“wenig strin­gen­te Beweis­füh­rung — lässt die wei­te­ren Akteu­re nicht zu Wort kom­men — weicht mei­nen Fra­gen aus — klam­mert alle Stim­men, die nicht in sei­ne Bub­ble pas­sen, aus — sieht sei­ne Welt­sicht als sakro­sankt — ver­hin­dert jeg­li­chen Diskurs!”

Wenn das kei­ne kal­te Dusche ist, die Chris­toph Meu­ry hier dem birsfaelder.li-Schreiberling ver­passt hat 😉 .

Im Gegen­satz zu die­sem bor­nier­ten Bes­ser­wis­ser, der von Pla­nung und Pla­nungs­si­cher­heit kei­ne Ahnung hat, mach­te sich Meu­ry die Mühe, sich in die “Höh­le des Löwen”, näm­lich das Büro eines Mit­ar­bei­ters der Fir­ma Losin­ger Maraz­zi zu wagen und sich dort  dank “einem Dis­kurs mit enga­gier­ter Rede & Gegen­re­de” einen “umfang­rei­chen Ein­blick in die kom­ple­xen und äus­serst dif­fe­ren­zier­ten und hoch qua­li­fi­zier­ten Pla­nungs­pro­zes­se” zu ver­schaf­fen.

Tja, da bleibt dem Bes­ser­wis­ser wohl nichts ande­res übrig, als sich beschämt in sein Eck­chen zu ver­krie­chen und in sich zu gehen … Da aber Bes­ser­wis­ser bekannt­lich unver­bes­ser­lich sind, hier doch die eine oder ande­re Gegenargumentation:

Dass in der Fir­ma Losin­ger Maraz­zi hoch­qua­li­fi­zier­te Pla­ner am Werk sind, die ihr Hand­werk ver­ste­hen und soli­de Arbeit geleis­tet haben, bezweif­le ich kei­ne Sekunde!

Aber dar­um geht es nicht. Es geht um grund­sätz­li­che­re Fragen.

Um das zu ver­deut­li­chen, macht es Sinn, einen ver­tief­ten Blick auf den “Bub­ble”-Vor­wurf von Chris­toph Meu­ry zu wer­fen. Das Phä­no­men der Mei­nungs­bla­sen gab es zwar schon immer, hat sich inzwi­schen aber dank der sozia­len Medi­en zu einem gewal­ti­gen Pro­blem aus­ge­wach­sen. Wer in einer “Bub­ble” lebt, wird bekannt­lich für Argu­men­te, die dem “Bub­bleinhalt” wider­spre­chen, unzu­gäng­lich und ent­wi­ckelt gegen­über Argu­men­ten, die der Mei­nungs­bla­se wider­spre­chen, in der Regel eine aggres­si­ve Hal­tung. Im Extrem­fall geht der Kon­takt zur Rea­li­tät immer mehr ver­lo­ren und es ent­wi­ckeln sich sogar para­no­ide Züge. Das Abdrif­ten der repu­bli­ka­ni­schen Par­tei in die USA hin zu einer Trump-Kult­par­tei und die sich immer mehr aus­brei­ten­den diver­sen Ver­schwö­rungs­theo­rien à la QAnon sind schla­gen­de Bei­spie­le dafür.

Genau genom­men lebt aber jede poli­ti­sche Par­tei in einer Art “Bub­ble”, — näm­lich ihrem Par­tei­pro­gramm. Eine leben­di­ge Demo­kra­tie lebt davon, dass die “Bub­bles” nicht her­me­tisch abge­schlos­sen sind und so einen Dia­log zwi­schen den Par­tei­en ermög­li­chen. Auch Reli­gio­nen leb­ten über Jahr­hun­der­te in ihren dog­ma­ti­schen “Bub­bles” — bekannt­lich oft mit kata­stro­pha­len Fol­gen. Der inter­re­li­giö­se Dia­log ist eine noch ziem­lich jun­ge Entwicklung.

Man kann noch einen Schritt wei­ter­ge­hen: Auch die gesam­te west­li­che Welt hat sich mehr und mehr in eine Art welt­an­schau­li­che “Bub­ble” ver­irrt, näm­lich in einen plat­ten Mate­ria­lis­mus, der sich als das Non­plus­ul­tra des mensch­li­chen Fort­schritts gebär­det, obwohl ihm die Quan­ten­phy­sik seit Jahr­zehn­ten den Boden unter den Füs­sen weg­ge­zo­gen hat. Eng damit zusam­men hängt die wirt­schaft­li­che “Bub­ble”: die fixe Idee, dass die Wirt­schaft auf Bie­gen und Bre­chen immer wei­ter wach­sen muss.

Mei­ne beschei­de­ne Mei­nung: Das Pro­jekt, auch noch den letz­ten grü­nen Strei­fen zwi­schen Augst und Prat­teln zuzu­be­to­nie­ren, ist ein Aspekt die­ser wirt­schaft­li­chen “Bub­ble”. Das Akti­ons­ko­mi­tee aapa­cke hält auf sei­ner Web­sei­te u.a. fest:
Sowohl für die Tram­ver­län­ge­rung für 200 Mio Fran­ken als auch für die Rie­sen­über­bau­ung Sali­na Rau­ri­ca Ost feh­len die Bedürf­nis­nach­wei­se. In Prat­teln ste­hen zudem bereits 3 Hoch­häu­ser. An bereits bes­tens mit dem ÖV erschlos­se­ner zen­tra­ler Lage wer­den 3 sehr gros­se Indus­trie­bra­chen für total 4‘400 Per­so­nen dem­nächst umge­nutzt (COOP‑, Buss- Rohnerareal).

Wir leben heu­te ohne Zwei­fel in einer gewal­ti­gen Umbruchs­zeit. Ein posi­ti­ver Aspekt ist die Tat­sa­che, dass sich auf ver­schie­dens­ten Ebe­nen — sozi­al, wirt­schaft­lich, poli­tisch, kul­tu­rell, reli­gi­ös — ein Impuls bemerk­bar macht, der als “inte­gral” bezeich­net wird. Aber die­ser Impuls kann nur Wur­zeln schla­gen, wenn wir einen bewuss­ten Ent­scheid tref­fen, das wirt­schaft­li­che Hams­ter­rad zu hin­ter­fra­gen, für eine gewis­se Zeit inne­zu­hal­ten und uns ein paar zen­tra­le Fra­gen zu stel­len, die wir seit lan­gem mit gros­sem Erfolg ver­drängt haben, z.B.:
Wie wol­len wir in Zukunft mit der Erde umge­hen und unse­ren Umgang mit der Natur gestalten?
Soll die Poli­tik durch wirt­schaft­li­che Inter­es­sen gesteu­ert werden?

Der Ein­woh­ner­rat Prat­teln hat letz­te­re Fra­ge bejaht, als er beschloss, ein Volks­recht unter dem Deck­man­tel der Pla­nungs­si­cher­heit zuguns­ten wirt­schaft­li­cher Aspek­te auszuhebeln.

Das Akti­ons­ko­mi­tee aapa­cke ver­neint die­se Fra­ge, weil es der Mei­nung ist, dass Poli­tik mit einem erwei­ter­ten Gesichts­kreis und unter dem Ein­be­zug der direkt betrof­fe­nen Bevöl­ke­rung betrie­ben wer­den soll­te, — und steht damit im Ein­klang mit Gil­les Ducom­mun, dem Grün­der der Bewe­gung Neue Kul­tur, der in sei­nem Buch “Nach dem Kapi­ta­lis­mus. Wirt­schafts­ord­nung einer inte­gra­len Gesell­schaft” fest­hält:

Heu­te ist es noch so: Wenn wir einem Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler das Ziel vor­ge­ben, die Inves­ti­ti­ons­quo­te zu sen­ken und das Wirt­schafts­wachs­tum gegen Null zu drü­cken, wo er zehn Jah­re lang alle Instru­men­te gelernt hat, um das Wachs­tum womög­lich hoch zu hal­ten, dann wird er den Kopf schüt­teln oder even­tu­ell unge­hal­ten bemer­ken: „Sie spin­nen.“ (p. 109)

Der Mög­lich­keit zur wei­test­ge­hen­den Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung durch alle Men­schen soll in der Orga­ni­sa­ti­on der Gesell­schaft hohe Prio­ri­tät zukom­men. Die Demo­kra­tie, Sinn der Mit­be­stim­mung aller über die Orga­ni­sa­ti­ons­form und Ori­en­tie­rung der Gesell­schaft, soll aus­ge­baut wer­den und vor allem auch die Wirt­schaft betreffen.

… Wer die öko­no­mi­schen Inter­es­sen der Kapi­tale­li­te ver­tritt, hat viel Mit­tel, wer sich für ideel­le Wer­te und das Gemein­wohl ein­setzt, geht weit­ge­hend leer aus. Das ist ein Unsinn. Es zeigt auch, wie blind und naiv die Bevöl­ke­rung noch ist oder wie ver­ständ­lich es ist, wenn sie der Poli­tik den Rücken kehrt. Und damit fällt sie natür­lich genau in die Fal­le: Je weni­ger sie sich poli­tisch betei­ligt, umso bes­ser kön­nen sich die Wirt­schafts­in­ter­es­sen wider­stands­los durch­set­zen. (p. 92)

Par­ti­zi­pa­ti­on erach­ten wir als wesent­li­chen Aus­druck des Erwach­sen­seins und als Mit­tel zur per­sön­li­chen Rei­fung. Je grö­ßer die Rei­fe, des­to grö­ßer die Fähig­keit zur Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me, was sich mit dem Sub­si­dia­ri­täts­prin­zip — es wer­den nur die Ent­schei­de nach „oben“ dele­giert, wel­che wei­ter „unten“ nicht sinn­voll gefällt wer­den kön­nen — sowohl in der Wirt­schaft als auch in der Ver­wal­tung und in der Poli­tik ganz gut rea­li­sie­ren lässt. Es steht uns die zwei­te demo­kra­ti­sche Revo­lu­ti­on bevor: die wirt­schaft­li­che Demo­kra­tie. Und weil die ers­te, die poli­ti­sche, schon errun­gen wur­de, besteht die Chan­ce his­to­risch zum ers­ten Mal, die zwei­te ohne Gewalt,  mit demo­kra­ti­schen Mehr­hei­ten zu vollziehen. 

… Damit sich der Staat nicht von uns ent­frem­det, ist es wich­tig, ihn so nahe wie mög­lich bei der Bevöl­ke­rung zu hal­ten, dank dem Sub­si­dia­ri­täts­prin­zip: Die Ent­schei­dun­gen sol­len auf der tiefst­mög­li­chen Ebe­ne, der Gemein­de, gefällt und nur dann, wenn not­wen­dig und sinn­voll, nach oben dele­giert wer­den … Trotz des Dele­ga­ti­ons­prin­zips der Ent­schei­de ist es wich­tig, dass das Volk bei den Grund­satz­ent­schei­den abstim­men kann. Dadurch spürt der Mensch, dass der Staat sei­ne Sache ist. Eine Reor­ga­ni­sa­ti­on des Staa­tes im Sin­ne der Dezen­tra­li­sa­ti­on der Ent­schei­de und der Volks­ab­stim­mung bei grund­le­gen­den Fra­gen ist daher not­wen­dig. (p. 93)

Bahn frei für eine brei­te Dis­kus­si­on, — und die Kan­tons- und Gemein­de­ver­tre­ter, die Eigen­tü­mer und die invol­vier­ten Stadt- und Areal­ent­wick­ler, die Land­schafts­ar­chi­tek­ten sind selbst­ver­ständ­lich herz­lich dazu eingeladen 🙂

 

 

 

 

 

"Offensichtliche Fehler"
an die Gemeindemitarbeiter

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