Urs Gehriger, der WW-Journalist, der inständig auf die Wiederwahl Trumps hoffte (siehe oben), scheint sich vom Schock von dessen Abwahl langsam zu erholen und übertitelte seinen Kommentar auf Weltwoche Daily nach dem Florida-Auftritt des abgehalfterten Präsidenten hoffnungsfroh:
Da kann man ja auch vorsorglich schon mal den neuen Präsidenten in die Pfanne hauen 😉
Nun, zum Glück ist das mit der neuen Kandidatur noch eine ziemlich wackelige Sache. Zuerst muss das abgewählte Präsidenten-Genie ja erst mal all die Prozesse überstehen, die wegen seiner finanziellen Mauscheleien auf ihn zukommen …
Doch nun zum eigentlichen Thema: “buzzwords”. Ich habe diesen Begriff erst bei Allen Frances kennengelernt. Wikpedia definiert ihn so:
Schlagworte sind Wörter oder kurze Phrasen, die benutzt werden, um bestimmte Sachverhalte prägnant und überzeugend mitzuteilen. Da ihrem Gebrauch eine (unbewusste) Überzeugungsabsicht zugrunde liegt, verknappen oder vereinfachen diese Wörter den beschriebenen Sachverhalt oft auf zweifelhafte Weise zugunsten des Wohlklangs und zu Lasten der vermittelten Information. Sie können auch einen schmähenden oder verhöhnenden Charakter haben.
Was “buzzwords” bewirken, führt Frances noch etwas genauer aus:
Auf die Politik angewandt könnte das bedeuten, dass inhaltsleere buzzwords rationale Gedanken und bedeutungsvolle Diskussionen verdrängen. Sie umgehen den Dialog, sprechen die Amygdala an und halten gleichzeitig den Kortex in Schach – ein bequemer Ersatz fürs Denken, der bewusst verschleiert und vernebelt, um Vernunft und gesunden Menschenverstand zu Fall zu bringen. Als unscharfe und vorsätzlich diffus gehaltene Modeworte werden jargonhafte Anspielungen normalerweise erfunden, um Propaganda zu platzieren, statt die Wahrheit zu suchen oder brauchbare Optionen anzubieten. Die Worte, mit denen politische Themen formuliert werden, halten uns davon ab, sie zu lösen, und verbergen Eigennutz und die Vorurteile.
Er führt dann auch gleich typische Beispiele an, wie sie in den USA sowohl von Republikanern wie von Demokraten verwendet werden. Eine kleine Auswahl:
Republikaner
Freier Markt / Recht auf Leben / Klassenneid / Richterlicher Aktivismus / Sozialhilfebetrüger(innen), Liberale Elite / Kommunist / Steuererleichterung / Nationale Sicherheit / die Eliten / Krieg dem Terror / Patriotismus / Freiheit / usw.
Demokraten
Fairness / Faschist / Redneck / Nachhaltigkeit / Paranoid /Extremisten / Benachteiligung / Trickle-Down / usw.
(diese Liste ist bei Frances einiges kürzer, — wahrscheinlich nicht ganz zufällig …)
Jetzt wäre es natürlich ein spannendes Spiel sich zu überlegen, bei welchen helvetischen Parteien welche “buzzwords” auftauchen 🙂
Frances verweist auch auf den “Extremisten-Effekt”, nämlich die Propaganda-Strategie, jemanden einen “Extremisten” oder einen Entscheid “extremistisch” zu nennen, auch wenn die Aussage oder der Entscheid durchaus vernünftig oder wenigstens diskutabel ist. Ein schönes Beispiel dafür in unseren heimischen Gefilden dürfte der kürzliche Auftritt einer resoluten Dame im Nationalrat gewesen sein, die die Schweiz schon unter einer dikatorischen Fuchtel wähnte …
Eines in der Schweiz ganz sicher am meisten zitierte “buzzword” ist “Freiheit”. Immerhin haben wir ja den Wilhelm Tell!! Alle Parteien (und auch wir) gebrauchen das Wort gerne und häufig, — aber ob die Parteien resp. wir darunter immer das gleiche verstehen, steht auf einem anderen Blatt.
Peter Schlabach, ein deutscher philosophierender Politiker (- doch, das gibt es tatsächlich!) stellt in der Einleitung zu seinem Buch “frei sein” die Fragen:
Was ist eigentlich Freiheit? Was verstehen wir vor allem heute darunter? Halten Sie es nicht für ziemlich unsinnig, solch eine Frage zu stellen? Jedermann weiß doch heute wirklich, was Freiheit ist, was sie meint! Aber ist das wirklich so? Wenn alle wirklich wüssten, was Freiheit meint und bedeutet, warum ist sie dann nach wie vor so umstritten, so umkämpft, ja wird sogar missbraucht? Wäre es da nicht sinnvoll, nein dringend erforderlich, sie uns erneut etwas näher zu betrachten?
Bevor wir dieser Aufforderung nachkommen, lohnt es sich, noch etwas länger bei Allen Frances und seinen Gedanken zu bleiben, wie eine politisch völlig zerrissene Gesellschaft denn geheilt werden könnte. Dies wie immer
am kommenden Freitag, den 25. März