Die Gemeinde hat offenbar beschlossen, nicht wie bei den Landratswahlen, die nicht korrekt gehängten Wildplakatierungen zu entfernen. So weit so gut. Es sind für mein Gefühl noch immer genügend. Allerdings frage ich mich, warum die Gemeinde, wenn sie doch ein strengeres Regime fahren will, nicht am Samstagmorgen die zu früh gehängten Plakate entfernt hat?
Das zu frühe Hängen empfinde ich als schlimmer, es ist unfair. Man sichert sich so die besten Plätze — und wenn andere in der Not nicht ganz korrekt hängen, werden diese bestraft.
Das Reglement der Gemeinde sagt:
An öffentlichen Gebäuden, Brücken, Kandelabern, Schaltkabinen und Bäumen sind temporäre Reklamen verboten.
Gehen wir also schön der Reihe nach:
Bei öffentlichen Gebäuden habe ich keine Reklamen festgestellt, ausser die Umzäunungen der Schulhäuser gehörten auch zu den öffentlichen Gebäuden. Bei den Brücken wird es in der Beurteilung schon heikler. Würde ein Plakat, das auf der Basler Seite einer Brücke hängen würde, auch entfernt? Ich habe keines gesehen. Allerdings auf der Brücke, die die Strasse »Im Lerchengarten« überquert hängt eines — oder ist dies keine Brücke?
Bei den Kandelabern wird es noch schwieriger: Duden sagt: mehrarmiger, säulenartiger Ständer für Kerzen, Lampen oder mehrarmiger, säulenartiger Ständer für die Straßenbeleuchtung. Auch wikipedia geht in diese Richtung, spannend beim Googeln: Es erscheint auch der Begriff »Armleuchter« — Honi soit qui mal y pense!
Also: Ein Kandelaber muss einen Arm haben, der das Licht hält.
Hier haben wir also Kandelaber: Senkrechte Pfosten, die mindestens einen Arm mit einer Leuchte haben. Auf dem rechten Bild ist ein zweiter Kandelaber (senkrechter Pfosten mit einem Arm). Durfte das Plakat da bleiben, weil an diesem Kandelaber keine Leuchte ist?
Dann gibt es aber auch Gebilde, die als Kandelaber angesehen werden, die Bedingungen für einen Kandelaber aber nicht erfüllen: Sie haben keinen Arm, der die Leuchte hält. Eigentlich dürfte man hier also plakatieren!
Bei Schaltkabinen ist es eh schon schwierig mit Kabelbindern ein Plakat zu befestigen. Wahrscheinlich stammt dieses Verbot noch aus den Zeiten als Plakate geklebt wurden. Die Kabelbinder aus Polyamid kamen erst nach 1968 auf den Markt, wahrscheinlich gar etwas später. Und das Verbot an Bäumen zu plakatieren wurde wohl aus einem alten Reglement übernommen, aus der Zeit als Plakate noch an Bäume genagelt wurden 😉
Auf diesen Bildern sind Plakate an Bäumen zu sehen, sie sind aber jeweils nicht am Baum, sondern an umgebenden Schutzvorrichtungen befestigt. Trotzdem scheint es dem Baum rechts nicht gut zu gehen, das mag vielleicht an der Partei liegen …
Zum Trost noch zwei Stellen, die von den nimmersatten Grünen Unabhängigen offenbar übersehen wurden: Die Uhr beim Zentrumsplatz und die drei Fahnenmasten beim Brunnen sind keine Kandelaber, also plakatierbar!
Es scheint nimmersatte Parteien und Gruppierungen zu geben, die nicht genug bekommen können. So werden, dank Masse, möglichst früh oder gar vorzeitig Plakatstellen usurpiert, aber auch andere Plakate tiefer gezogen um das Eigene höher zu hängen.
Fairness scheint da nur noch ganz klein geschrieben zu sein.
Und die Weisheit zum Artikel:
Satt zu sein ist ein körperliches Signal,
Nimmersatt ein charakterliches Problem.
(Justus Vogt)