Sie hat es tatsächlich geschafft: Die Marine ist für zwei Wochen die Marianne.
Die Stimmberechtigten der fünften Republik haben im ersten Wahlgang mit etwas über 20% Wähleranteil eine krasse Anti-Europäerin auf einen Podestplatz und somit in die Stichwahl gehoben. So betrachtet ist das Resultat eine deftige Ohrfeige für die beiden traditionellen Regierungsparteien und ihre bisherige Ordnung. Hollande und vor ihm Sarkozy haben in ihrer Funktion des Aufzeigens von nachhaltigen Perspektiven tatsächlich eine schwache Figur abgegeben. Gehen sie nun als Totengräber des momentanen und stark Europa-orientierten Frankreich in die Geschichte ein? Der zweite Wahlgang wird es zeigen.
Die Spielregeln des zweiten Wahlgangs deuten auf eine andere Symbolik hin. Mit Macron steht der Rechtspopulistin ein überparteilicher Stimmenfänger gegenüber, der wenig der 80% der Nicht-FN-Wählenden abschrecken dürfte. Belibt die Frage, ob alle Wählenden der 9 “überzähligen” Kandidaten aus dem ersten Wahlgang in zwei Wochen nochmals zur Wahlurne laufen und ihre Stimme für die einzig bleibende Alternative abgeben werden. Zu Hause bleiben ist gefährlich und einige Mélenchon-Stimmen gehen dann vielleicht doch an LePen: Les extrêmes se touchent.
Doch allzu schlecht ist die Perspektive nicht und Macron Chancen stehen gut: Ein 39-jähriger symbolisiert trotz dünnem Wahlprogramm eine Zukunft, die weit mehr verspricht, als die nach braunem Sumpf stinkende Führerschaft der LePen-Erbin. Für Frankreich und ein modernes Europa ist das eigentlich erfreulich. Herr Somm wird in der BaZ (ungelesen) zwar einen gegenteiligen Kommentar veröffentlichen und vom Sieg gegen das Establishment schreiben. Doch wird er in zwei Wochen kaum verleugnen können, dass der Sieg gegen das Establishment nicht aus deren plakativen und offensichtlichen Gegnerschaft kommt, sondern dass auch unter den Bewahrern der traditionellen Ideale ein zukunftsweisender Reformwille unserer derzeitigen Ordnung ein positives Momentum verabreichen kann. Hoffen wir einfach, dass Le Pen in Frankreich nicht schafft, was die Rechspopulisten andernorts derzeit so erfolgreich machen: Die Gesellschaft in zwei gleich grosse Lager spalten und somit einen Stillstand provozieren.
Sprachen Coach
Apr 25, 2017
Das Resultat in Frankreich aufgrund einer desolaten Ausgangslage wurde so von vielen leider erwartet und ist nur halbwegs erfreulich. Ob der „Rest“ in zwei Wochen auch noch gelingen wird?
Bedenklicher allerdings ist, dass fünf, an die Schweiz angrenzende französische Departements sich für FN mehrheitlich begeistern konnten.
Besonders beachtenswert: Viele der (aktiven oder passiven) Wähler haben vermutlich täglichen (privaten oder beruflichen) Bezug zur Schweiz; also Bezug zum Ausland das nach FN des Teufels ist.