In dieser Folge wer­fen wir einen Blick in das Buch “Schweiz — Schurken­staat?” von Vik­tor Par­ma und Wern­er Von­to­bel, und zwar in ein span­nen­des Kapi­tel mit dem Titel “Der Banken­staat desta­bil­isiert die Welt — oder: Wie die Schweiz zur Oase wurde.”

Darin wird die Geschichte der Entste­hung des Schweiz­erischen Bankge­heimniss­es erzählt, das die offizielle Schweiz noch bis vor Kurzem mit Zäh­nen und Klauen zu vertei­di­gen suchte, bis es 2014 zum entschei­den­den Umbruch kam, weil der Druck von aussen zu gross wurde:
Im Jahr 2014 … trat die Schweiz der OECD-Erk­lärung zum automa­tis­chen Infor­ma­tion­saus­tausch (AIA) in Steuer­fra­gen bei. Damit verpflichtete sie sich, auch in Fällen von Steuer­hin­terziehung Infor­ma­tio­nen aus­ländis­ch­er Kun­den offen­zule­gen. Seit dem Jahr 2017 sind die Rechts­grund­la­gen für den AIA in Kraft, ein Jahr später tauschte die Schweiz erst­mals Dat­en mit anderen Län­dern aus. (aus: Bankge­heim­nis. Das Schweigen der Schweiz­er hat ein Ende.)

Doch wann, wie und warum ent­stand das Schweiz­erische Bankge­heim­nis überhaupt?

Als im Jahre 2008  wegen der Licht­en­stein­er Steuer­af­färe der Steuer­hin­terziehungsskan­dal mit dem deutschen Postchef Klaus Zumwinkel aus­brach, warf der dama­lige Präsi­dent der Bankiervere­ini­gung Pierre Mirabaud dem deutschen Bun­desnachrich­t­en­di­enst vor, dessen Meth­o­d­en seien “jenen der Gestapo würdig.”
Ein grotesker Ver­gle­ich, mit dem Mirabaud an die Leg­ende von den human­itären Schweiz­er Banken anknüpfte und an ihre Behaup­tung, sein­erzeit den ver­fol­gten Juden selb­st­los beige­s­tanden und deren Hab und Gut mutig gerettet zu haben — eine Geschichts­fälschung, weit­er nichts. Der Gen­fer beschwor den falschen Ursprungsmythos des Bankge­heimniss­es, die längst wider­legte Behaup­tung, alles sei den jüdis­chen Flüchtlin­gen zuliebe geschaf­fen worden.
In Wahrheit geht das Schweiz­er Bankge­heim­nis, obwohl offiziell erst 1934 ver­ankert, also in der Anfangszeit des Drit­ten Reichs, ein­deutig nicht auf die Juden­ver­fol­gung zurück, son­dern auf die Jahre zuvor: auf die Weimar­er Republik.

Und das ist eine Geschichte, die alles andere als ruhm­re­ich ist, denn
Die Schweiz­er Bankiers tru­gen vielmehr aktiv zum Unter­gang der deutschen Demokratie bei.

Die Fak­ten, die Par­ma und Von­to­bel auf den Tisch leg­en, haben es in sich:
Als 1919 der — 1921 von Recht­sradikalen ermordete — Finanzmin­is­ter Matthias Erzberg­er  die nach dem Zusam­men­bruch des Deutschen Kaiser­re­ichs neu ent­standene Repub­lik mit ein­er ein­heitlichen, pro­gres­siv­en Einkom­mens- und Erb­schafts­besteuerung und mit ein­er zeitlich beschränk­ten Ver­mö­gens­ab­gabe, dem  “Reich­sno­topfer”, auf eine sichere finanzielle Grund­lage stellen wollte, hat­te er nicht mit der Schweiz­erischen Bankiervere­ini­gung gerechnet.
Sie geis­selte Erzberg­ers Reich­sno­topfer als “nachger­ade kon­fiska­torisch”. Da wäre es doch nur “natür­lich”, wenn sich der Wohlhabende dem Zugriff des Fiskus mith­il­fe der Schweiz­er Banken zu entziehen tra­chteten — ein unmissver­ständlich­er Appell an Ver­mö­gende, ihr Geld ille­gal über die Gren­ze zu schaf­fen. Und so kam es auch. Die Schweiz­er Brun­nen­vergifter hat­ten Erfolg. Die deutsche Kap­i­talflucht nahm sprung­haft zu.
Als der katholisch-kon­ser­v­a­tive Finanzdi­rek­tor des Kan­tons Freiburg, Jean-Marie Musy, 1920 zum Schweiz­er Bun­desrat und Finanzmin­is­ter auf­stieg, schützte er die 30 Mil­liar­den Flucht­gelder (das drei Vier­tel des dama­li­gen Schweiz­er Volksver­mö­gens entsprach) kon­se­quent vor dem Zugriff aus­ländis­ch­er Behör­den. Er set­zte sich in sein­er ersten Rede vor dem Par­la­ment für ein absolutes Bankge­heim­nis ein und lehnte für die Schweiz die “beschw­er­liche Rolle eines Welt­polizis­ten” ab. Das Par­la­ment stimmte umge­hend zu.
Die uner­bit­tlichen Repa­ra­tions­forderun­gen der Alli­ierten führten dazu, dass auch deutsche Unternehmen und Grosskonz­erne ihre Akti­va in die Schweiz verschoben.
In Zürich, Zug oder Chur sprangen ihnen pfif­fige Bankiers, Anwälte und Treuhän­der bei. Die Schweiz­er “Strohmän­ner” — so der zeit­genös­sis­che Aus­druck — entwick­el­ten sich zu wahren Meis­tern in der Kun­st, über Spezialge­sellschaften deutsche wie andere Ver­mö­genswerte unsicht­bar und für Beamte fremder Staat­en unauffind­bar zu machen. Egal, ob Gelder, Patente oder Lizen­zrechte — deutsches Eigen­tum aller Art ver­schwand in unüber­sichtlich ineinan­der ver­schachtel­ten Holding‑, Beteili­gungs- oder Finanzge­sellschaften mit Sitz in diskreten Schweiz­er Briefkästen. 
Dieses Ver­steck­spiel hat­te zur Folge, dass der Weimar­er Repub­lik drin­gend nötige Steuere­in­nah­men entgingen.

Wem ist übri­gens bekan­nt, dass die BIZ in Basel, die Bank für Inter­na­tionalen Zahlungsaus­gle­ich, zur Abwick­lung der Repa­ra­tionszahlun­gen zwis­chen den west­lichen Alli­ierten und Deutsch­land geschaf­fen wurde?

Der Finanz­platz Schweiz wurde ab 1923 auch für einen radikalen Geg­n­er der Weimar­er Repub­lik inter­es­sant und wichtig:
Adolf Hitler.
Dazu mehr in der näch­sten Folge

am Fre­itag, den 18. März

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