Die geneigten Leserinnen und Leser haben es wahrscheinlich schon erraten:
Wir erleben die Renaissance der Medizinmänner. Es kommen jetzt plötzlich die Druiden wieder, also die Häuptlinge schleichen aus ihren Zelten, die Medizinmänner, die Druiden kommen zurück, und hier ist Professor Reto Knutti zu nennen von der ETH Zürich. Es ist ja hochinteressant, dass ausgerechnet ein ETH-Professor, der ja dieses wissenschaftliche Weltbild verkörpern sollte, sich selber zum Medizinmann macht.
Wie kommt der WW-Chefredakteur zu dieser Behauptung?
Professor Reto Knutti hatte die schlechte Idee, auf seinem Twitter-Kanal zu schreiben: Wir müssen die Signale des Wetters ernst nehmen, um auf das Klima von morgen vorbereitet zu sein.
Angesichts dieses ungeheuerlichen wissenschaftlichen “Fehlers” ist Roger Köppel nicht mehr zu halten:
Das ist genau diese Denkfigur: …. Das Wetter spricht zu uns, meine Damen und Herren. Das Wetter sendet Signale aus. Das Wetter macht Zeichen. Das Klima möchte uns eine Botschaft überbringen. Aber diese Botschaft kann eben nur entschlüsselt werden vom Medizinmann Reto Knutti, der uns dann erklärt mit der ganzen Autorität seines wissenschaftlichen Apparates an der ETH Zürich, wie wir diese Signale, diese Klopfzeichen des Wettergotts zu verstehen haben.
Also wir erleben hier wirklich die Renaissance der Häuptlinge, wir erleben die Renaissance der Medizinmänner, und wir erleben die Rückkehr naturreligiöser heidnischer Vorstellungen und gleichzeitig die Überwindung derselben, denn nicht nur wird der Wettergott wieder eingeführt und angebetet und ihm geopfert, nein, der Mensch macht sich selber, oder ist im Begriff, glaubt, sich zum neuen Wetter- und Naturgott machen zu können. Man stösst das gleichzeitig vom Thron und setzt sich selber drauf. Ein wunderbarer Stoff, den man, wenn eben die Universitäten nicht selber von diesem Wahnsinn befallen wären, an unseren Universitäten einmal näher erforschen müsste.
Tja, was soll man dazu noch sagen …
Vielleicht dies:
● “Medizinmann” ist ein von Weissen abschätzig geprägter Begriff für “Schamane”. Anlässlich des Besuchs einer indigenen Delegation in der Regio Basilienisis in den 70-er Jahren hatte ich Gelegenheit, mit einem angehenden Schamanen der Haudenosau-nee/ Irokesen (im Bild auf dem Gempenturm) zu sprechen. Er befand sich mitten in einer zwölfjährigen (!!) Ausbildung.
Der berühmte Neo-Jungianer Robert Moore, Autor des Klassikers “König, Krieger, Magier, Liebhaber: Initiation in das wahre männliche Selbst durch kraftvolle Archetypen”, setzte sich mit nordamerikanischen Schamanen auseinander und war beeindruckt von ihrem Wissen um ökologische Zusammenhänge und ihre Beziehung zur menschlichen Seele.
● Von einer Rückkehr naturreligiöser heidnischer Vorstellungen zu sprechen drückt perfekt die absolute Arroganz und Ignoranz “christlicher” Europäer angesichts der indigenen Kulturen weltweit aus. Keiner hat das besser herausgearbeitet als der indianische Schriftsteller, Wissenschaftler und Aktivist Jack D. Forbes in seinem Buch “Die Wetiko Seuche” (alternativer Titel: “Columbus und andere Kannibalen. Die indianische Sicht der Dinge”)
Um auch noch dem letzten SVPler angesichts des Klimawandels eventuelle ungute Gefühle zu nehmen, stellt der WW-Chefredakteur definitiv klar, warum alle, die der Meinung sind, es sei höchste Zeit geeignete Massnahmen zu ergreifen, dem lieben Gott im Himmel — da sei Gott vor!! — ins Handwerk pfuschen:
Jetzt sind wir ja dran, uns selber zum Chef zu machen. Wir sind jetzt die Herren der Schöpfung. Wir regulieren das Klima. Wir bauen den ganz grossen Thermostat, damit wir die Raumtemperatur auf diesem Planeten wunderbar angenehm bestimmen können, und damit wir diesen Thermostat bauen können, müssen wir unseren bisherigen Lebensstil verschrotten, braucht es eine Politik, die uns mit Verboten, mit Lenkungen, mit Massnahmen und Strafaktionen in die richtige Richtung prügelt, damit wir dann neugeboren als Naturgötter, die wir selber geworden sind, in der Lage sein werden, das Klima, das Wetter, das Wasser, die Stürme zu kontrollieren. Ich finde es richtig interessant. Das ist ein ganz neues heidnisches Verständnis, das sich hier ausbreitet, also jeder kann ein kleiner Donnergott sein, wenn er nur den Vorgaben von Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga folgt, wenn er nämlich ihre Klimapolitik mitmacht.
Der birsfälder.li-Schreiberling hat sich immer wieder gefragt, warum er überhaupt auf dieses unsägliche Geschwurbel eines der SVP-Chefideologen eingeht. Vielleicht darum:
Die Schweizerische Volkspartei nimmt für sich in Anspruch, im Gegensatz zu allen anderen Parteien das “ächte Schweizertum” zu vertreten, — was immer das auch heissen mag. Letzte Demonstration war das Höhenfeuer-Ritual nach dem Scheitern des Rahmenabkommens.
Die SVP bildet zurzeit mit 59 Sitzen die stärkste Fraktion im Parlament. Es ist zu hoffen, dass die andern Parteien diesem arroganten und spalterischen Pseudo-Schweizertum die kalte Schulter zeigen. Und vor allem ist zu hoffen, dass die Bevölkerung der Schweiz die jeweils mit vielen Millionen gesponserte Propaganda-Lawine der SVP bei den kommenden eidgenössischen Wahlen langsam aber sicher durchschaut und an der Urne die entsprechenden Konsequenzen zieht …