Sali­na Rau­ri­ca … schon mal gehört? Tönt irgend­wie nach ein­er archäol­o­gis­chen römis­chen Attrak­tion, — ist es aber nicht. Es han­delt sich um ein Stück land­wirtschaftlich genutztes Brach­land zwis­chen den Gemein­den Prat­teln und Augst.

Nach der Jahrtausendwende ent­deck­te der Kan­ton Basel­land, der ger­ade in einem ziem­lich tiefen Finan­zloch steck­te, die Möglichkeit, hier so richtig Kasse zu machen: Man baue die Infra­struk­tur etwas aus, ziehe anschliessend ein paar fette Inve­storen-Fis­che an Land, die das Gebi­et mit Gewerbe und Wohn­blöck­en über­bauen, — und fer­tig ist der neue Gold­e­sel, der die Basel­bi­eter Finanzen gesun­den lässt. Man sprach vom “Filet­stück” im Kanton.

2014 eröffnete COOP auf dem west­lichen Teil tat­säch­lich einen neuen Pro­duk­tion­s­stan­dort für Schog­gi samt Wein­abfüllerei. Blieb Sali­na Rau­ri­ca Ost mit ein­er Fläche des dreifachen Basler Zol­lis. Doch da war die weit­ere Pla­nung seit langem steck­en geblieben: Die Eigen­tumsver­hält­nisse sind kom­plex, es gab Kom­pe­ten­zstre­it­igkeit­en zwis­chen Kan­ton und Gemein­den, die in der Gegend ange­siedelte ARA machte Prob­leme. Immer­hin betraute der Kan­ton 2014 den Totalun­ternehmer Losinger Marazzi AG mit der Entwick­lung des Gebiets.

Aus einem bz-Artikel:
“Für das gesamte Sali­na-Rau­ri­ca-Gebi­et zwis­chen Schweiz­er­halle, dem Rhein, der Auto­bahn A2 und Augst hat der Kan­ton 2009 einen Spezial­richt­plan beschlossen. Auf dem etwa 600’000 Quadrat­meter grossen Gelände sind Gewerbe‑, Dien­stleis­tungs- und Wohn­nutzun­gen vorge­se­hen. Im West­teil baut Coop einen neuen Pro­duk­tions- und Logistikstandort.
Sali­na Rau­ri­ca Ost mit ein­er Grössenord­nung von etwa 100’000 Quadrat­meter soll nun, aus­ge­hend von der S‑Bahn-Sta­tion “Sali­na Rau­ri­ca” und angren­zend ans Prat­tler Län­gi-Quarti­er, eine erste Etappe der Entwick­lung darstellen. Das neu entste­hende Quarti­er soll Arbeit­en, Wohnen, öffentliche Räume und Mis­chnutzun­gen umfassen.
… Losinger Marazzi hofft, unge­fähr bis Jahre­sende ein Konzept vor­legen und um den Jahreswech­sel 2017/2018 in der ersten Etappe mit dem Bauen begin­nen zu kön­nen, wie ein Unternehmensvertreter sagte. Für die Regierung ist der Schritt ein Meilen­stein bei der Entwick­lung eines der drei Fokusareale der Wirtschaftsoffensive.”

Um die zu erwartende Mehrbe­las­tung in Sachen Verkehr aufz­u­fan­gen (man sprach 2004 von 9600 zukün­fti­gen Raum­nutzern, 2012 von 8100, 2016 7600, und 2019 noch von 5000), plante der Kan­ton die Ver­legung der Rhe­in­strasse neu an die Auto­bahn und den Aus­bau der Tram­lin­ie 14 bis nach Augst. Nach einem Stör­manöver des TCS, der die Kapaz­ität der neuen Strasse bemän­gelte, gab der Lan­drat im Mai 2017 schliesslich doch grünes Licht und sprach für die Ver­legung (inklu­sive Lan­der­werb) rund 70 Mil­lio­nen Franken.

Kurz zuvor hat­te ein bz-Jour­nal­ist allerd­ings getitelt: “Rhe­in­strasse-Ver­legung ist spruchreif — aber die Fir­men fehlen.”

Er legte damit den Fin­ger auf den zen­tralen wun­den Punkt: Macht es Sinn, eine neue Strasse zu bauen und eine Tramver­längerung zu pla­nen, wenn über­haupt nicht klar ist, was denn schliesslich gebaut wer­den soll, — oder ob über­haupt gebaut wer­den soll?

Denn inzwis­chen hat­te sich in Prat­teln eine Oppo­si­tion formiert. Ein ehe­ma­liger Lan­drat ver­langte als Einzelini­tiant ein reines Gewer­bege­bi­et. Eine grössere Aktion­s­gruppe “aapacke” stellte das Gesamt­pro­jekt neu grund­sät­zlich in Frage:
Aus der bz: “Prat­teln dürfe nicht noch weit­er wach­sen, sind diese parteiun­ab­hängi­gen Bürg­er überzeugt. Darunter ist die ehe­ma­lige Gemein­derätin Denise Stöck­li, die meint: «Wir müssen die Grün­flächen erhal­ten, die wir noch haben.» Unter anderem beruft sie sich auf Lukas Kilch­er, Leit­er des Land­wirtschaftlichen Zen­trums Eben­rain. In der bz warnte er neulich davor, immer mehr Boden zu über­bauen. «Wir müssen auch kün­fti­gen Gen­er­a­tio­nen Spiel­raum lassen», find­et jet­zt Stöck­li. «Wenn die Woh­nun­gen ein so gross­es Bedürf­nis wären, wür­den die Inve­storen schon lange Schlange stehen.»
Anstatt ein­er «Pla­nung aus den 80ern», schlägt sie vor, die Ebene zwis­chen Auto­bahn und Bahn­lin­ie als Erhol­ungsraum aufzuwerten.”

Wie wack­e­lig die ganze Pla­nung tat­säch­lich war, zeigte sich, als im August 2019 plöt­zlich die Idee aufkam, auf Sali­na Rau­ri­ca das Kan­ton­sspi­tal Basel­land der Zukun­ft zu bauen und so Liestal und Bruder­holz abzulösen. Sie wurde sowohl vom Prat­tel­er Gemein­de­präsi­den­ten als auch von Losinger Marazzi enthu­si­astisch begrüsst. Doch dann wurde es plöt­zlich wieder still um sie.

Sehr zu Recht wies deshalb die ehe­ma­lige Gemein­derätin Denise Stöck­li darauf hin, dass in dieser ganzen Angele­gen­heit der wichtig­ste Play­er gar nie befragt wor­den war, — näm­lich die Prat­tler Bevölkerung. Stöck­li: “Nicht nur das Kap­i­tal soll bes­tim­men, was dort läuft. Son­st haben die Prat­tler nichts davon.”

2017 befan­den 59% der Stimm­bürg­er, gemein­deeigene Grün­flächen in Wohn­zo­nen müssten erhal­ten bleiben. Darauf auf­bauend wurde beim Gemein­der­at im Okto­ber die Ini­tia­tive “Sali­na Rau­ri­ca Ost bleibt grün” mit 823 gülti­gen Stim­men ein­gere­icht. Ziel: Ein­le­gen ein­er Denkpause, denn inzwis­chen waren in Prat­teln einige Indus­triebrachen freige­wor­den, die den Bedarf nach Bauland dur­chaus abdeckten.

Der näch­ste Schritt wäre jet­zt nach zus­tandegekommen­er Ini­tia­tive eine Volksab­stim­mung gewe­sen. Doch dazu kam es nicht: Auf Vorschlag des Gemein­der­ats erk­lärte der Ein­wohn­errat die Ini­tia­tive im Mai 2020 kurz­er­hand für ungültig. Begrün­dung: Ver­let­zung der Planbeständigkeit!

Dieses Argu­ment liessen die Ini­tiantinnen und Ini­tianten selb­stver­ständlich nicht gel­ten und legten gegen den Beschluss eine Stimm­rechts-Beschw­erde beim Kan­ton­s­gericht ein. Erste Instanz wäre zwar die Kan­ton­sregierung gewe­sen, aber sie wurde als Miteigen­tümerin von Sali­na Rau­ri­ca Ost als befan­gen betra­chtet. Was fol­gte, war ein eigentlich­es Ping-Pong-Spiel zwis­chen den bei­den Instanzen, welche die heisse Kartof­fel jew­eils gerne weit­erg­ere­icht hät­ten. Zurzeit ist die Regierung wieder gefordert, denn  … “Die fünf Richter sahen in der ver­muteten Befan­gen­heit der Regierung keinen aus­re­ichen­den Grund, um vom ordentlichen Instanzen­weg abzuwe­ichen. Grund­sät­zlich sei der Regierung zuzu­trauen, ver­fas­sungskon­forme Entschei­de zu fällen.” (bz). Die Stimm­rechts-Beschw­erde ist noch hängig.

Inzwis­chen ist die Oppo­si­tion, Aktion­s­gruppe “aapacke” , erneut daran, Unter­schriften für ein Ref­er­en­dum auf kan­tonaler Ebene zu sam­meln. Worum es dies­mal geht? -
Hier ist die Fortsetzung.

Tür.li 17 (2020)
Festtagswünsche des Gemeinderats

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