Schwei­zer Gewer­be zerstören?
Hel­fen, doch nicht so! Schwei­zer KMU schützen!
So und ähn­lich wer­ben die Geg­ner der Konzernverantwortungsinitiative.

Auch heu­te wie­der mit ganz­sei­ti­gen Inse­ra­ten, getarnt als offe­ner Brief an die Bevöl­ke­rung, unter­schrie­ben von eini­gen Kon­zern­chefs. Und auch heu­te mit nicht zutref­fen­den Argu­men­ten aus der unters­ten Schublade.
Das ist bekannt und trifft nicht zu. Aber die­se Angst­ma­che­rei mit der KMU-Keu­le ist schon sehr alt. Und wenn Bun­des­rä­tin Kel­ler-Sut­ter in der Abstim­mungs­are­na sagt, sie habe den Gegen­vor­schlag vor allem wegen der Kin­der­ar­beit gemacht, kann man das ja glauben …

Aus eine Bericht des Zür­cher Semi­nar­di­rek­tors J. Th. Scherr auf einem Schul­be­such in
Uster 1836:
» Mit Weh­mut weil­te mein Auge auf den Kin­dern, und bald sah ich, dass meh­re­re schla­fend auf die Schul­bän­ke nie­der­ge­sun­ken waren. — Sehen Sie, sag­te der Leh­rer, das sind arme Kin­der, die heu­te Nacht von 12 Uhr bis mor­gens 6 Uhr in der Fabrik gear­bei­tet haben. Was soll ich mit den geschwäch­ten Geschöp­fen anfan­gen? — Hät­test du Bet­ten und Raum, so soll­test du ihnen Stät­ten und Zeit zum Schla­fen geben, sag­te ich. Mein Gemüt war empört.«

Bereits in den 1860er-Jah­ren hat­ten gemein­nüt­zi­ge Krei­se und Ärz­te mit Unter­su­chun­gen auf die miss­li­chen Arbeits­be­din­gun­gen, die Gefähr­dung von Leben und Gesund­heit in den Fabri­ken sowie auf die Ver­brei­tung der Kin­der­ar­beit auf­merk­sam gemacht. In der Fol­ge domi­nier­te der Schutz der Gesund­heit und der Leis­tungs­fä­hig­keit der Fabrik­ar­bei­te­rin­nen und Fabrik­ar­bei­ter die Debat­te um die “sozia­le Fra­ge”. Die total­re­vi­dier­te Bun­des­ver­fas­sung von 1874 gab dem Bund schliess­lich die Befug­nis, Bestim­mun­gen zur Arbeit von Kin­dern, zur Beschrän­kung der Arbeits­zeit und zum Schutz der Arbei­te­rin­nen und Arbei­ter zu erlassen.

Das Fabrik­ge­setz begrenz­te den Nor­mal­ar­beits­tag auf elf Stun­den pro Tag, ver­bot Nacht- und Sonn­tags­ar­beit, die Beschäf­ti­gung von Kin­dern unter 14 Jah­ren und von Frau­en eini­ge Wochen vor und nach der Nie­der­kunft. Es ver­pflich­te­te die Fabrik­be­trei­ber, Vor­schrif­ten zum Schutz der Arbei­ten­den ein­zu­hal­ten und mach­te sie bei Unfäl­len haftbar.
Dage­gen waren die Fabrik­be­trei­ber mit dem Argument:
Das ist der Unter­gang für den Werk­platz Schweiz!

1877 nahm das Stimm­volk gegen den Wider­stand vie­ler Indus­tri­el­ler knapp das Bun­des­ge­setz betref­fend die Arbeit in den Fabri­ken an, das soge­nann­te Fabrik­ge­setz. Damit griff der Bund direkt in die wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se ein: Er beschränk­te die Ver­trags­frei­heit und die Auto­no­mie der Unter­neh­mer. Im Bereich des regu­la­ti­ven Arbei­ter­schut­zes gehör­te die Schweiz nun inter­na­tio­nal zu den Pio­nie­ren. Aber immer noch mit einem 11-Stunden-Arbeitstag …

Doch Kin­der­ar­beit war noch zu Beginn des 20. Jh. weit ver­brei­tet, ins­be­son­de­re in der Land­wirt­schaft und der Heim­ar­beit (Ver­ding­kin­der). Gemäss einer Erhe­bung von 1904 in zwölf Schwei­zer Kan­to­nen arbei­te­ten in der Schweiz zu die­sem Zeit­punkt rund 300’000 Kinder.

Quel­len: His­to­ri­sches Lexi­kon der Schweiz, swissinfo.ch, geschichtedersozialensicherheit.ch

Viel­leicht sehen Sie jetzt auch einen Zusam­men­hang mit der Aus­sa­ge des Pla­kats der ope­ra­ti­on libero?

Viele Grüsse: Ihr Hirschen IV
CORONA: Glossar — Wörterverzeichnis 2

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