Liebe Leserinnen und Leser, Sie sehen im Titelbild nicht etwa den offenen Bücherschrank an der Kirchstrasse in der abgeschriebenen Telefonkabine hinter dem Birsfelder Museum, auch nicht das Angebot vom Birsfelder Brocky im grünen Hof, auch nicht ein Blick in den Keller der Universität Bibliothek in Basel. Es handelt sich um ein Symbolbild.
Schwierig daraus seine Lieblingstitel rauszugreifen. Ich vermute, dass auch nicht alphabetisch sortiert wurde, selbst ausgebildete und diplomierte Bibliothekare und Sortiments Buchhändler de SBVV (Schweizer Buchhändler und Verleger Verein) dürften scheitern.
Selbst die ISBN (International Standard Book Number) würde bei einer Suche hier nicht weiterhelfen.
FB (Franz Büchler) hat an dieser Stelle kürzlich dargelegt, dass private Bibliotheken und Bücherregale nichts andres seien, als Käfighaltung der Literatur und beschrieb andere Möglichkeiten zu Lesestoff zu kommen. Grundsätzlich hat er recht, aber nicht generell. Ich selbst habe mit Vergnügen viel Zeit und Arbeit meines Lebens als Leser, Vorleser, Autor, Herausgeber und Verleger zugebracht. Kenne also „das Buch“ von verschiedensten Seiten, nicht nur der gelesenen und frage mich deshalb, wie Geschichten weiter verbreitet werden sollen, wo es keine Bibliotheken gibt, keine Buchhandlungen, wie sollen Autoren und Verleger bezahlt werden. Wie erfahren potentielle Leser von Neuen Titeln, neuen Meinungen, Ideen und deren Bewertung? Viele Fragen.
Fallen wir zurück in die Zeit der Märchenerzähler, die den Unbelesenen, wie der Name sagt, jedes Märchen erzählen können? Fallen wir zurück ins tiefe Mittelalter, wo Potentaten und Päpste festlegen konnten, was dem gewöhnliche Volk vorgelesen werden konnte, da dieses ja des Lesens unkundig war? Einfach für Diktatoren Bücher zu verbrennen, wenn diese nur noch in öffentlichen Bibliotheken verfügbar sind? Alles schon da gewesen.
Was wir im Internet finden, muss auch zuerst gedacht, notiert, gescannt oder eingelesen werden. Was in den “Käfigen” der Bibliotheken steht, Muss dort erst hingestellt werden und nach der individuellen Befreiung zurückgebracht werden.
Das gilt auch für Bücher und Bildung, nicht nur in der Werbung für Sonderangebote an schwarzen Freitagen.
„s git solang s git“, „s git solang s het“,“s het solang s het”, „s het solang s git“.
Entscheiden Sie sich für Ihre Variante.
Die „Provokation“ von Franz hat mich vor meine private Regalkäfighaltung getrieben und ich musste mir überlegen, welche Bücher gebe ich weiter, welche nie und warum. In einer ersten Sichtung habe ich die Titel, die ich nie weg geben würde gekippt, in einer zweiten Sichtung habe ich die Titel im Käfig nach hinten geschoben, die ich weggeben würde. Nur, wenn sie mal weg sind, kann ich nie mehr begründen, warum ich sie weggegeben habe. Ich habe diese Texte ja nie auswendig gelernt. Das ergäbe dann einen dritten Durchgang.
Nicht betroffen von diesem Titel-Casting waren Bücher, die ich selbst geschrieben, herausgegeben, verlegt oder übersetzt hatte. Nicht betroffen waren Bücher, die mir geschenkt wurden, nicht betroffen waren Bücher mit persönlicher Widmung des Autors sowie Titel von Autoren, die ich persönlich kenne oder kannte.
Ich habe mir vorgenommen, die Geschichte von Büchern, die ich nie weggeben würde, aufzuschreiben. Nicht die Geschichte, die in den Büchern erzählt wird, nein, die Geschichte, die mich mit dem Buch verbindet.
Ziemlich schnell stiess ich so auf Ray Bradburys „Fahrenheit 451“.
Fahrenheit ist eine Temperaturscala, die nicht auf der Scala von Celsius (metrisches System) beruht. „451° Fahrenheit“ entspricht ca. „230° Celsius°, der Temperatur, bei der sich (laut Bradbury) Bücher von selbst entzünden.
Der französischen Filmemacher François Truffaut hat den Text furztrocken und ohne biblioemotionalen Kitsch inszeniert. Hier ein Ausschnitt:
Ich werde nun in unregelmäßiger Folge hier Buchgeschichten aus meiner “Käfighaltung” erzählen.
Wer nun hier eine erste Buchgeschichte erwartet, wird enttäuscht sein. Der Start zu dieser Serie ist eher eine Filmgeschichte. Ende der 60er-Jahre sah ich zuerst den Film von Truffaut. Erst danach besorgte ich mir das Buch von Bradbury das bereits 1953 erschienen war, ich konnte damals noch nicht lesen, geschweige denn englisch.
Bei anderen Titeln, die in dieser Buchgeschichten-Serie auftauchen könnten, ist das in der Regel umgekehrt, zuerst das Buch, später der Film. Beispiele: Karl May, Kurt Held, Umberto Eco, Patrick Süsskind uva.
Hier finden Interessierte alle in dieser Rubrik bereits erschienenen Beiträge.
Franz Büchler
Jan. 12, 2020
Spannend zum Titel »Fahrenheit 451« in Wikipedia zu lesen, z.B.:
.
»Die gängige Meinung, der Roman warne vor einem totalitären Staat, der seine Macht durch Repression und Zensur zu sichern versucht, deckt sich nicht mit Aussagen Bradburys. Nach einem am 30. Mai 2007 in der L. A. Weekly erschienenen Artikel über Bradbury sagte er, dass seine ursprüngliche Absicht die Warnung vor der Zerstörung des Interesses an Büchern durch das Fernsehen war …«
.
Oder unter dem Untertitel »Weiteres« können Sie auch etwas über Michael Moor, den Drecksack, lesen … oder vielleicht googeln Sie sich einmal den http-Statuscode 451 …
.
Dass der Spruch auf dem Bider-und-Tanner-Plastiksack »Lesen gefährdet die Dummheit« durchaus seine Berechtigung hat, können wir heute ja in den Asozialen Medien immer wieder bestätigt finden.
max feurer
Jan. 12, 2020
super Idee, Ueli, — freue mich schon auf deine Geschichten 🙂
dominic lüthy
Jan. 17, 2020
Da schliesse ich mich an!