfolgend nur noch Staatsvertrag genannt) bezogen.
So z.B. mit eine Motion:
2005–43 Motion Georges Thüring
Zusammenlegung der Rheinhäfen der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt
Dieser Staatsvertrag mit Basel-Stadt zur Zusammenlegung der Rheinhäfen darf nicht überstürzt abgeschlossen werden.
Antrag:
Der Staatsvertrag mit dem Kanton Basel-Stadt über die Zusammenlegung der Rheinhäfen beider Basel ist zurückzustellen.
Unter Berücksichtigung der stark rückläuHgen Entwicklung in den Rheinhäfen beider Basel in den letzten 15 Jahren, der bestehenden Hafenkapazitäten und neuer Hafenprojekte in der Region Basel (inkl. Rheinfelden), mittel- und langfristiger Perspektiven der Rheinschifffahrt sowie verkehrsplanerischer Fragen und raumplanerischer Überlegungen ist eine aussagekräftige Prognose über den künftigen Flächenbedarf der Rheinhäfen in der Region Basel zu erarbeiten. Nur was mittel- und langfristig in unserem Kanton wirklich als Hafenareal benötigt wird, ist mit Basel-Stadt zusammenzulegen und dem neuen Unternehmen „Schweizerische Rheinhäfen” zur Bewirtschaftung zu übergeben. Die übrigen Gebiete sind gemäss Ausscheidung im Regionalplan Siedlung bzw. im kantonalen Richtplan als normale Bauzonen in die Planungshoheit der Gemeinden zu übergeben.
Der Landrat lehnt die Überweisung der Motion 2005/043 mit 45:33 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.
Oder z.B. auch:
2005-222 Motion von Regula Meschberger
Anpassung des Rheinhafengesetzes
Der Regierungsrat wird beauftragt, das Rheinhafengesetz so abzuändern, dass sich die “Spezialzone Hafengebiet” im Birsfelder Hafen auf das für den Hafenbetrieb notwendige Areal beschränkt.
Regula Meschberger zeigt sich froh darüber, dass der Regierungsrat bereit sei, ihr Anliegen zumindest als Postulat entgegen zu nehmen. Sie bittet jedoch dringendst, eine Änderung des Rheinhafengesetzes tatsächlich ins Auge zu fassen.
Sie erklärt sich mit der Entgegennahme als Postulat einverstanden.
Hier klingt etwas an, nämlich der überdimensionierte Hafenperimeter, der uns sicher immer wieder beschäftigen wird und mit ein Grund war, warum Birsfelden den Staatsvertrag haushoch ablehnte.
Andere wollten überhaupt nichts mehr wissen von einem Staatsvertrag. Z.B.:
2005/228 Postulat der SVP-Fraktion
Rheinhäfen-Fusion: Abbruch der Verhandlungen
Aufgrund der Reaktionen zur Vernehmlassungsvorlage und aufgrund des seitherigen Verhaltens des Verhandlungspartners Basel-Stadt zeichnet sich ab, dass für die geplante Fusion keine tragfähige Grundlage für die Konzeptidee “Rheinhäfen beider Basel” besteht. Wir fordern den Regierungsrat deshalb zum Abbruch der Verhandlungen auf.
Abgelehnt wird eine Überweisung des Postulats 2005/228, und zwar mit 55:23 Stimmen bei 3 Enthaltungen.
Christoph Rudin dachte da schon etwas weiter, aber vielleicht war es auch nur so etwas wie Verzögerungstaktik? Er postulierte:
2006–26 Postulat von Christoph Rudin
Trinationaler Masterplan Rheinhafen
Die Unterzeichneten beantragen dem Regierungsrat, zusammen mit Basel-Stadt, Deutschland und Frankreich einen Masterplan über die Nutzung der Häfen Basel St. Johann und Klybeck, Birsfelden, Auhafen Muttenz, Weil-Friedlingen und Hüningen zu erarbeiten und dem Landrat darüber zu berichten.
Stellungnahme des Regierungsrates:
Bezüglich einer trinationalen Koordination der Hafennutzung muss darauf hingewiesen werden, dass zwischen dem Hafenbetrieb in den Rheinhäfen beider Basel und demjenigen in Deutschland und Frankreich ein entscheidender Unterschied besteht. Während in der Schweiz das eigentliche Hafenumschlagsgeschäft bewusst der Privatwirtschaft überlassen wurde und damit den Gesetzen des freien Marktes folgt, sind im Ausland die Häfen auch Hafenumschlagsbetreiber. Entsprechend beschränkt sich die Aufgabe der Rheinhäfen beider Basel auf die Zurverfügungstellung von Hafenareal und Infrastruktur sowie auf die Durchsetzung und Kontrolle der im Gesetz vorgesehenen Vorschriften und Bestimmungen. Die unweigerlich notwendigen Lenkungsmassnahmen in der Folge der Umsetzung eines Masterplanes dürften daher auf massive Schwierigkeiten stossen.
Im Sinne eines realistischen, schrittweisen Vorgehens wurde die Vorlage zum Staatsvertrag über die Zusammenlegung der Rheinhäfen beider Basel unterbreitet. Diese Vorlage umfasst auch einen Businessplan und eine Entwicklungsstrategie, sowie einen Abschnitt über die Beteiligung am Rheinhafen Weil. Im Falle einer Annahme dieser Vorlage können anschliessend die Möglichkeiten über eine erweiterte trinationale Zusammenarbeit abgeklärt werden.
Nach einer Vernehmlassung und all dem Geplänkel im Parlament kam dann die Quintessenz:
2006-165 (1) Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission, Staatsvertrag
Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft (Rheinhafen-Vertrag); Partnerschaftliches Geschäft
Der Regierungsrat unterbreitet dem Landrat den gemeinsam mit dem Regierungsrat von Basel-Stadt erarbeiteten Staatsvertrag sowie den dazugehörigen Bericht betreffend Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft (Rheinhafen-Vertrag).
Im Zusammenhang mit diesem Bericht nimmt der Regierungsrat auch Stellung zu den folgenden vier hängigen parlamentarischen Vorstössen.
Diese betrafen unter anderen das Postulat von Christoph Rudin und eben das Postulat von 1997 von Peter Meschberger 10 Jahre nach dessen Einreichung.
Und dann folgte der Antrag des Regierungsrates:
2006-165 (2) Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
Staatsvertrag, Gemeinsamer Bericht
Mit Antrag an Landrat BL und Grossrat BS:
Der Staatsvertrag zwischen den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft betreffend die Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft zu einer Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unter dem Namen “Schweizerische Rheinhäfen” (“Ports Rhénans Suisses”, “Swiss Rhine Ports”) (Rheinhafen-Vertrag) vom 13./20. Juni 2006 wird genehmigt.
Und er wurde vom Landrat genehmigt und kam am 17. Juni 2007 zur Abstimmung.
Titelbild: Büchler, Landratssaal und Regierungsgebäude: Kanton Basel-Landschaft
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Christoph Meury
Apr 17, 2020
Aus heutiger Sicht kann man sicher feststellen, dass die kommunalen PolitikerInnen sich redlich bemüht haben die Hafenentwicklung positiv zu beeinflussen. Sowohl Peter Meschberger, wie auch Regula Meschberger und Christoph Rudin haben versucht mit ihren politischen Interventionen Gegensteuer zu geben und die Anliegen der BirsfelderInnen einzubringen. Leider konnten sie mit ihren Forderungen nicht durchdringen. Es wäre daher spannend, wenn die Initianten die Vorgänge im Rückblick bewerten und die Entscheide kritisch würdigen könnten.
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Seit 2007 ist der Staatsvertrag zwischen den beiden Kantonen in Kraft. Da wäre es nicht falsch, wenn man eine Zwischenbilanz ziehen würde. Welchen Mehrwert hat die formelle Zusammenlegung der Rheinhäfen dem Kanton Basel-Landschaft gebracht? Wie hat sich das Mitspracherecht bewährt? Hat Birsfelden von der Kooperation der beiden kantonalen Player profitiert und hat sich die Position von Birsfelden seit 2007 nachhaltig verbessert, oder allfällig sogar verschlechtert? Ein kritischer Rückblick der ehemaligen politischen Rädelsführer Meschberger & Meschberger und Rudin wäre nicht nur sinnvoll, sondern könnte essentielle Grundlage für zukünftige politische Vorstösse sein.
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Aus meiner Sicht und in Kenntnis der aktuellen Situation ist bei den politischen Prozessen Birsfelden als Verlierer aus dem Rennen ausgeschieden. Formell hat die Gemeinde zwar ein marginales Mitspracherecht, aber defacto ist Birsfelden zum Nachvollzug sämtlicher Vereinbarungen der beiden Kantone BL & BS mit der SRH verknurrt. Das hat Christof Hiltmann jüngst im Grundsatz bestätigt.
Wirtschaftlich hat der Staatsvertrag für Birsfelden keinen Mehrertrag gebracht. Birsfelden liefert grosse Teile der Infrastruktur (Zubringerstrassen und Wasser/Abwasser), wird dafür aber nur marginal entschädigt. Hat also lediglich eine zudienende Funktion.
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Die wirtschaftliche Prosperität der drei Hafenareale liegt eindeutig beim Hafen Basel-Kleinhünigen. Der Ausbau mit einem weiteren Hafenbecken (Hafenbecken 3) und zusätzlichen Gleisanlagen für den unmittelbaren Güterumschlag (Gateway Basel Nord) wird dem Basler Hafen einen tüchtigen wirtschaftlichen Schub geben. Das 130 Mio. Franken kostende Grossprojekt verbindet zukünftig die internationale Schifffahrt direkt mit dem Schweizer Schienennetz und der Autobahn. Im neuen Becken haben gleichzeitig zwei 150 lange Koppelverbände (Verbindung mehrerer Schiffe) Platz, von denen aus die Container direkt auf Züge und Lastwagen umgeladen werden.
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Damit marginalisiert sich der Birsfelder Hafen automatisch. Diese Entwicklung «entwertet« nicht nur die Position der Baselbieter Rheinhäfen, sondern sie stellt grundsätzliche Fragen zur zukünftigen Entwicklung des Birsfelder und des Muttenzerhafens. Die Politik ist/wäre also gefordert die Ausgangslage neu zu bewerten, um zu klären, welchen Stellenwert den beiden Hafenarealen zukünftig zugemessen wird. Eine Entwertung als Reserve- und Abstellhafenareale kann vom Kanton Baselland keine vertretbare Positionierung sein. Ergo müssen die beiden grossen Gewerbe- und Industrieareale einer erweiterten Bestimmung und einer Neu-Positionierung zugeführt werden.
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Damit kommt jetzt eindeutig wieder Birsfelden ins Spiel. Es kann der Gemeinde nicht egal sein, wohin eine zukünftige Entwicklung tendiert. Der Birsfelder Hafen und die angrenzenden Industrieareale sind keine exterritorialen Sperrgebiete, welche die Mitbestimmung der Gemeinde Birsfelden ausschliessen und demokratische Prozesse aushebeln. Die wirtschaftliche Prosperität der Gemeinde ist mit dem Areal eng verbunden. Demokratische Rechte beinhalten auch Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte. Das müsste die Politik auf kantonaler Ebene wieder einmal klarstellen. Es kann auch zukünftig nicht hingenommen werden, dass 85 Gemeinde der Gemeinde Birsfelden diktieren, wo’s lang geht und das Mitbestimmungsrecht der Gemeinde Birsfelden mit Mehrheitsbeschlüssen ignorieren. Der Hafen liegt nur mal auf dem Gemeindebann von Birsfelden, also ist es erheblich in welchem Masse die BirsfelderInnen mitbestimmen können, wohin die zukünftige Entwicklung hinzielt.