Heute stellt sich die Sache etwa so dar:
Die Republik hat aufgrund der vergangenen Legislatur die Reaktionen der Kantone analysiert und sie dann vier Untergruppen zugeteilt, das Tessin liegt da etwas ausserhalb.
Blau die Durchschnittsschweiz:
Zürich, Bern, Freiburg, Wallis, Luzern, Graubünden, Basel-Landschaft
Der Kanton Basel-Landschaft sagte immer dann Ja, wenn die Schweiz als Ganzes Ja sagte!
Das Verhalten dieser Kantone wich in der Legislatur 2015–2019 kaum je namhaft vom nationalen Mittel ab.
Orange die punktuell rechtskonservative Schweiz:
Solothurn, Schaffhausen, Aargau, Sankt Gallen, Uri, Appenzell Ausserrhoden, Thurgau, Glarus, Zug
Diese Kantone wichen bei einzelnen Abstimmungen von der Restschweiz ab – Unternehmenssteuerreform,
Fortpflanzungsmedizin, Einbürgerungen, Energiegesetz, Asylgesetz
oder Geldspielgesetz, allerdings nicht mehr als 2mal.
Grün die systematisch rechtskonservative Schweiz:
Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Appenzell Innerrhoden
Hier gibt es einen erheblichen modernisierungskritischen Sockel an Stimmen, der bei Behördenvorlagen wiederholt ablehnend zum Ausdruck kommt.
Rot die linke Schweiz:
Waadt, Genf, Neuenburg, Jura und Basel-Stadt
Hier kommt bei Behördenvorlagen sehr oft eine linke
Opposition zum Tragen.
Am klarsten etwa in Genf: Eine Mehrheit war gegen die zweite Gotthardröhre und die Überwachung von Versicherten.
Auch bei der Finanzierung des Agglomerationsverkehrs, bei der erleichterten Einbürgerung und bei der Ernährungssicherheit wichen diese Kantone typischerweise von der Gesamtschweiz ab.
Die Karte zeigt, was wir bei Abstimmungen immer wieder erleben: Die Westschweiz ist weitgehend isoliert, die konservativen Kantone sind vorwiegend in der östlichen Hälfte platziert, dazwischen die Durchschnittskantone.
Zug, Schwyz, Nidwalden und Obwalden, die man mit dem Ständemehr vor den reichen grossen Kantonen schützen wollte, sind heute im Schweizerischen Ressourcenausgleich Geberkantone. Also, so arme schwache Buurli sind sie nicht mehr. Sie haben mit Schwyz und Zug auch je zwei Standesstimmen.
Die ehemaligen Sonderbundskantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden (Nidwalden/Obwalden), Zug, Freiburg und Wallis haben sich also recht unterschiedlich entwickelt.
Die Durchschnittsschweiz repräsentiert 4’114’682 EinwohnerInnen.
Knapp die halbe Schweiz. Sie hat zusammen 13 Standesstimmen von insgesamt 46.
Man könnte sagen, die Durchschnittsschweiz ist unterrepräsentiert.
Die punktuell rechtskonservative Schweiz repräsentiert 2’083’856 EinwohnerInnen.
Knapp ein Viertel der Schweiz. Sie hat zusammen 17 Standesstimmen von insgesamt 46.
Man könnte sagen, die punktuell rechtskonservative Schweiz ist überrepräsentiert.
Die systematisch rechtskonservative Schweiz repräsentiert 256’374 EinwohnerInnen
Ein Dreiunddreissigstel der Schweiz. Sie hat zusammen 5 Standesstimmen von insgesamt 46.
Die systematisch rechtskonservative Schweiz wäre eigentlich mit nur einer Standesstimme gut vertreten.
Die linke Schweiz repräsentiert 1’743’660 EinwohnerInnen.
Knapp ein Viertel der Schweiz. Sie hat zusammen 9 Standesstimmen von insgesamt 46.
Man könnte sagen, die linke Schweiz ist ziemlich unterrepräsentiert.
Das Tessin hat zwei Standesstimmen und wurde hier nicht eingerechnet.
Aufgrund der Bevölkerung müssten die Standesstimmen innerhalb der vier Gruppen eigentlich ziemlich anders verteilt sein … denn so werden eindeutig konservative Kräfte bevorteilt …
Aber leider wird daran kaum je etwas zu ändern sein, solange für eine Verfassungsänderung ein Ständemehr notwenig ist. Doch es sollte eigentlich irgend eine Lösung geben … insbesondere in einer Demokratie!
Davon im nächsten Artikel
max feurer
Mrz 4, 2021
gute Analyse, — bin gespannt auf das Ei des Kolumbus 😉
Franz Büchler
Mrz 4, 2021
Kolumbus war meines Wissens Italiener. Darum wird es in der Schweiz dieses Ei nicht geben. Ohne vorgreifen zu wollen denke ich, dass es einen gut schweizerischen Kompromiss geben wird:
Alles bleibt beim Alten.
.
Oder als Variante:
Wenn sich in der Schweiz je etwas ändert, dann zum Schlimmeren.
max feurer
Mrz 5, 2021
Ich schlage vor: Wir erfinden “das Ei des Wilhelm Tell”, — und schon ist die Sache geritzt 🙂