Fort­set­zung des Doku­ments, das im Herbst 1977 der Men­schen­rechts­kom­mis­si­on der UNO in Genf von einer iro­ke­si­schen Dele­ga­ti­on vor­ge­legt wur­de. Ein Kom­men­tar dazu erscheint im August.

Der Mecha­nis­mus für die Kolo­ni­sie­rung des Hau de no sau nee Ter­ri­to­ri­ums fin­det sich als recht­li­che Fik­ti­on in der Ver­fas­sung der USA. Die­se Ver­ord­nung gibt dem Kon­gress die Befug­nis, “den Ver­kehr mit dem Aus­land und zwi­schen den ein­zel­nen Staa­ten sowie mit den India­ner­stäm­men zu regeln”. Ent­ge­gen allen Grund­sät­zen des inter­na­tio­na­len Rechts hat der Kon­gress die­sen Abschnitt zu einer Behaup­tung der “unein­ge­schränk­ten ” Macht aus­ge­wei­tet, einer Dok­trin, wel­che die abso­lu­te Hoheit über unse­re Ter­ri­to­ri­en behaup­tet. Die­se Behaup­tung wur­de unse­rem Volk immer wie­der auf­ge­drängt, obwohl wir die­sem Ver­hält­nis nie zuge­stimmt haben und wir nie im Krieg erobert wur­den. Die Hau de no sau nee sind kei­nem Volk unter­tan — wir sind ein frei­es Volk, und wir haben unse­re Rech­te als frei­es Volk nie aufgegeben.

Seit Beginn ihres Bestehens haben die Ver­ei­nig­ten Staa­ten ein Regime der Unter­drü­ckung über die Hau de no sau nee aus­ge­übt. Zwi­schen 1784 und 1842 dran­gen kolo­nia­le Agen­ten in das Land ein und kehr­ten mit Ver­trä­gen über Land­ab­tre­tun­gen nach Washing­ton zurück, die in betrü­ge­ri­scher Wei­se mit Per­so­nen erlangt wor­den waren, die nicht zu Land­über­tra­gun­gen berech­tigt waren. D er Hau de no sau nee-Rat, der als ein­zi­ger legi­ti­miert ist, Land­ab­tre­tun­gen durch­zu­füh­ren, hat nie ent­spre­chen­de Abkom­men unterzeichnet.

Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten besetz­ten die Gebie­te unter Kriegs­dro­hung, obwohl es nichts gab, was krie­ge­ri­sche Mass­nah­men recht­fer­tigt hät­te. Als die Hau de no sau nee Bewei­se dafür sam­mel­ten, dass die Ver­trä­ge rechts­wid­rig waren und daher ohne jeg­li­che Rechts­grund­la­ge geschlos­sen wur­den, kon­ter­ten die Gerich­te der Ver­ei­nig­ten Staa­ten, indem sie die Poli­ti­cal Ques­ti­on Doc­tri­ne erfan­den. Die­se Dok­trin besagt im Wesent­li­chen, dass der Kon­gress kei­nen Betrug bege­hen kann und dass die Gerich­te die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen des Kon­gres­ses nicht in Fra­ge stel­len kön­nen, obwohl die Gerich­te der Ver­ei­nig­ten Staa­ten die Hand­lun­gen des Kon­gres­ses in ande­ren Rechts­be­rei­chen regel­mä­ßig als ver­fas­sungs­wid­rig ansehen.

Da sich die Hau de no sau nee wei­ger­ten, das Land zu ver­kau­fen, wei­ger­ten sich die Ver­ei­nig­ten Staa­ten ihrer­seits schlicht­weg, deren Regie­rung anzu­er­ken­nen. Statt­des­sen erkann­ten sie die kolo­ni­sier­ten Per­so­nen an, die bereit waren, das Land zu ver­kau­fen, und deren Loya­li­tät bei Washing­ton lag. 1848 erkann­ten die Ver­ei­nig­ten Staa­ten auf dem Land der Sene­ca-Nati­on ein­fach ein “Wahl­sys­tem” an und schu­fen damit eine Kolo­ni­al­re­gie­rung auf dem größ­ten unse­rer ver­blie­be­nen Gebie­te, das von den Kolo­ni­sa­to­ren “New York Sta­te” genannt wurde.

Es folg­te eine lan­ge Lis­te von Maß­nah­men, mit denen die Ver­ei­nig­ten Staa­ten die Hau de no sau nee aus­zu­lö­schen ver­such­ten. Es gab Ver­trä­ge, durch die das ange­stamm­te Land der Cayu­ga- und Onei­da-Natio­nen prak­tisch voll­stän­dig ent­eig­net wur­de. Es gab Ver­trä­ge, wie den Ver­trag von 1797, der den Ver­kauf des Ter­ri­to­ri­ums der Kani­en­keha­ka (ein Gebiet von neun Mil­lio­nen Hekt­ar Land) durch Ein­zel­per­so­nen aner­kann­te, — für die Sum­me von ein­tau­send Dol­lar. Von 1821 bis 1842 gab es Ver­su­che, die Hau de no sau nee aus dem von den Kolo­nis­ten “New York” genann­ten Ter­ri­to­ri­um in die heu­te als Wis­con­sin und Kan­sas bezeich­ne­ten Gebie­te zu depor­tie­ren. Die­se Bestre­bun­gen führ­ten dazu, dass ein Teil unse­rer Bevöl­ke­rung in die­se Gebie­te umge­sie­delt wur­de. Im Jahr 1851 wur­de ver­sucht, das Volk der Sene­ca von ihrem Land in Tona­wan­da zu vertreiben.

Im Jahr 1886 wur­de ver­sucht, das Land der Hau de no Sau nee mit­tels des Dawes-Act zu par­zel­lie­ren, was nicht ganz erfolg­reich war. 1924 ver­ab­schie­de­ten die Ver­ei­nig­ten Staa­ten ein Staats­bür­ger­schafts­ge­setz, mit dem allen Ein­woh­nern der USA die Staats­bür­ger­schaft ver­lie­hen wer­den soll­te. Die Hau de no sau nee lehn­ten das Kon­zept, dass wir jemals Staats­bür­ger der Ver­ei­nig­ten Staa­ten sein könn­ten, ent­schie­den ab. Wir sind Staats­bür­ger der Hau de no sau nee. Aber die feu­da­len Geset­ze der Kolo­ni­sa­to­ren waren unerbittlich.

Auch Kana­da drang 1924 mili­tä­risch in unser Ter­ri­to­ri­um am Gro­ßen Fluss ein und instal­lier­te dort eine Kolo­ni­al­re­gie­rung. Das wie­der­hol­te sich 1934 auf dem Ter­ri­to­ri­um der Tha­mes Fluss-Gemein­schaft der Oneida.

In den Jah­ren 1948 und 1950 ver­ab­schie­de­te der Kon­gress Geset­ze, mit denen dem Bun­des­staat New York die zivil- und straf­recht­li­che Zustän­dig­keit über­tra­gen wur­de, obwohl der Kon­gress von der Regie­rung nie eine sol­che Befug­nis  erhal­ten hat­te. 1958 ver­ab­schie­de­te der Kon­gress das Public Law 88–533, den Kin­zua Dam Act, was die Über­flu­tung fast aller Gebie­te der Sene­ca in Alleg­ha­ny zur Fol­ge hat­te und damit die indi­ge­nen Gemein­schaf­ten und deren Kul­tur in die­sen Gebie­ten prak­tisch zer­stör­te. Die­ser Rechts­akt sah auch die Auf­lö­sung der Sene­ca-Nati­on vor, ein Pro­zess, der auch die dor­ti­ge Kolo­ni­al­re­gie­rung been­det hät­te und somit die Leug­nung unse­rer Exis­tenz ein Stück weit rea­ler hät­te wer­den lassen.

Neben die­sen gesetz­li­chen For­men der Kolo­ni­sie­rung wur­den die Hau de no sau nee auch allen ande­ren vor­stell­ba­ren Kolo­ni­sie­rungs­mass­nah­men unter­wor­fen. Kir­chen, Schul­sys­te­me und wei­te­re For­men der west­li­cher Infil­tra­ti­on haben Tei­le unse­rer Völ­ker zu poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len “Unter­ta­nen” gemacht. Die fort­dau­ern­de Leug­nung unse­rer poli­ti­schen Exis­tenz zeig­te sich in einer nahe­zu über­wäl­ti­gen­den psy­cho­lo­gi­schen, wirt­schaft­li­chen und spi­ri­tu­el­len Atta­cke durch die west­li­chen kolo­nia­len Institutionen.

Seit mehr als 300 Jah­ren befin­det sich unser Volk prak­tisch in einem Bela­ge­rungs­zu­stand. In die­ser gan­zen Zeit haben wir unse­ren Kampf nicht ein ein­zi­ges Mal auf­ge­ge­ben. Unse­re Stra­te­gien haben sich not­ge­drun­gen ver­än­dert. Aber der Wil­le und die Absicht, wei­ter­zu­kämp­fen, ist unge­bro­chen. In den letz­ten Jah­ren haben euro­päi­sche His­to­ri­ker die Posi­ti­on der Hau de no sau nee zur Kennt­nis genommen.

In den 20er-Jah­ren kam einer unse­rer Anfüh­rer namens Des­ka­heh, in die­se Stadt (nach Genf), um Hil­fe für sein Volk zu suchen. Damals reprä­sen­tier­te die bestehen­de Insti­tu­ti­on (der Völ­ker­bund) die Welt­ge­mein­schaft nicht wirk­lich. Vie­le Kul­tu­ren und Natio­na­li­tä­ten wur­den nicht aner­kannt. Jetzt, fünf­zig Jah­re spä­ter, sind wir zurück, und unse­re Bot­schaft bleibt die gleiche.

Unse­re Ältes­ten haben die Wie­der­be­le­bung die­ser inter­na­tio­na­len Insti­tu­ti­on (UNO) mit­er­lebt. 1949 nahm eine Dele­ga­ti­on der Hau de no sau nee an der Ein­wei­hungs­fei­er des Gebäu­des der Ver­ein­ten Natio­nen in New York City teil. Im Jahr 1974 fuh­ren unse­re Leu­te nach Schwe­den, um an einer Kon­fe­renz über Umwelt und Öko­lo­gie teil­zu­neh­men. Wäh­rend die­ser gan­zen Zeit haben wir die Ver­än­de­run­gen, die sich in die­ser Insti­tu­ti­on voll­zo­gen haben, zur Kennt­nis genommen.

Nun befin­den wir uns erneut in Genf, in der Schweiz. Für die Anwe­sen­den und die vie­len Daheim­ge­blie­be­nen haben wir die Auf­ga­be über­nom­men, den Kampf unse­res Vol­kes wei­ter­zu­füh­ren. In den Namen, die wir heu­te tra­gen, ist das Leben von Tau­sen­den von Genera­tio­nen der Ver­gan­gen­heit und der Zukunft ein­be­schlos­sen. Auch in ihrem Namen bit­ten wir die Nicht-Regie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen (NGOs), sich unse­rem Kampf um unse­re vol­len Rech­te und den Schutz unter den Regeln des Völ­ker­rechts und der Welt­ge­mein­schaft anzuschliessen.

Fort­set­zung am Don­ners­tag, den 21. Juli

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