In ihrem Buch “The Dan­ger­ous Case of Don­ald Trump” kom­men die beteiligten Psy­chi­ater, Ana­lytik­er und Psy­cholo­gen zu einem ver­nich­t­en­den Urteil. Grund­lage dafür war die Auswer­tung sein­er Inter­views, Tweets und von hun­derten Stun­den Videoauf­nah­men. Hier eine kleine Über­sicht der wichtig­sten Feststellungen:

Trump ist ein “ungezügel­ter Gegenwartshedonist”.
Gegen­wartshe­do­nis­ten leben im gegen­wär­ti­gen Moment, ohne viel an die Kon­se­quen­zen ihrer Hand­lun­gen oder an die Zukun­ft zu denken. Ein extremer Gegen­warts-Hedo­nist wird sagen, was immer nötig ist, um sein Ego aufzupumpen und sein inhärentes geringes Selb­st­wert­ge­fühl zu beruhi­gen, ohne an die ver­gan­gene Real­ität oder an die poten­ziell ver­heeren­den zukün­fti­gen Fol­gen von spon­ta­nen Bemerkun­gen oder sog­ar wichti­gen Entschei­dun­gen zu denken.

Trump lei­det an pathol­o­gis­chem Narziss­mus (NPD).
Dieser zeich­nte sich durch  die sog. “Triple E” aus.
Enti­tle­ment — Der Anspruch, so zu tun, als ob die Welt und andere Men­schen ihnen etwas schulden und sich ihrem Willen beu­gen sollten.
Exploita­tion — Aus­beu­tung, die Men­schen um sie herum zu benutzen, um sich selb­st als etwas Beson­deres zu fühlen, egal was es andere emo­tion­al oder sog­ar physisch kostet.
Empa­thy-Impair­ment — Ver­nach­läs­si­gung und Ignori­eren der Bedürfnisse und Gefüh­le ander­er, sog­ar der­jeni­gen, die ihnen am näch­sten ste­hen, weil ihr eigenes Bedürf­nis, sich beson­ders zu fühlen, alles ist, was zählt.

Trump lei­det an schw­er­er Soziopathie.
Men­schen mit soziopathis­chen Zügen ver­wen­den spez­i­fis­che abnorme emo­tionale Mech­a­nis­men. Der wichtig­ste von ihnen ist die “pro­jek­tive Iden­ti­fika­tion”. “Pro­jek­tion” an sich bezieht sich auf den Glauben, dass andere Gefüh­le oder Gedanken haben, die tat­säch­lich im Kopf der Per­son sind, die pro­jiziert. In der Regel han­delt es sich dabei um aggres­sive und gefährliche Gefüh­le, die durch Pro­jek­tion auf andere bewältigt wer­den, die dann als aggres­siv und gefährlich ange­se­hen werden. …
Auf­grund der Unfähigkeit, Men­schen real­is­tisch einzuschätzen (oder sich um sie zu küm­mern), wer­den andere abwech­sel­nd als böse oder gut ange­se­hen, je nach­dem, welche Pro­jek­tion ger­ade im Ein­satz ist. Der Soziopath kann Men­schen so behan­deln, als wären sie gute Fre­unde, indem er ihnen char­mant Kom­pli­mente macht, wie wun­der­bar sie sind, um sich dann plöt­zlich gegen sie als Feind zu wenden.

Schwere Soziopa­then zeich­nen sich durch einen eklatatan­ten Man­gel an Empathie (Ein­füh­lungsver­mö­gen) aus, ver­fü­gen aber oft über eine andere erschreck­ende Art,
die Empathie des Raubtiers. Ein Tiger, der sich an seine Beute her­an­pirscht, muss die Fähigkeit haben, die Angst der Beute zu spüren, oder zumin­d­est die kleinen Anze­ichen dieser Angst wahrzunehmen (Malan­charuvil 2012). Der Tiger ist “empathisch” mit sein­er Beute, aber nicht mit­füh­lend oder für­sor­glich. Erfol­gre­iche Soziopa­then sind so. …  Die räu­berische “Empathie” des erfol­gre­ichen Soziopa­then spiegelt eine bes­timmte Wahrnehmungs­fähigkeit wider und macht ihn zu einem Genie der Manip­u­la­tion. Wenn dies funk­tion­iert, erzeugt es ein ver­häng­nisvolles Ver­trauen in ihn. Den­noch ist er, wie der Tiger, gle­ichgültig gegenüber dem Woh­lerge­hen seines Ziels.

Haben die Buchau­toren mit dieser Etiket­tierung Trumps recht? Trägt vielle­icht das Video zum Kapi­tol-Sturm am 6. Jan­u­ar, das zum Auf­takt des laufend­en Impeach­ment-Ver­fahrens gezeigt wurde, zu ein­er Antwort bei? (ab 3.00):

Die Autoren ziehen schliesslich fol­gende Bilanz:
Trumps soziopathis­che Eigen­schaften sind unbe­stre­it­bar. Sie stellen eine tiefe Gefahr für Amerikas Demokratie und Sicher­heit dar. Mit der Zeit wer­den diese Eigen­schaften nur noch schlim­mer wer­den, entwed­er weil es Mr. Trump gelin­gen wird, mehr Macht und mehr Grandiosität mit weniger Ver­ständ­nis für die Real­ität zu erlan­gen, oder weil er mehr Kri­tik her­vor­rufen wird, die mehr Para­noia, mehr Lügen und mehr wütende Zer­störung erzeugt.

Die Analyse der Buchau­toren wirft natür­lich Fra­gen auf:
—  Ist ihr Urteil wirk­lich über alle Zweifel erhaben?
-  Geset­zt den Fall, die Analyse stimmt: Kann man Trump dafür ver­ant­wortlich machen? Mary Lea Trump, seine Nichte und ihrer­seits Psy­cholo­gin, schildert Trump in ihrem Buch “Too Much and Nev­er Enough: How My Fam­i­ly Cre­at­ed the World’s Most Dan­ger­ous Man”  — das am ersten Verkauf­stag fast eine Mil­lion mal (!) verkauft wurde — als das Opfer und Pro­dukt ein­er dys­funk­tionalen Fam­i­lie, die sich zer­störerisch auf ein genunines Selb­st­wert­ge­fühl auswirk­te. Der Psy­chi­ater Leonard Shen­gold zeigt in seinem Buch “Soul Mur­der” auf, welch ver­heerende Auswirkun­gen ein lieblos­es Umfeld, Miss­brauch und Ver­nach­läs­si­gung auf die kindliche Seele hat.

Und dann kam Allen Frances, ein­er der renom­miertesten Psy­chi­ater der USA, promi­nen­ter Mitar­beit­er der Psychiatrie-“Bibel” DSM, Diag­nos­tic and Sta­tis­ti­cal Man­u­al of Men­tal Dis­or­ders , Autor von “Sav­ing Nor­mal : an insider’s revolt against out-of-con­trol psy­chi­atric diag­no­sis, DSM‑5, big phar­ma, and the med­ical­iza­tion of ordi­nary life” (dt: Nor­mal. Gegen die Infla­tion psy­chi­a­trisch­er Diag­nosen), ver­warf die “Psy­chi­a­trisierung” des amerikanis­chen Präsi­den­ten und stellte das Phänomen Trump in einen viel grösseren gesellschaftlichen Zusammenhang.

Darüber mehr am kom­menden Sam­stag, den 19. Februar!

 

 

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