Als Grundstücksbesitzerin oder ‑besitzer in Birsfelden wurden Sie sehr wahrscheinlich schon direkt angeschrieben. Landlose Birsfelderinnen und Birsfelder sind vielleicht auf der Gemeindewebseite oder am Freitag im Birsfelder Anzeiger darüber gestolpert. Falls man Sie auf diesen Wegen nicht erreicht hat, dann erfahren Sie es nun: Demnächst wird der Gemeindebann mittels 3D-Seismik-Messungen abgehört. Uns interessiert an dieser Stelle neben der Tatsache vor allem: Warum 3D-Seismik in Birsfelden?
Die in diesem Flyer grob erklärte Messmethode soll mittels Schallwellen den Untergrund «sichtbar» machen. Auslöser dafür ist eine geplante zweite Geothermieanlage in Riehen, die aus dem tieferen Untergrund – also irgendwo zwischen 500 m und 1’500 m unter der Erdoberfläche – Warmwasserreservoire für das Fernwärmenetz anzapfen möchte. Das Auffinden geeigneter solcher Quellen ist nicht einfach. Jede Bohrung birgt Risiken, sowohl für den Untergrund wie auch ein finanzielles, denn solche Bohrungen sind sehr teuer. Damit man nicht ganz ziellos herumstochern muss (ältere Herren kennen dieses Konzept vielleicht von Prostata-Biopsien), ist es sinnvoll, den Boden mittels Messungen zu erkunden und entsprechend zu modellieren. Nun, Riehen grenzt zwar auf ein paar wenigen Metern an Birsfelden, die bestehende Anlage ist aber relativ weit weg. Möchten die Riehener den Birsfeldern nun das «Warmwasser abgraben»?
Das Gebiet von Interesse ist sogar noch viel grösser (wie die Karte zeigt) und wird auch die Landesgrenze überschreiten. Der Grund dafür ist, dass man zwar Anhaltspunkte über den Untergrund hat, aber detaillierte Messungdaten im geplanten Umfang fehlen bisher.
Weil die Nutzung der hydrothermalen Geothermie im Vergleich zur Methode beim Erdbebenauslöser-Projekt Deep-Heat Mining weit weniger gefährlich ist und die Geothermie als nachhaltige und nahezu CO2-freie Energiequelle gilt, macht es Sinn, das Potential grossflächiger anzuschauen. An der Riehener Anlage und damit am neuen Projekt sind zudem die IWB beteiligt, die ohnehin um Basel ihr Gas-Netz stilllegen und durch ein Fernwärmenetz ersetzen wollen. Es ist also damit zu rechnen, dass bei entsprechenden Messdaten weitere Projekte entstehen. Dass dabei ausgerechnet die IWB, die sich mit dem Wasserstoffprojekt auf der Kraftwerksinsel in Birsfelden keine Freunde gemacht hat, beteiligt sind, ist hier nicht unbedingt Nebensache, wenn man daran denkt, dass eine solche Anlage auf dem Kraftwerksareal eher zonenkonform wäre (siehe Zonenreglement, Artikel 47). Immerhin ist kein grösserer Gefahrenverkehr zu erwarten.
Erst einmal müssen aber die Messresultate überhaupt Hoffnung auf ein Wärmereservoir hervorbringen. Unsere Gemeinde ist gemäss Aussage von Matthias Meier, Geschäftsführer von erwärmeriehen, vor allem deshalb interessant, weil die Rheintal-Flexur, eine Verbiegung der geologischen Schichten beim Übergang zwischen Tafeljura und Rheintalgraben, durch Birsfelden verläuft. Nördlich zieht sich dies natürlich durch Riehen weiter und genau an dieser Grenze werden die Wärme-Reservoirs vermutet (gut illustriert auf Seite 7 in diesem Dokument).

Karte aus dem geologischen Atlas von geoview.bl.ch. Die mit den Pfeilen markierte gestrichelte rote Line zeigt den ungefähren Verlauf der Flexur
Es geht also nicht in erster Linie darum, dass Riehen Warmwasser aus unserem Untergrund will, sondern dass bei uns ein ähnliches Setting herrscht, dass die IWB in potentiellen weiteren Projekten für die Wärmegewinnung nutzen will. Eigentlich sehr spannend für die «Energiestadt Birsfelden». Hoffen wir, die IWB geht es besser an als das Wasserstoff-Projekt.
Ein Infoanlass zu den geplanten Messungen findet am 17. Januar 2022 in Birsfelden statt (Aula der Rheinparkschule ab 18 bis ca. 20 Uhr). Weitere und sicher auch genauere Informationen erhalten Sie auf den Seiten der IWB.
Titelbild: Hand mit Stethoskop von wuestenigel via flickr.com. Verwendung gemäss Creative Commons (CC BY 2.0).