Nachdem 2007 mit dem Staatsvertrag die Häfen Basel, Birsfelden und Au als eine öffentlichrechtliche Anstalt zusammengefasst waren, kehrte vorerst wieder etwas Ruhe ein. Aber immer wieder stach es einen Politiker etwas zum Hafen zu sagen. Das waren einerseits die Landräte Christoph Hiltmann, Simon Oberbeck und Jürg Wiedemann aus Birsfelden, andererseits Christop Buser und Oskar Kämpfer.
Zuerst kurz zu den »Auswärtigen«:
Christoph Buser, Interpellation 2018–393:
Erfüllen die SRH ihre Pflichten im Zusammenhang mit dem Grossprojekt „Gateway Basel Nord“?
Buser befürchtet vor allem, dass mit dem 250 Millionen schweren Projekt massive Überkapazitäten im bi- und trimodalen Containerverlad geschaffen werden und hat vor allem kartellrechtliche Bedenken.
Die Regierung zerstreut diese Bedenken in dem sie aufzeigt, dass das Hafenbecken-3-Projekt und Gateway Basel Nord zwei getrennte Projekte sind. Die SRH (Schweizerischen Rheinhäfen) aber nur für das Hafenbecken 3 zuständig ist.
Also eigentlich kein unmittelbarer Bezug zum Hafen Birsfelden, wie auch die beiden Vorstösse von Oskar Kämpfer.
Oskar Kämpfer, SVP-Fraktion, Postulat:
Wird der Staatsvertrag SGS 421.1 über die Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen desKantons Basel-Landschaft noch eingehalten?
In den letzten Jahren wurden in Basel-Stadt der Hafen St. Johann aufgehoben, das Migrol Tanklager in den Hafen Birsfelden verlagert. Unterhalb der Dreirosenbrücke bleibt einzig das Tanklager für den Umschlag von Mineralölprodukten (Heizöl, Speiseöle) bestehen. Während man in Kleinhüningen zurückbaut, wird im Hafen Birsfelden/Auhafen Muttenz ausgebaut. Das heisst, dass im Kanton BS die Produktionsflächen und Ertragsmöglichkeiten drastisch reduziert wurden.
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:
- Ist eine Aufteilung der Gewinne 40 : 60 noch gerechtfertigt?
- Wie hoch sind die Erträge für die zwischengenutzten Areale?
- Wie lange ist mit der Zwischennutzung der Areale zu rechnen?
- Was passiert mit den Arealen und den langfristigen Erträgen aus den Arealen, die nach einem
möglichen Ausbau des Kleinhüningerhafens nicht mehr benötigt werden?
- Was würde passieren, wenn im Jahre 2015 einseitig der Rheinhafen-Vertrag per 2018 gekündigt
würde?
Der Regierungsrat ist findet den Gewinnverteilschlüssel 40 : 60 gerechtfertigt, denn Basel-Stadt bezahlt für die brachliegenden Parzellen einen ortsüblichen Baurechtszins.
Die Baurechte laufen noch bis 2019. Werden sie anschliessend städtebaulich genutzt, müsste der Verteilschlüssel geändert werden.
Eine Kündigung der Staatsvertrags wäre für Baselland negativ. Siehe Vorlage.
Eine grosse Sache, die sich über drei Jahre hinzog. Birsfelden hat es nichts gebracht.
Etwas spannender war die Motion von Jürg Wiedemann, denn er brachte endlich wieder einmal die Baurechtszinsen zur Sprache und die bessere Nutzung des Hafenareals.
Jürg Wiedemann, Motion 2018-164:
Intensive Nutzung der Hafenareale in Birsfelden und Muttenz
Gekürzt auf den Punkt gebracht:
»Gemäss Jahresbericht 2016 der SRH betrug die Ausschüttung für den Kanton Basel-Landschaft lediglich Fr. 4’632’000.-, was einem Baurechtszins von Fr. 5.27 pro Quadratmeter und Jahr entspricht. Diese Wertschöpfung steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Marktpreisen, die ähnlich attraktive Industriegebiete in der Region erzielen.
Ärgerlich ist im Falle von Birsfelden vor allem die ausgesprochen dürftige Bewirtschaftung des Hafenareals durch die SRH: Grosse Teile des Hafenperimeters sind mit zahlreichen eingeschossigen Lagerhallen, Tankanlagen, Kohle- und Recyclinghalden, Flächen für LkW-Abstellplätzen und grosszügigen Brachflächen sehr locker genutzt – weit entfernt von einer sinnvollen Verdichtung, zumal auf dem Areal eine Bebauung bis zu achtstöckigen Gebäuden (30 m) zulässig wäre. Hier wird wertvolles Industrieland vergeudet.«
Seine Forderung:
»Die Regierung wird beauftragt, entsprechende Verhandlungen mit Basel-Stadt und der SRH zu führen und alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Entwicklung der Hafenareale in Birsfelden und Muttenz in obigem Sinne zu ermöglich.«
Die Antwort der Regierung:
»Antrag: DenVorstoss entgegennehmen und zur Abschreibung beantragen
1. Begründung
Die Motion vermutet a) eine dürftige Bewirtschaftung sowie eine miserable Ertragslage und fordert b) eine intensivere Nutzung der Hafenareale in Birsfelden und Muttenz.
a) Im Auftrag der Trägerkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft verwalten, bewirtschaften und entwickeln die Schweizerischen Rheinhäfen die Baurechts- und Mietflächen in den Hafenarea-len. Die Häfen werden nach dem Landlord-Prinzip betrieben: Dies bedeutet, dass einerseits das Infrastrukturmanagement (u.a. Strassen, Hafenbahn, Quaianlagen, Liegestellen und Steiger) durch die SRH verantwortet werden und anderseits Transport, Lagerung, Umschlag und Produktion von privaten Baurechtsnehmern wahrgenommen werden. Letztere entschädigen die SRH in Form von Baurechtszinsen und Abgaben auf den umgeschlagenen Gütern. Diese Baurechtszinsen an die SRH liegen um ein Vier- bis Fünffaches höher als die in der Motion genannten CHF 5.27/m2. Die Gesamterträge der SRH aus diesen von privaten Produktions- und Umschlagsfirmen genutzten Parzellen sind daher mit andern Industriearealen vergleichbar und marktüblich. Der Unterschied der vom Motionär genannten Baurechtszinsen und der effektiv bei den SRH eingegangenen Baurechtszinsen und Hafenabgaben liegt darin begründet, dass die SRH die Aufwendungen für die Verkehrsflächen und die entsprechende Verkehrs- und Leitungsinfrastruktur (wasser‑, strassen- und bahnseitig) tragen. Die Ausschüttung der SRH an die Kantone ist daher als Nettoertrag nach Abzug der genannten Infrastruktur- und Er-schliessungskosten zu verstehen. Die SRH haben in den 10 Jahren seit der Hafenzusammen-legung (2008–2017) dem Kanton Basel-Landschaft insgesamt CHF 45 Mio. ausgeschüttet, in den 10 Jahren zuvor (1998–2007) waren es insgesamt CHF 39 Mio. Die SRH konnten also trotz höheren Investitionen die Ausschüttung steigern.
b) Entwicklung, Bewirtschaftung und Vermarktung des Hafenperimeters erfolgen durch die SRH gemäss dem Rheinhafen-Vertrag und der Eigentümerstrategie. Die Standortförderung Baselland hat das Hafengebiet Birsfelden in ihr Arealentwicklungsprogramm aufgenommen und priorisiert, um der kantonalen Bedeutung Rechnung zu tragen. Auf Basis der gemeinsamen Absichtserklärung des Kantons, der SRH und der Gemeinde Birsfelden zur Entwicklung der Hafenregion Birsfelden von 2017 wurde ein entsprechender Projektsteuerungsausschuss eingesetzt. In den kommenden zwei Jahren werden die mittel- bis langfristigen Entwicklungsoptionen für die Gemeinde und die Rheinhäfen (Birsfelden und Muttenz) ausgelotet; dies auch unter Berücksichtigung einer gesamtheitlichen industrie-logistischen Optik, welche die Areale Schweizerhalle und Salina Raurica umfasst, sowie unter adäquatem Einbezug der Baurechtslaufzeiten und ‑verlängerungen. Das angestossene übergeordnete und zukunftsweisende Planungs- und Entwicklungsprojekt erfüllt aus Sicht des Regierungsrates die Anliegen der Motion. Die Hafenentwicklung Birsfelden im aufgeführten Sinne geniesst aus Sicht des Regierungsrates eine hohe Priorität.«
Der Vorstoss wurde mit 75:0 Stimmen als Postulat überwiesen; die Abschreibung wurde mit 37:35 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Das heisst, die Regierung muss am Ball bleiben. Wahrscheinlich war dieser Vorstoss für die weitere Planung in den Häfen gewichtig. Zielbild Hafen Birsfelden 2040+ grüsst aus der Ferne.
Wenn Ihnen hier am Schluss aufgefallen ist, dass von Landrat Christoph Hiltmann überhaupt nichts geschrieben wurde, waren Sie sehr aufmerksam.
Aber es wäre einfach zuviel aufs Mal gewesen. Wir werden die meisten Vorstösse von ihm im nächsten Artikel behandeln.
Im nächsten Artikel erfahren Sie wie der Auftrag „alle 5 Jahre einen Standbericht zur Nutzungsentwicklung der Hafenareale an die Regierungen der Vertragskantone zu verfassen“ zugunsten einer intransparenten Lösung abgeschmettert wird.
Dies ist eine Artikelserie.
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Christoph Meury
Mai 1, 2020
Die Motion von Jürg Wiedemann ist von ihm als Landrat eingereicht worden, stammt aber aus meiner Feder. Als Ghostwriter habe ich das Papier damals aufgesetzt (2018).
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Dass die Regierung das Geschäft auf die lange Bank geschoben hat, ist Teil des Poltigames. Damit operiert man in Liestal seit Jahren auf der sicheren Seite: Die aktiven LandrätInnen werden früher oder später abgewählt, oder verlieren ihr Interesse, damit werden die Anliegen rund um den Birsfelder Hafen systematisch ausgebremst. Zudem ist das Geschäft, durch die Verquickung der drei Hafenareale und die schiere Grösse der Anlagen, komplex und die durchschnittliche PolitikerIn verliert dabei schnell den Überblick. Wenn dann die SRH in Abständen komplexe Fachstudien Studien nachschiebt, welche die Zustände eher verwedeln, als Klärung schaffen, dann ist die Politik natürlich längstens ausgetrickst. Die langen und sich überschneidenden Baurechtsverträge verhindern zusätzlich eine ordentliche Planung in überschaubaren Zeitfenstern.
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Meine Einschätzung: Der Politbetrieb ist bei diesem Geschäft überfordert. Seit Jahren! Auch die die x‑te Motion wird daran nichts ändern. Dies auch, weil es die LandrätInnen nicht schaffen parteiübergreifende Allianzen zu schmieden. Alle bisherigen Vorstösse sind Einzelgeschäfte, welche lediglich die Interessen der BirsfelderInnen abbilden. Die übrigen Gemeinden können sich dabei locker distanzieren. Damit werden auch die engagiertesten Landräte mehrfach überstimmt.
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Für die bürgerliche Mehrheit im Landrat sind die Hafenareale Goodies für die Wirtschaft. Hier wird unter dem Label «Arbeitsgebiete von kantonaler Bedeutung« Wirtschaftsförderung betrieben. Die Dumpingpreise für die Gewerbe- und Industrieareale verzerren dabei nicht nur den Markt, sondern sind auch nicht gerechtfertigt. Die bürgerliche Mehrheit goutiert diese strukturerhaltende Wirtschaftspolitik und nimmt es locker in Kauf, dass der Kantonskasse dadurch einige Millionen entgehen. Links-Grün hat seit langem Forfait gegeben und kümmert sich lieber um Kleinklein und foutiert sich um eine robuste & nachhaltige Wirtschaftspolitik im Kanton Baselland.
rugeli
Mai 2, 2020
Christoph Meury als selbstgeouteter Ghostwriter von Ex- Gemeinde- und Landrat Wiedemann? Was meint wohl der Wiedemann dazu?
Professionelle Ghostwriter outen sich nicht. Das ist Teil des Deals.