Verschwörungstheorien begleiten uns seit jeher, — oft harmlos, oft mit dramatischen Konsequenzen: 1349 verbrannte in Basel die jüdische Gemeinde, weil man Juden während der Pestwelle der Brunnenvergiftung bezichtigte. Juden — zusammen mit den Freimaurern und den noch viel schlimmeren Illuminaten — gehören seither zum Standard-Verschwörungspersonal. Die “Protokolle der Weisen von Zion”, schon lange als Fälschung entlarvt, geistern bis heute herum und finden in arabischen Ländern immer noch reissenden Absatz.
Dass Verschwörungstheorien heute angesichts der vielen Krisen erneut eine Blütezeit erleben, erstaunt nicht weiter. Dank Social Media und “Fake-News”-Wellen ist das Vertrauen in die etablierten Medien massiv gesunken. Und es ist richtig: Dank digitaler Technik sind heute Manipulationen möglich geworden, die bis vor kurzem noch undenkbar waren. Unsicherheit breitet sich aus: Wem und welcher Quelle kann man noch vertrauen? Wo ist eine versteckte Agenda im Spiel? Sind die vielgeschmähten “Mainstream-Medien“noch vertrauenswürdig?
Wer sich die politischen Informationen nicht einfach nur bei “20 Minuten” holt, sondern immer wieder mal einen Blick in anspruchsvollere Zeitungen und Zeitschriften wirft, muss anerkennen, dass mutige Herausgeber, Journalistinnen und Journalisten gerade heute einen unverzichtbaren Beitrag dazu leisten, “Fake-News” von wahrheitsgetreuer Darstellung von politischen Fakten und Entwicklungen zu trennen. Eine freie Presse war noch nie so wichtig wie jetzt.
Seit kurzem hat die Verschwörungshysterie ein neues Level erreicht: Q. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass “QAnon” gerade in den USA begann, dem Land, das seit ein paar Jahren unaufhaltsam, wie es scheint, der eigenen Zerstörung entgegensteuert. Auch wenn Donald Trump anfangs November verlieren sollte, wird die politische Kultur auf Jahre hinaus vergiftet bleiben.
Inzwischen ist QAnon zu einem internationalen Massenphänomen geworden:
Noch nie von Q und QAnon gehört? Dann wäre es sinnvoll, sich mit dem Phänomen etwas vertraut zu machen.
Die REPUBLIK hat bei The Atlantic, einer der renommiertesten Zeitschriften in den USA, einen ausgezeichneten Artikel zu diesem Thema eingekauft.
Eine Lektüre des langen Textes lohnt sich, weil er zwar nicht gerade eine erbauliche Sonntagslektüre, dafür ein eindrückliches Beispiel für wertvollen Recherchier-Journalismus ist.