Der birsfaelder.li-Schreiberling und seine Frau sind stolze Besitzer eines Cit­roen C3, der uns willig von A nach B bringt und als Laste­sel dient, wenn wieder mal eine grössere Besorgung oder ein Aus­flug mit viel Gepäck anste­ht. Erin­nern wir uns:
Sinn und Zweck des Besitzes ist in der Regel, von dem äusseren Gegen­stand Gebrauch zu machen. Dem Besitz kommt fol­glich eine tele­ol­o­gis­che Struk­tur zu. … Der Besitz beste­ht deshalb in der Regel solange, solange der Gegen­stand seinem Besitzer oder Besitzerin nüt­zlich ist, sie ihn als Mit­tel für  gewisse Zwecke brauchen. Wird er für sie nut­z­los, schwindet der Wille, ihn zu besitzen, d.h. ihn in sein­er Gewalt zu haben. (Sämtliche Auszüge aus Alexan­der von Pech­mann, Die Eigen­tums­frage im 21. Jahrhun­dert)
Wenn sich also die Reparatur­rech­nun­gen zu häufen begin­nen und sich der Schreiber­ling am Kopf kratzt, ob sein Sparschwein da noch mitzu­machen gedenkt, kann der Wille tat­säch­lich schnell schwinden, — und er übergibt, wenn er Glück hat, die Ver­fü­gungs­ge­walt für ein paar Hun­dert­er­noten an einen der Auto­händler, die regelmäs­sig ihre Vis­itenkärtchen an die Wind­schutzscheibe klem­men.

Aber war der C3 auch sein Eigen­tum!? — Natür­lich, denn
nach juris­tis­ch­er Def­i­n­i­tion beste­ht das Eigen­tum im Recht ein­er Per­son, mit ein­er Sache nach ihrem Willen zu ver­fahren. Dieses Recht verbindet daher von vorne­here­in die gegen­ständliche Dimen­sion der Sache (in rem) — also der C3 - mit der per­son­alen Dimen­sion des Wil­lens (in per­son­am) — also mit dem Schreiber­ling.

Schön. Aber wo bitte — ver­flixt noch mal — liegt denn nun der Unter­schied zwis­chen “Besitz” und “Eigen­tum”?

Jet­zt wird es rechtlich-philosophisch. Deshalb, anschnallen bitte!!:
Um … den Eigen­tums­be­griff als solchen erfassen zu kön­nen, müssen wir auf den Begriff der Zuge­hörigkeit einge­hen, der für das Ver­ständ­nis des Eigen­tums offen­bar eine zen­trale Stel­lung ein­nimmt. Denn im Unter­schied zum Besitz beste­ht diese Zuge­hörigkeit nicht darin, dass über äussere Dinge eine tat­säch­liche Gewalt aus­geübt wird, und auch nicht in dem Willen, sie auszuüben.
Als reines Rechtsver­hält­nis ist die Zuge­hörigkeit vielmehr das Ver­hält­nis ein­er Per­son zu ein­er Sache, die vom tat­säch­lichen Besitz abstrahiert und sich davon unter­schei­det. Diese Art von Verbindung von Per­son und Sache ist daher von nicht-empirisch­er Natur; sie ist eine rein gedachte Verbindung, die nur existiert, wenn und weil sie von den Men­schen als Recht anerkan­nt wird.

Der Schreiber­ling benutzt also den C3 in ziem­lich­er Regelmäs­sigkeit, — aber was geschieht, wenn jemand kommt, diesen Besitz anzweifelt und sich sel­ber an das Steuer set­zen will, weil ihm die Lack­ierung gefällt? Dann holt jen­er flugs den Kaufver­trag und hält ihn dem anderen unter die Nase, und der zieht sich geschla­gen zurück, weil er ihn — hof­fentlich — als Rechts­doku­ment anerken­nt:
Das Eigen­tum zieht so eine gedachte, imag­inäre Gren­ze; es bildet ein “tem­plum”, einen heili­gen Bezirk, aus dem der Wille ander­er, mögen sie die Sache noch so  begehren oder benöti­gen, aus­geschlossen ist. Und die Aus­geschlosse­nen müssen diese Gren­ze … solange anerken­nen, solange die Rechts­ge­mein­schaft sie als Recht anerken­nt.

Und hier wird es span­nend: “Eigen­tum” ist nicht irgen­dein von vorne here­in gegebenes Natur­recht, son­dern der Def­i­n­i­tion ein­er Rechts­ge­mein­schaft unter­wor­fen:
Welche Art von Gegen­stän­den rechtlich zum Eigen­tum wer­den kann, hängt also von der Wil­lens­ge­mein­schaft ab, die ein solch­es Recht auf Eigen­tum zuerken­nt. Des Weit­eren muss … offen­bleiben, wer über­haupt als eine solche Per­son gilt, die im rechtlichen Sinne Eigen­tümer ist oder sein kann. Diese Per­son kann … ein einzel­ner Men­sch, ein Kollek­tiv wie eine Stadt oder ein Volk, aber auch eine nur gedachte Per­son, ein Gott, sein.

Eigen­tum ist also ein Recht, das dadurch existiert, dass es in ein­er und für eine poli­tis­che Wil­lens­ge­mein­schaft gilt.
Und je nach Wil­lens­ge­mein­schaft ändert sich die Eigen­tums­de­f­i­n­i­tion. Eine Gegenüber­stel­lung der römis­chen Eigen­tum­sor­d­nung und der christlich-feu­dalen Eigen­tum­sor­d­nung soll das deut­lich machen, und dies wie immer in der näch­sten Folge am kom­menden Fre­itag, den 23. Sep­tem­ber

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