Wilhelm Tell in “Tell — die Legende kehrt zurück!” — einem Comic von David Boller, der in den USA auch schon Spiderman und Batman zeichnete. David Boller: “Tell ist … alles andere als ein Sonnenschein. Niemand mit dem man ein Bier trinken möchte”.
Um es gleich vorwegzunehmen: Diese Episode wird keine “pfannenfertige” Antwort liefern, dafür hoffentlich ein paar Anregungen und Fragen für eigene Überlegungen.
Am 18. Februar 1969 verübten vier Palästinenser in Kloten einen Anschlag auf ein El-Al-Flugzeug, was zum Tod des Copiloten und eines Attentäters führte. Auf einem Flugblatt appellierten sie an “die Töchter und Söhne des Freiheitskämpfers Wilhelm Tell” und fügten hinzu “Wir bitten das Schweizervolk und seine Regierung um Verzeihung für jeden Schaden an Schweizer-Eigentum, für Unannehmlichkeiten oder gar für den Verlust an Schweizer-Menschenleben”.
Die überlebenden Attentäter wurden zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt, aber schon ein Jahr später durch eine Geiselnahme freigepresst und daraufhin in ihrer Heimat als heldenhafte Freiheitskämpfer überschwenglich gefeiert.
Das war für die Schweiz der erste direkte Kontakt mit dem Nahost-Drama, das bis heute andauert und dessen Lösung in weiter Ferne liegt, — und es war eine erste direkte Konfrontation mit der Tatsache, dass “Attentäter” und “Freiheitskämpfer” offensichtlich eine Frage der politischen Perspektive ist.
War die Berufung der vier Attentäter auf Wilhelm Tell gerechtfertigt oder nicht?
Schauplatzwechsel: Chicago, 1. Mai 1886.
90’000 Arbeiter protestieren gegen Hungerlöhne und 12-stündige Arbeitstage. Am 3. Mai erschiesst die Polizei sechs Streikende. Am 4. Mai explodiert bei einer Folgeveranstaltung eine Bombe und tötet einige Polizisten. Das führt zu einer massiven Eskalation der Gewalt, die unter dem Namen “Haymarket Riot” in die Geschichte eingegangen ist, und bietet dem Staat Gelegenheit, ein paar unbequeme anarchistische Wortführer der Streiks anzuklagen, ins Gefängnis zu stecken oder hinzurichten.
Dürfen wir sie als würdige Nachfolger Wilhelm Tells betrachten oder nicht?
Vielleicht lohnt es sich, für eine weitere Erörterung der Frage erneut einen Blick auf Schillers Drama zu werfen.
Kurz bevor Tell den ominösen Schuss auf Gessler tut, hält er einen langen Monolog. Der Satz “Durch diese hohle Gasse muss er kommen!” ist im öffentlichen Gedächtnis hängengeblieben, nicht aber die innere Rechtfertigung, die er sich anschliessend gibt:
“Ich lebte still und harmlos – Das Geschoss / War auf des Waldes Tiere nur gerichtet, / Meine Gedanken waren rein von Mord — / Du hast aus meinem Frieden mich heraus / Geschreckt, in gärend Drachengift hast du / Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt,/ Zum Ungeheuren hast du mich gewöhnt — / Wer sich des Kindes Haupt zum Ziele setzte, / Der kann auch treffen in das Herz des Feinds.
Die armen Kindlein, die unschuldigen, / Das treue Weib muss ich vor deiner Wut / Beschützen, Landvogt – Da, als ich den Bogenstrang / Anzog – als mir die Hand erzitterte /Als du mit grausam teufelischer Lust / Mich zwangst, aufs Haupt des Kindes anzulegen / Als ich ohnmächtig flehend rang vor dir, / Damals gelobt ich mir in meinem Innern / Mit furchtbarm Eidschwur, den nur Gott gehört,/ Dass meines nächsten Schusses erstes Ziel / Dein Herz sein sollte – Was ich mir gelobt / In jenes Augenblickes Höllenqualen, / Ist eine heil‘ge Schuld, ich will sie zahlen.”
Als am Schluss des Dramas der Kaisermörder Johannes Parricida auf Tell trifft und ihm sagt:
“Ihr erschlugt Den Landvogt, der Euch Böses tat – Auch ich / Hab einen Feind erschlagen, der mir Recht / Versagte – Er war Euer Feind wie meiner / Ich hab das Land von ihm befreit.”, reagiert Tell empört: “Darfst du der Ehrsucht blut’ge Schuld vermengen / Mit der gerechten Notwehr eines Vaters?/ Hast du der Kinder liebes Haupt verteidigt?/ Des Herdes Heiligtum beschützt? Das Schrecklichste, / Das Letzte von den Deinen abgewehrt?/ – Zum Himmel heb ich meine reinen Hände, / Verfluche dich und deine Tat – Gerächt / Hab ich die heilige Natur, die du / Geschändet – Nichts teil ich mit dir – Gemordet / Hast du, ich hab mein Teuerstes verteidigt.”
Reinhard Straumann***, Ex-Konrektor am Gymnasium Münchenstein, schreibt in seinem kurzen Essay “Schillers “Wilhelm Tell”. Die Geschichte einer Fehlinterpretation” dazu:
Schiller gab Tell als einen “sich erst unter dem Druck der Tyrannis zur politischen Reife wandelnden Menschen. Er ist ein zurückgezogen lebender Landmann, der sich aus dem politischen Streit heraushalten will und nur bereit ist, sich zu engagieren, wo menschlich Not am Mann ist. Erst durch den Schock, zum Apfelschuss gezwungen zu werden, bekennt er sich zur politischen Tat, das heisst: zur sittlichen Pflicht. Die persönliche Erfahrung des Terrors erhebt ihn zum Verantwortungsträger in der Gemeinschaft.”
Ein politisches Attentat also als mögliche sittliche Pflicht?
Das erinnert an Maurice Bavaud, dessen missglücktes Attentat auf Hitler diesen bewog, Schillers Drama in Theater und Schule sofort abzusetzen. Oder an “Die Gerechten” von Albert Camus**, worin es um das Attentat russischer Sozialrevolutionäre auf den antisemitischen, brutalen Grossfürsten Sergei Romanow geht. Ein erster Versuch scheitert, als Iwan Kaljajew in der Kutsche des Grossfürsten dessen Frau und junge Neffen entdeckt. Sein Ethos verbietet ihm, Unschuldige zu töten. Der zweite Versuch gelingt.
Haben wir hier zwei Beispiele dafür, was Schiller uns mit seinem Drama ans Herz legen wollte?
Reinhards Straumanns Überlegungen sind bedenkenswert und dürften klar machen, warum der Regisseur einer Theateraufführung, welche die Tat Tells mit dem Leibacher-Attentat im Zuger Parlament gleichsetzte und seinen Sohn als islamistischen Selbstmordattentäter auftreten liess (Tell 15) , von Schillers Intention nichts begriffen hat, — so wenig wie der Comiczeichner des Beitragsbilds, der Tell in die muskelbepackten und testosterongetriebenen Pseudohelden einzureihen versucht.
Zu Beginn dieser geschichtlichen Exkursionen zum Tell-Mythos stellte ich die Arbeitshypothese auf, dass der Tell-Archetyp immer dann reaktiviert wird und ins Bewusstsein tritt, wenn es um Kämpfe für Freiheit und soziale Gerechtigkeit geht. Die geneigte Leserin und der geneigte Leser möge nach unserem Rundgang durch die Jahrhunderte selber entscheiden, ob sie standhält oder nicht.
In der letzten Episode werde ich mich der politischen Verwendung unseres Helden in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten bis heute zuwenden (die kommerzielle lasse ich mal aussen vor).
** “Die Gerechten” von Albert Camus wurde 1950 von Radio Beromünster (lang ist’s her …) als eindrückliche Hörspielfassung gesendet, die mir im Deutsch-/Geschichtsunterricht jeweils gute Dienste leistete:
Camus hat in seinem Stück «Die Gerechten» den Gewissenskonflikt der eigenen Résistance-Tätigkeit ab 1935 in Algerien auf diese Episode der Russischen Geschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts übertragen. Am 14. Dezember 1949 in Paris uraufgeführt, sendete das Schweizer Radio und Fernsehen seine erste Hörspielinszenierung des Werkes bereits am 28. September 1950, zwei Wochen nach der deutschsprachigen Erstaufführung am Schauspielhaus Zürich.
Wilhelm Tell / Ignaz Troxler / Heiner Koechlin / Simone Weil / Gustav Meyrink / Narrengeschichten / Bede Griffiths / Graf Cagliostro /Salina Raurica / Die Weltwoche und Donald Trump / Die Weltwoche und der Klimawandel / Die Weltwoche und der liebe Gott /Lebendige Birs / Aus meiner Fotoküche / Die Schweiz in Europa /Die Reichsidee /Vogesen / Aus meiner Bücherkiste / Ralph Waldo Emerson
Christoph Meury
Mai 16, 2020
Man muss sich damit abfinden, dass die Tell-Geschichten, ein Konglomerat aus Oral History, Sagen, Mythen und Propagandaliteratur, ein Fundus für Geschichtsbastler aller Art sind und man sich daselbst nach belieben bedienen kann. Für Jedermann hat es etwas Passendes. Und wenn’s nicht passt, macht man es passend. Eine historische Chiffre. Schiller, der aus den überlieferten Fragmenten eine plausible Geschichte gedrechselt hat, verkürzt und verdichtet den Stoff. Dadurch wird die Story theatral und kann so der breiten Bevölkerung nahegebracht werden. In Kauf nimmt Schiller dadurch aber auch viele Verfälschungen. Kein Mensch glaubt letztlich, dass er Mensch Tell reinen Herzens war und nur durch ein von aussen injiziertes Drachengift zum Tyrannenmeuchler wurde. Menschen entwickeln sich und sich geprägt von ihrer Umgebung und den sozio-ökologischen Bedingungen, der Kultur, dem Glauben, etc. Schiller überspringt diese komplexen Zusammenhänge und arbeitet mit dramaturgischen Tricks, Zeitsprüngen und lockeren Behauptungen. Bis es passt. Würde man der Schiller’schen Logik und Argumentation folgen, könnte sich jede TerroristIn der Verantwortung entziehen, indem sie/er ein unbekanntes «Drachengift« als ursächliche Initiation des Bösen reklamieren und sich damit reinwaschen könnte. Das ist die simple Tell-Logik und entlarvt den Protagonisten. Übrig bleibt eine faule Ausrede und die Absage an ein gerütteltes Mass an Eigenverantwortung. Damit unterläuft Schiller/Tell das eigentliche Freiheitsprinzip und macht den Helden zu einem fremdgesteuerten Monster, stilisiert als Freiheitshelden. Letztlich ein Getriebener.
max feurer
Mai 16, 2020
Einspruch, euer Ehren!
Es geht doch bei den Wilhelm Tell-Geschichten gar nicht um die Entwicklung einer Person, sondern um einen Mythos, resp. wie ich meine, einen Archetypus. Archetypen machen keine Entwicklung durch, sie sind einfach. Der gleiche Archetypus taucht etwa in England als Robin Hood auf. Schillers Genialität besteht darin, dass er es schaffte, den tiefen Gehalt des Archetypus spürbar und lebendig werden zu lassen. Es geht doch letzlich um die Frage, ob soziale und politische Gewalt nur auf völlig gewaltlose Weise überwunden werden kann oder nicht. Ihrer Meinung nach sind offensichtlich Leute wie Maurice Bavaud oder Graf Stauffenberg irregeleitete Idioten …
Hans-Jörg Beutter
Mai 17, 2020
Archetypus gefällt mir gut!
Und um auf Maurice Bavaud zurückzukommen: Es brauchte schon einen investigativen Journalisten vom Format eines Meienberg, um die zudienende Schweizer Behördenlandschaft in ihrer kläglich pro-Hitlerischen Haltung – notabene nach gut dreissig Jahren – zu demaskieren.
Viel zu lange war Bavaud auch in der Schweiz schlicht ein Verräter (Terrorist), wurde bewusst aus der kollektiven Erinnerung gestrichen – und dabei war er in meinen Augen ein veritabler Held!
Christoph Meury
Mai 17, 2020
Das Modell der Archetypen stösst an Grenzen. Gerade, weil es den potentiellen Helden keine Entwicklung zugesteht. Ein Maurice Bavaud hat am Punkt X seines Lebens aber Verantwortung übernommen und sein Handeln danach orientiert. Dabei war er konsequent bis zum Ende seiner Mission. Als Einzelaktivist operierte er auf gefährlichem Terrain und musste letztlich scheitern. Aber er hatte eigenverantwortlich und kompromisslos gehandelt. Keine fremden Kräfte haben ihn dazu geleitet.
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Entlarvend ist dabei die Haltung der offiziellen Schweiz gewesen. Der Schweizerbotschafter in Berlin, Hans Frölicher («Frölicher — ein Fest, Theatertext von Urs Widmer, uraufgeführt in der Gessnerallee in ZH, 1991) hat Bavaud im Stich gelassen und hat die Attentatspläne von Bavaud als verabscheuungswürdig verurteilt. Damit nahmen die Dinge ihren Verlauf und endeten mit der Todesstrafe und in der Folge der Hinrichtung von Maurice Bavaud.
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Rehabilitationsversuche seines Vaters scheiterten und noch 1955 hiess es in einer einer entsprechenden Urteilsbegründung des Berliner Landgerichts: «Das Leben Hitlers ist […] in gleicher Weise als geschütztes Rechtsgut anzuerkennen, wie das Leben eines jeden anderen Menschen. Ein Rechtfertigungsgrund im Sinne einer etwa erlaubten Diktatorentötung ist dem Strafrecht fremd.« Heisst, zumindest in der damaligen Rechtssprechung sinngemäss, dass auch Tell mit seinem Tyrannenmord rechtlich nicht hätte reüssieren können. Trotzdem! Maurice Bavaud war ein Held! Er hat das Unmögliche versucht.
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Anachronistisch ist daher die politische Position: Tell erhält in der Schweiz als potentieller Tyrannenmörder & Freiheitskämpfer Heldenstatus, während sich der Schweizer Bundesrat erst 1989 durchringen konnte, Maurice Bavaud halbherzig zu rehabilitieren, indem er eingestand, dass die Schweizer Behörden sich zwischen 1938–1941 nicht genügend für Maurice Bavaud eingesetzt haben.
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Empfehlung: Ja, lesen sie wiedereinmal Niklaus Meienberg! «Es ist kalt in Brandenburg« ist seine literarische Dokumentation über das Hitler-Attentat von Maurice Bavaud.
max feurer
Mai 17, 2020
Danke für den Meienberg-Hinweis. Bei der Lektüre von “Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.” vor langer Zeit habe ich erfahren, dass die Erschiessung in einem Wäldchen nahe dem Dorf, wo ich aufwuchs, stattgefunden hatte. Wir kannten das Wäldchen gut.
Zum Archetypus und Bavaud: Es läuft gerade umgekehrt. Der Archetypus IST, und Bavaud hat ihn in seinem Leben langsam realisiert und integriert. So konnte er den Mut für seine Tat entwickeln und dafür Verantwortung übernehmen. Joseph Campbell hat diese Entwicklungsschritte in seiner“Heldenreise” detailliert dargestellt. Ich werde darauf in einer der kommenden birsfaelder.li-Texte genauer eingehen.
max feurer
Mai 17, 2020
Zum Thema Archetypus: Eine schöne Parallele zu WT wäre auch der“Thyl Ulenspiegel” von Charles De Coster, der flämische Befreiungsheld von der brutalen spanischen Besetzung unter Philipp II. Und weil er zwischendurch ganz gerne mal ein gutes belgisches Bier mag, ist er mir fast noch sympathischer als Tell 😉
Hans-Jörg Beutter
Mai 17, 2020
um bei der Aktualisierung des Heldentums zu bleiben …
Man darf garnicht daran denken, wievielen US-Amerikanern eine vergleichbare Heldentat aktuell das Leben retten würde …
(nicht nur sprichwörtlich)
max feurer
Mai 17, 2020
Da wäre ich sehr viel vorsichtiger. T ist Symptom, nicht Ursache. Leute wie Noam Chomsky oder Charles Derber (Sociopathic Society: A People’s Sociology of the United States) haben das schon lange klar erkannt.
Hans-jörg Beutter
Mai 17, 2020
Mir ist schon klar, dass T lediglich ein Symptom darstellt – das heisst aber nicht zwingend, dass man in seiner unnachahmlichen Prälogik für die entzweiten Staaten von Amerika zwingend den grösstmöglichen gemeinsamen Nenner suchen muss 😉
(boogaloo-county)
Christoph Meury
Mai 17, 2020
Die Idee die Sache mit T sauber & radikal hinter uns zu bringen, und der Weltgeschichte einen neuen Drive zu geben, ist natürlich bestechend. Auch wenn’s nur der kruden Fantasie einiger versprengter Möchtegernevolutionäre entsprungen zu sein scheint. Wegen der restriktiven Einreisebestimmungen wird es aktuell schwierig werden, ein armbrustbewehrter Aktivist in die USA einzuschleusen. Auch als Mr. Tell, «Freiheitskämpfer in spe«, dürfte eine offizielle Einreise kaum zu bewerkstelligen sein.
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Ich habe entsprechend ein paar Telefonate mit US-Freunden getätigt, aber auch im fernen Amerika ist z.Zt. kein Schläfer wachzurütteln, um eine derart diffizile Operation zu lancieren. Unter den Alt Right-Leuten gäbe es zwar viele fähige Leute und diesbezüglich gut gerüstetes & bis an die Zähne bewaffnetes Personal, aber die eliminieren natürlich nicht ihren verlässlichsten Partner & Wohltäter. Auch nicht gegen Schweizer Kohle.
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Wir müssten die T‑Truppe also nach alter Manier in die Schweiz, beispielsweise ans nächste WEF nach Davos, locken. Würde die Wagenkolonne dabei (unter ungeklärten Umständen) die Axenstrasse passieren, könnten das Spiel: «Durch diese hohle Gasse muss er kommen« (ein wunderbares Narrativ) mit einem unvorhersehbaren Steinschlag finalisiert werden. PR-mässig attraktiver wäre natürlich der Einsatz einer Armbrust, aber dafür findet man vermutlich nicht das nötige Personal. Die militanten Aktivisten sind in der Schweiz traditionell eher dünn gesät. Der ehemalige AKW-Gegner und Ökoaktivist Marco Camenisch kennt sich in den Bergen zwar gut aus (wichtig für den Rückzug), ist aber nicht mehr der Jüngste. Zudem sitzt er, soviel ich weiss, im Hochsicherheitsgefängnis in Pfäffikon und ist daher z.Zt. nicht einsatzfähig. Wir müssen diese Operation also leider wegen Personalmangels absagen. Es bleibt ein feuchter Traum der Schreibtischtäter.
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Als wir noch als Söldner zugange waren, hätten wir dies, gegen ein paar Kröten, locker hingekriegt. Da waren wir militärisch in Schwung und für Sondereinsätze, auch im Ausland, trainiert. Aber die Zeiten ändern sich…
Hans-Jörg Beutter
Mai 18, 2020
Merci für die unverhoffte Entwicklungshilfe. Ich hab ehrlicherweise an einen grösseren Uebersetzungsschritt des Archetypus gedacht (als Exportschlager quasi) … auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten: Da gäb’s aktuell grad so einiges an demokratischen Errungenschaften/Grundrechten/Institutionen zu verteidigen (und den Maga-Hut mal deutlich NICHT zu grüssen).
Gesetzt den Fall, eine Pflegekraft im Newyorker Spital kommt mit dem täglich multiplen Sterbegeschehen nicht mehr klar – und nimmt sich deswegen das Leben (reales Geschehen).
Sagen wir mal, Ihr Partner sei Notarzt – und dessen Mutter im Pflegheim, wo sie ihrem Sohn wöchentlich eine brandneue Gesichtsmaske strickt … also DER hätte vermutlich eine relativ direkte Veranlassung, zum Golfschläger (oder zur »super duper« Rakete) zu greifen … um den Oberglobi von einer seiner Rallies zu entfernen, sofern dies Corona doch nicht selbst schaffen sollte (das wär vom Gedanken her wohl zu viel ausgleichende Gerechtigkeit in dieser besten aller Welten).
Down to earth: Elmar Thevessen (zdf) hat eine prima Doku zum Trump’schen Corona-Pandemie-Versteckis verfasst.
https://www.zdf.de/politik/auslandsjournal/diedoku-trump-corona-krise-100.html
max feurer
Mai 18, 2020
:-)))
Aber hier nochmals: T ist nur ein Symptom, nicht die Ursache. Noch deutlicher: T ist lediglich das Symptom einer zutiefst erkrankten Gesellschaft, die früher einmal demokratische Züge aufwies, sich inzwischen aber in eine Plutokratie verwandelt hat. Da nützen weder Steinschläge an der Axenstrasse, noch neue Marco Camenische oder ein paar reaktivierte Söldner etwas.
Was es braucht: Eine möglichst präzise Diagnose der Fehlentwicklungen. Und da sind schon ein paar gute Leute unterwegs, z.B. Noam Chomsky (https://www.wikiwand.com/de/Noam_Chomsky) — halt auch schon ein älteres Semester, aber noch quicklebendig, Charles Derber (https://www.bc.edu/bc-web/schools/mcas/departments/sociology/people/faculty-directory/charles-derber.html), immerhin etwas jünger, oder Thomas Piketty (https://www.wikiwand.com/de/Thomas_Piketty), im besten Alter und hochdynamisch 🙂
Hans-Jörg Beutter
Mai 18, 2020
merci für die links: alle drei absolut lesenswert/hörenwert! – DAS ist mal ein extrem rüstiger ätti 😉
(die drei sind mir nicht nur namentlich, sondern auch inhaltlich bestens vertraut – ich teile deren einschätzung in sehr hohem mass)
klar, von jenseits des grossen teichs sind quasi nur noch pseudodemokratische sterbensgeräusche zu vernehmen, bei all dem plutokraten-radau.
was ich von der schweiz erwarte: dass sie sich klar positioniert (und dabei sogar zweidrei lukrative aufträge schleifen lässt)
und dass am wef diese absolut widerliche fusssohlen-küsserei aufhört: ist ja jämmerlich! (natürlich nur wegen corona …)
Christoph Meury
Mai 18, 2020
Tja, jetzt ist das Dilemma komplett. Da haben wir einerseits den Helden, einen veritablen Freiheitskämpfer, und auf der anderen Seite den Tyrannen, aber beiden Protagonisten sind die Hände gebunden. Plötzlich verdampft ihre Wichtigkeit & Relevanz und sie sind lediglich noch Symptom eines grösseren Komplexes. Im Fall T ist natürlich klar, dass ER nur in dem US-spezifischen Kontext zu verstehen und daselbst gross geworden ist, trotzdem ist er jetzt ein (fast unumstösslicher) Machtfaktor mit realem Einfluss und realer Zerstörungskraft und ER ist auch gleichzeitig Symbol einer reaktionär-destruktiven Machtpolitik. Ergo steht ER im Mittelpunkt der amerikanischen Politik. Dort wird T auch stehen, wenn ich die 1281-seitige Piketty-Analyse hinter mir habe und zur Einsicht gelangt bin, dass sich etwas ändern muss und ich sogar weiss, was sich ändern müsste. Mit intellektuellen Turnübungen ist dem Phänomen T aber nicht beizukommen. Man gewinnt vielleicht essentielle Einsichten, aber damit kommt die Politik nicht schneller in die Gänge, Alternativen bleiben weiterhin Wunschkonstrukte und die Alt Right-Leuten & ihre Verwandten sind damit nicht plötzlich vom Tisch. Der T‑Virus grassiert weiter und richtet irreversible Schäden an. Die Zeit läuft davon…
Hans-Jörg Beutter
Mai 18, 2020
Völlig einverstanden: der Zeitfaktor!
(in weiteren vier Jahren wäre die us-Demokratie definitiv am Arsch. Und dann ist’s auch egal, ob der aktuelle Exponent so als Symptom nur »ein Pickel am Arsch der Zeitgeschichte« gewesen sein sollte … der Wandel ist dann unwiederbringlich vollzogen) – und genau davor graut mir ganz real! Der Redenschreiber von T ist ein porentiefer Rassist/white supremacist … die Pandemie betrifft stark überwiegend »Poor&Blacks« (zwischen 40–70%) … Manafort wird genauso reintegriert wie Flynn – und die Netze zum rechten (Populisten)Lager in Europa werden sukzessive massiv verstärkt.
Wehe, wenn dieser kranke Plunder ernsthaft rüberschwappt!
Da kann Corona aber abstinken.
max feurer
Mai 18, 2020
Na ja, beim USA-Trauerspiel kann man als Europäer nur ohnmächtig zusehen.
Wir müssten uns hier vielleicht nicht so sehr auf den Tell/Gessler-Teil des Mythos ausrichten, sondern eher auf die “Hut auf der Stange”-Episode. Wenn viele Leute den Wilhelm Tell in sich entdecken und beschliessen, den Hut auf der Stange nicht zu grüssen, was dann?
Jetzt müssen wir nur noch unseren Hut auf der Stange entdecken 🙂
Christoph Meury
Mai 18, 2020
Die Baumärkte sind offen, ergo können wir die Stangen besorgen und mit den Gesslerhüten bestückt auf den öffentlichen Plätzen aufstellen und als Mahnmale wider eine anmassende Obrigkeit wirken lassen. Quasi als kommunales, 1‑aktiges Tellspiel.
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Oder, Vorschlag, zumindest schreibend wieder vor der eigenen Tür zu kehren und die akuten Probleme anzugehen.
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Apropos Corona und die politischen Nachwehen oder Erkenntnisse aus der Krise: https://www.woz.ch/-a9e3
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«Soziale Medizin gibt es nur, wenn man kämpft»
Die Sozialanthropologin Janina Kehr beschäftigt sich mit Ungleichheiten in der Gesundheitspolitik. Sie erklärt, warum MigrantInnen in der Coronapandemie besonders exponiert sind – und welche Auswirkungen die Austeritätspolitik in den einzelnen Ländern hat.
max feurer
Mai 18, 2020
guter woz-Artikel. Damit sind wir wieder bei der neoliberalen Hydra … Nächster Lackmus-Test für die Schweiz: KOVI-Initiative. Da habe ich schon seit geraumer Zeit folgende Idee im Hinterkopf: Als Ergänzung zu den Fahnen und Plakaten und Leserbriefen stehen auf den öffentlichen Plätzen Stangen mit neoliberalen Gesslerhüten, — und darunter Wilhelm Tells resp. Hedwige, die Infomaterial verteilen. Das wär doch was 🙂