Das schwächere Gegengewicht zum glob­al agieren­den Kap­i­tal sind die vie­len Nichtregierungs-organ­i­sa­tio­nen, die nicht den pri­va­trechtlichen Regeln der Kap­i­talver­w­er­tung fol­gen, son­dern die das Men­schheitsin­ter­esse vertreten und in ihrem Han­deln dem All­ge­mein­wohl in unter­schiedlichen Bere­ichen dienen. Eine kleine Aufzäh­lung:
Amnesty Inter­na­tion­al, Human Right Watch, Rotes Kreuz, Ärzte ohne Gren­zen, Green­peace, WWF, Oxfam, attac, usw.

Diese transna­tionalen Organ­i­sa­tio­nen ver­ste­hen sich als Teile der Weltöf­fentlichkeit, die im Inter­esse des Gemein­wohls Ein­fluss auf die Nation­al­staat­en ausüben, auf den nationalen Ter­ri­to­rien Auf­gaben übernehmen, die von den jew­eili­gen Staat­en nicht erfüllt wer­den, und dadurch gle­ich­falls deren Sou­veränität beschränken.
Diese transna­tionalen Net­zw­erke bilden in ihrer Gesamtheit — bei der UNO sind ca. 5’000 Nicht-Regierungs-Organ­i­sa­tio­nen reg­istri­ert — eine eigen­ständi­ge Rechtssphäre zwis­chen den Vere­in­ten Natio­nen als anerkan­ntem Eigen­tümer der Erde ein­er­seits und den Staat­en als den von ihren Natio­nen anerkan­nten Trägern des Gewalt­monopols ander­er­seits. (…)
Im Inter­esse des All­ge­mein­wohls haben Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen welt­bürg­er­liche Auf­gaben der sozialen Gerechtigkeit und der ökol­o­gis­chen Nach­haltigkeit über­nom­men, die sowohl von den Vere­in­ten Natio­nen als auch den Nation­al­staat­en nicht oder nur unzure­ichend erfüllt wer­den.

In ihrer Gegen­sät­zlichkeit spiegeln sie auf transna­tionaler Ebene den Kon­flikt zwis­chen der Erhal­tung der bürg­er­lich-kap­i­tal­is­tis­chen Eigen­tum­sor­d­nung auf der einen Seite und dem Wun­sch nach ein­er alter­na­tiv­en Recht­sor­d­nung auf der anderen Seite wider, die sich am Wohl der leben­den wie kün­fti­gen Men­schheit bemisst.

Und sie haben einen entschei­den­den Schwach­punkt:
Ihnen fehlen …, im Unter­schied zu den Vere­in­ten Natio­nen und den Nation­al­staat­en, die wesentlichen Ele­mente der völk­er­rechtlichen Anerken­nung und ihrer Legit­i­ma­tion als Per­so­n­en des eige­nen Rechts.

Die inter­es­sante Frage ist, ob diese “Zwis­ch­enebene” der Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen, die sozusagen kon­tinuier­lich an der nation­al­staatlichen Sou­veränität nagt, trotz­dem eine Art Geburtshelfer für einen kün­fti­gen Welt­staat wer­den kön­nte.
Hier gehen die Mei­n­un­gen auseinan­der. Es gibt jene, die sich nicht vorstellen kön­nen, dass die bürg­er­lich-kap­i­tal­is­tis­che Eigen­tum­sor­d­nung jemals ins Wanken ger­at­en kön­nte, und schon gar nicht, dass die Nation­al­staat­en eines Tages bere­it sein kön­nten, einen Teil ihrer Sou­veränität an eine höhere Instanz — den demokratisch organ­isierten “Welt­staat” — abzugeben.  Diese Skep­tikere deklamieren sozusagen “das Ende der Geschichte”. Und es gibt die anderen, die davon aus­ge­hen, dass die supra­na­tionalen Organ­i­sa­tions­for­men zumin­d­est das Poten­tial haben, Grund­la­gen und Bedin­gun­gen für eine kün­ftige glob­al verbindliche Recht­sor­d­nung zu schaf­fen.

Dazu gehört der deutsche Philosoph Otfried Höffe. Er schreibt gegen Ende seines Buchs “Demokratie im Zeital­ter der Glob­al­isierung”: Welch nähere Gestalt auch immer die Wel­tre­pub­lik annimmt — ein Stan­dard­vor­wurf gegen sie heisst: lebens­fernes Ide­al. Der Skep­tik­er hält die Wel­tre­pub­lik für eine vielle­icht liebenswerte, bei nüchtern­er Betra­ch­tung aber doch schwärmerische Utopie, für eine Welt­fremd­heit, die zur Ohn­macht des Sol­lens verurteilt ist.
Höffe hält dage­gen: Erst im Gedanken ein­er Wel­tre­pub­lik erfüllt sich ein moralis­ches Gebot, dessen Anerken­nung die Men­schen einan­der schulden, das uni­ver­sale Rechts­ge­bot. Die Herrschaft von Recht, Gerechtigkeit und Demokratie auch auf glob­aler Ebene, die sub­sidiäre und föderale Wel­tre­pub­lik, ist die Mess­lat­te, an der sich die kün­ftige Wel­tord­nung messen muss.

Kant sah als zweite Kausal­ität, die uns nolens volens dazu brin­gen kön­nte, die Idee eines zukün­fti­gen Welt­staates ins Auge zu fassen, “Ler­nen aus der Katas­tro­phe”. Dazu mehr in der näch­sten Folge

am kom­menden Fre­itag, den 1. Sep­tem­ber

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