Alle Jahre wieder, wenn im Kanton Basel-Landschaft die Beiträge des Kantonalen Finanzausgleichs verteilt werden, werden die armen beitragszahlenden Gemeinden aufgelistet. Soooooooviel Geld müssen die bezahlen … und am Schluss dann wie immer der Pranger für Birsfelden. Sieben Millionen bekommen die …
Dabei geht wie immer vergessen, dass die Gemeinde Birsfelden für Bund, Kanton(e) und Gemeinden eine praktisch unbezahlte Dienstleister-Gemeinde ist. Das wurde im Birsfälderpünggtli immer wieder angesprochen, zuletzt bei den noch immer laufenden Hafengeschichte(n).
In mehreren Artikeln wurden die Probleme der Gemeinde Birsfelden thematisiert. Das Problem der Dienstleistergemeinde, das Problem der Baurechte im Birsfelder Hafen, usw.
Verschiedene »Institutionen« verhindern zum Beispiel, dass in Birsfelden attraktive Wohngebiete entstehen können, dass Industrie angesiedelt wird, die hier auch Steuern bezahlt (also ihren Hauptsitz in Birsfelden hat), dass für die Beanspruchung grosser Flächen Entgelte bezahlt werden.
Erinnert sei einfach an:
• Autobahnkarussel in der Hagnau für Basel und das Laufental
• Kläranlage in der Hagnau (für Grellingen, Duggingen, Hochwald, Pfeffingen, Aesch, Gempen, Dornach, Reinach, Arlesheim, Münchenstein und Muttenz)
• Hafen mit Pflichtlagern für die ganze Schweiz (z.B. 29% des Kerosins, 47% des Kaffees)
• Kraftwerk Birsfelden für den ganzen Kanton (ohne Wasserechtszinse für Birsfelden)
Vielleicht müsste ja »ganz einfach« der Bund etwas an seiner Praxis ändern, der Kanton für gute Steuerzahler im Hafen sorgen und das Kraftwerk Birsfelden einen Wasserzins an die Gemeinde bezahlen statt an den Kanton.
Oder wie es Klaus Kirchmayr in einer Landratsdebatte formulierte:
»Es ist extrem wichtig und auch vielversprechend, das Potential im fraglichen Gebiet zu nutzen. Ein forscherer und fordernder Auftritt wäre angesagt. Es zeigt sich auch, dass eine gute Voraussetzung gegeben ist, wenn die Gemeinden in diesem Kanton ein Gebiet wirklich entwickeln wollen. Der Votant fordert Birsfelden dazu auf, mit weiteren Vorstössen sich dezidierter für ihr Anliegen einzusetzen. «
Oder wie unser Gemeindepräsident sagte:
»Birsfelden ist im interkantonalen Finanzausgleich der grösste Beitragsempfänger in absoluten Zahlen, nicht in Pro-Kopf-Zahl gerechnet. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass ein beachtlicher Teil des Gemeindeterritoriums (nämlich 30%) das unter kantonaler Zuständigkeit stehende Hafenareal ist und weniger Steuersubstrat abwirft, als wenn es eine reine Gewerbezone ohne Hafen-Restriktionen wäre oder mit Wohnraum genutzt werden könnte. Aus diesem Grund wäre es korrekt, wenn die Finanzausgleichszahlungen nicht von den anderen Gemeinden, sondern von den Verursachern Kanton und Bund geleistet würden.«
(Interview-Ausschnitt aus dem Buch »Am Rande der Stadt« von Georg Kreis, Verlag des Kantons Basel-Landschaft, 2019).
Doch was bringt denn eigentlich das ganze Geschreibe im Birsfälderpünggtli, wenn die Wahlen für Nationalrat, Landrat, Gemeinderat und Schulrat vorbei sind? Kommt da noch irgendeine Partei hinter dem Kachelofen hervor? Das ist nicht einmal mehr Prokrastination, das ist schlicht politische Arbeitsverweigerung.
Wäre es nicht eigentlich die Aufgabe der Birsfelder Parteien für ihre Gemeinde alternative Zukunftsszenarien und Risikoanalysen zu evaluieren, praktische Handlungsoptionen zu entwickeln und vorzuschlagen, neue Erkenntnisse gegenüber Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit zu kommunizieren und gesellschaftliche Debatten zur Verbesserung der Zukunft in Gang zu setzen?
Schön wär’s.
Christoph Meury
Jun 25, 2020
Das System des Finanzausgleichs leidet an seinem Automatismus. Das ist für alle Beteiligten bequem, weil Auseinandersetzungen über Sinn & Zweck des Mitteleinsatzes obsolet sind. Das System ist auch nicht veränderbar: Die Nehmergemeinden sind mit 67 in der Mehrheit, da kann die Minderheit mit 19 Gebergemeinden zwar murren, aber als Minderheit haben sie bei einer Abstimmung nichts zu husten. Sie sind den Profiteuren ausgeliefert. Mit demokratischen Mitteln kann hier nicht Rededur geschaffen werden. Ein politisches Perpetuum mobile.