Auch in seinen letzten Lebensjahren blieb Peter Ochs unermüdlich tätig und stellte die Weichen für eine kommende positive Entwicklung im Verhältnis zwischen Staat und Kirche einerseits und in Bildungsfragen andererseits:
1815 wurde das katholische Birseck, das zum Fürstbistum Basel gehört hatte, dem Kanton Basel zugeschlagen, der grösstenteils reformiert war. Um religiöse Spannungen zu vermeiden und die Glaubens- und Meinungsfreiheit zu schützen, drängte Ochs auf eine strikte Trennung zwischen Kirche und Staat:
Unter seiner Leitung beanspruchte das Deputatenamt für den Staat die Oberaufsicht über alle Kirchen und religiösen Gemeinschaften. Um dieses Aufsichtsrecht in den alten Kantonsteilen zu wahren, vertrat er das Territorialitätsprinzip, das die Zuständigkeit des Bischofs von Basel auf das Birseck beschränkte (…). Im alten Kantonsteil konnten die Katholiken ihren Glauben ausüben, waren aber nur toleriert. Ochs sorgte jedoch dafür, dass aus Rücksicht auf die katholischen Kantonsbürger und Einwohner 1817 und 1819 öffentliche Reformationsfeierlichkeiten im Kanton unterblieben. Er bemühte sich auch, den Einfluss der protestantischen Kirche auf die Gesetzgebung, die Rechtssprechung und das Schul- und Erziehungswesen einzuschränken. (Menschenrechte und Revolution)
Sein Biograph Peter F. Kopp schreibt, dass sich Ochs frühmorgens jeweils an seine kleine Hausorgel setzte und einen Choral sang, bevor er sich an die Arbeit machte. Gleichzeitig war ihm jedes Missionarische und Sektiererische verhasst. Als zutiefst im aufklärerischen Gedankengut verankerter Zeitgenosse konnte er sich weder mit dem Pietismus eines Johann Caspar Lavaters noch mit okkulten Strömungen in der Freimaurerei befreunden, wie sie in Basel im Kreis um Jakob Sarasin und Graf Cagliostro zu finden war.
1817 gelang es ihm auch, mit dem “Gesetz über die öffentlichen Lehr-Anstalten in Basel” die Reform des städtischen Schulwesens und mit dem Universitätsgesetz ein Jahr später die dringend nötige Reform der “Alma Mater” abzuschliessen. Er setzte die Berufung des revolutionären deutschen Professors Wilhelm Snell durch, der in der eidgenössischen Politik noch eine gewichtige Rolle spielen sollte. Auf der Landschaft sorgte er für eine solide Finanzierung des Armenwesens und der beiden Armenspitäler.
Ein Herzensanliegen war ihm der Abschluss seiner mehrbändigen “Geschichte der Stadt und Landschaft Basel”. Die Veröffentlichung des letzten Bandes, der sich den revolutionären Ereignissen in Basel widmete, wurde für ihn zur Zitterpartie. Weil er in Basel Zensur-Massnahmen befürchtete, suchte er einen Verleger ausserhalb der Stadt.
Er musste schliesslich 1819 aber doch bei Schweighauser in Basel drucken lassen und die “freundschaftliche” Durchsicht des Manuskripts durch Bürgermeister Wieland hinnehmen, weil diesem die Druckerei gehörte. Als klar wurde, dass die Revolutionsgeschichte nicht mehr zu seinen Lebzeiten erscheinen würde, sicherte Ochs sich ab und schickte Paul Usteri (einem Freund in Zürich) im Februar 1821, wenige Monate vor seinem Tod, eine eigenhändige Abschrift. …
Ochs betrachtete die Darstellung der Revolution als “sein Staatsvermächtnis, weil es ihm angelegen war in denselben (…) seine moralischen und Staats-Grundsätze auszusprechen”, und erinnerte im Schlusswort ein letztes Mal an die Befreiung der Landbürger als zentrale Leistung der Revolution von 1798. (Menschenrechte und Revolution)
Im Januar 1821 zog sich Ochs eine schwere Erkältung zu, von der er sich nicht mehr richtig erholte. Am 5. Mai 1821 starb Napoleon Bonaparte auf St. Helena. am 19. Juni folgte ihm Peter Ochs.
Wenn man einem Artikel des Journalisten Simon Erlanger vom Juni 2021 in der BaZ glauben darf, soll der berühmte Historiker Edgar Bonjour (Bonjour-Bericht!) noch 1990 anlässlich einer Vorlesung an der Uni Basel zur Schweiz und Napoleon “Peter Ochs! Dieser Verräter!” ausgerufen haben. Da Erlanger damals als Student im Hörsaal sass, dürfte die Story wohl stimmen. Dass auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer der gleichen Ansicht ist, ist bekannt.
Der birsfaelder.li-Schreiberling wird deshalb in den nächsten beiden Folgen der Berechtigung dieses Vorwurfs nachgehen und eine Würdigung seines Lebens versuchen, und dies wie immer
am kommenden Donnerstag, den 26. Mai
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